Am Wochenende öffnen acht Künstler ihre Werkstätten. Peter Janßen ist einer von ihnen.

Betzendorf

Malerei, Skulpturen aus Holz und Stahl, Fotografie, Schnitzarbeiten und Keramik: Von Freitag bis Sonntag lädt der Kulturverein Küsterscheune Betzendorf e.V. zur Besichtung einzelner Werkstätten ein. Auf einem Rundwanderweg von Betzendorf nach Glüsingen sind acht Kulturstationen erreichbar. Dabei bietet sich Gelegenheit, mit Künstlern und Kunsthandwerkern ins Gespräch zu kommen. Einer von ihnen ist Peter Janßen - Löffelschnitzer.

Seit Jahrzehnten widmet sich Janßen schon der Löffelschnitzerei. Seine Unikate präsentiert er auf dem Betzendorfer Ziegenberg, der zweiten Kulturstation. Kein Löffel gleicht dem anderen. Ob ein bescheidener Schnörkel am Stielansatz eines Honiglöffels oder handtellergroße Galionsfiguren zur Zierde einer Suppenkelle, die Fantasie des Peter Janßen kennt keine Grenzen. Die Bandbreite des Angebotes reicht vom Kinderlöffel über den Eierlöffel, Jogurt- und Marmeladenlöffel bis hin zum Suppenlöffel, der Bowlen- oder Suppenkelle, Kochlöffel und Salatbesteck. "Spaghettigabeln habe ich frisch ins Repertoire aufgenommen", sagt er.

Wichtiger noch als die gefällige Optik ist das verwendete Holz. Janßen verwendet rund 30 einheimische Hölzer. Bisweilen krabbelt er durch die Berge Norwegens und trägt von dort sein geliebtes norwegisches Wacholderholz auf dem Rücken nach Betzendorf. In den Vorräten aus heimischem Gehölz lagern unter anderem Linde, Weide, Pappel, Esche, Pflaume, Apfel und Rotbuche.

Nicht jedes Holz taugt für jeden Löffel. "Durch seine grobe Faser eignet sich Eschenholz nicht für einen Esslöffel. Rotdorn benutze ich gerne für kleine Kartoffellöffel." Sechs bis sieben Stunden Zeit nimmt die Herstellung eines Holzlöffels in Anspruch. Auf dieser Grundlage kostet ein normaler Esslöffel ungefähr 30 Euro. Wer auf einen Löffel aus norwegischem Wacholder besteht, muss tiefer in die Tasche greifen.

Was aber macht das Essen vom Holzlöffel attraktiv? "Man verbrennt sich nicht den Mund." Ein überzeugendes Argument, das Janßen umgehend über die Lippen kommt; vorausgesetzt man isst gern vom Holzlöffel. Darüber hinaus gehört das hölzerne Besteckteil zum ältesten Esswerkzeug überhaupt. Es ist geschmacksneutral, liegt weich auf der Zunge und schlägt beim hastigen Essen weniger laut an die Zähne.

Und dennoch, "manche Menschen mögen nicht vom Löffel essen." Janßen kann eine grobe Einteilung vornehmen: "Ökos und naturverbundene Menschen, die gerne wandern, haben eher einen Hang zum Holzlöffel. Doch auch betuchte Manager kaufen hin und wieder ein schönes Stück." Seit 24 Jahren steht der Betzendorfer Löffelschnitzer in der Vorweihnachtszeit auf dem Lübecker Kunsthandwerkermarkt. Unter den 180 Kunsthandwerkern dort ist er in seinem Handwerk konkurrenzlos.

"Mein erster Holz-Esslöffel entstand 1968 auf einer Wanderung durch Norwegen aus einem alten Stuhlbein. Weil ich keinen Esslöffel besaß, schnitzte ich mir einen mit dem Taschenmesser." Da ihm als Anfänger ein professionelles Hohleisen zur Aushöhlung der Löffelschale (auch Laffe genannt) fehlte, improvisierte Janßen. Mit einem gefundenen Zelthering formte er die Laffe und konnte endlich anstelle der Fingern seine Mahlzeiten mit einem Holzlöffel einnehmen. Der Feinmechaniker und studierte Grafiker war nie in den erlernten Berufen tätig; stattdessen betreute er in einem Heim psychisch kranke Menschen. Als er seinen ersten Löffel schnitzte, war es eine Wende in seinem Leben. Peter Janßen war klar: "Das ist mein Ding!" Lange schnitzte Peter Janßen im Verborgenen, bis Freunde ihn endlich dazu brachten, seine nützlichen Schmuckstücke zu verkaufen. Trotz allem steht der kommerzielle Aspekt im Hintergrund. "Löffelschnitzen ist für mich tiefe Meditation. Das ist eine wichtige Komponente. Wenn ich spazieren gehen, dann trage ich immer ein Stück Schmirgelpapier und einen Löffel, den ich bearbeite, in Händen."

Die Kulturstationen in Betzendorf und Glüsingen haben am Freitag, 12. Juni, 15 bis 18 Uhr; Sonnabend, 13. Juni, 11 bis 18 Uhr; Sonntag, 14. Juni, 11 bis 18 Uhr geöffnet.