Wo die Bürger ganz unter sich waren. Adelheid Person führt Besucher auch in die abgelegenen Ecken Lüneburgs.

Lüneburg. Nein, Gärten gibt es heute nicht zu sehen, klärt Gästeführerin Adelheid Person die Teilnehmer an der Sonderführung durch die historischen Lüneburger Innenhöfe auf. Die reichen Bürger hatten ihre Gärten und Parks im Mittelalter vor der Stadt anlegen lassen. Zu wertvoll war der Platz innerhalb der Stadtmauern, in den Höfen standen Schuppen und Ställe, sie dienten als Lagerplätze oder zum Abstellen von Pferd und Wagen.

Durch sieben dieser Höfe - einige von ihnen sind sonst nicht für die Öffentlichkeit zugänglich - begleitet Adelheid Person die Gäste während der Führung. Die eineinhalbstündigen Touren sind beliebt: Mehr als 50 Teilnehmer haben sich diesmal angemeldet, sie werden in zwei Gruppen aufgeteilt und erfahren Kurioses und Hintergründiges aus der Lüneburger Stadtgeschichte.

Gleich im ersten Hof in der Schröderstraße steht ein Gebäude mit Fachwerkfassade - ein Tanzhaus von 1593. "Wir gucken fern, und die haben getanzt", erklärt Adelheid Person, die seit fast 20 Jahren Gäste durch Lüneburg führt. Wer sich ein Haus aus Stein leisten konnte, sei "steinreich" gewesen. Doch oft sei nach dem Motto "Vorne hui und hinten pfui" gebaut worden. Die Fassade zur Straße hin bestand ganz aus Stein. Dort, wo es keiner sah, wurde dagegen gespart. So werden die Mauern an der Rückseite der Häuser häufig von Fachwerk gestützt. "Fachwerk ist die Billigbauweise gewesen", erfahren die Besucher.

Auch die Abfallgruben fanden sich hinter den Häusern, sie verraten manches Geheimnis aus vergangenen Tagen. So lässt sich bei Ausgrabungen noch heute "erkennen, was die Leute früher gegessen haben".

Von den Besitzern persönlich begrüßt werden die Gäste im Hof des Hauses Heiligengeiststraße 8. Manfred und Waltraud Harder lassen sie an der idyllischen Atmosphäre ihres Grundstücks teilhaben. Das 1523 erbaute Haus wurde aufwendig restauriert, im Hof wurden die alten Pflastersteine wieder freigelegt.

Weitere Stationen der Führung sind das Brömse-Haus, eines der ältesten Bürgerhäuser, das heute unter anderem das Deutsch-Baltische Kultur- und Begegnungszentrum beherbergt, und das Hospiz zum Roten Hahn. Das Haus war bereits im 16. Jahrhundert als Stiftung gegründet worden, um ehemaligen Dienstmädchen im Alter ein Zuhause zu bieten.

Gleich um die Ecke, in der Rosenstraße, steht das "Haus des Henkers" - was ungewöhnlich war. Da er einen "unehrenhaften Beruf" ausübte, hätte er normalerweise außerhalb der Stadt wohnen müssen, erklärt Adelheid Person. Ein Schauder erfasst die Teilnehmer, als sie hören, dass hier im Keller gefoltert wurde. Doch es gab auch Menschen, die den Scharfrichter freiwillig aufsuchten. Manch Kranker holte sich hier Rat, schließlich war der Henker derjenige, "der etwas vom Knochenbau verstand".

Die Führungen durch die Lüneburger Innenhöfe finden bis Oktober einmal pro Monat statt, Gruppen können Extratermine buchen. Weitere Informationen und Reservierungen bei der Lüneburg Marketing GmbH im Rathaus, Telefon 04131/207 66 20