Viele Zweiräder fahren viel schneller als es ihre Zulassung erlaubt. Jugendliche wissen, wie sie die Gefährte aufmotzen.

Lüneburg

Mit ohrenbetäubendem Lärm flitzen drei Roller auf der Landstraße von einem Ort zum nächsten. Sogar Autos werden von den Zweirädern überholt. Viele der Roller fahren mehr als 60 oder 70 Kilometer in der Stunde (km/h). 25 km/h sind für Jugendliche mit Mofaführerschein erlaubt. Die kleinen Öfen sind getunt.

Und das ist nicht einmal schwierig. Die Tricks und Kniffe kennen viele Jugendliche. Wurde früher mühevoll die Zahl der Ritzel verändert, entfernen Jugendliche heute an der Variomatik Hülsen oder ganze Bauteile.

Getunte Roller sind cool. Die Lüneburger Polizei hält davon wenig. In Stadt und Landkreis nimmt sie deshalb verstärkt Rollerfahrer ins Visier. Seit einigen Wochen ist sie in Besitz eines Rollerprüfstandes. "Das Gerät ist in der Lage, die maximal fahrbare Geschwindigkeit von Zweirädern schnell und präzise zu bestimmen", sagt Kai Richter, Sprecher der Polizeininspektion Lüneburg.

Der Rollerprüfstand ist auf dem Hof der Inspektion aufgebaut. Polizeioberkommissar Andreas Wolf und Kommissar Mathias Scholwin schieben einen Roller der Marke Peugeot auf den Stand. Das Vorderrad wird eingeklemmt, das Hinterrad steht auf einer beweglichen Doppelwalze. Scholwin startet den Mofaroller und beschleunigt langsam bis das Zweirad seine Höchstgeschwindigkeit erreicht hat. Stinkende Abgase steigen auf, auffallend ist ebenfalls die Lärmentwicklung des Motors. Von der hinteren Walze aus werden die Daten über ein Kabel digitalisiert auf einen Laptop übertragen. Die Polizisten verfolgen auf dem Bildschirm die stetig steigende Geschwindigkeit. Die erlaubten 25 km/h sind längst überschritten. Bei 63,5 km/h ist Schluss.

"Die Höchstgeschwindigkeit beträgt unter normalen Fahrbedingungen 45,3 Stundenkilometer", erklärt Polizeioberkommissar Wolf. Zugelassen ist der Roller für 25 Stundenkilometer. Das Ergebnis bedeutet: Fahren ohne Fahrerlaubnis, denn die Mofaprüfbescheinigung erlaubt ein Fahren von Zweirädern bis 25 Stundenkilometern.

Die Führerscheinklasse M, die für das Fahren von Zweirädern bis 45 km/h berechtigt, ist teuer. Sie kostet mehrere hundert Euro, die Jugendliche nicht ausgeben möchten. Stattdessen frisieren sie ihr Gefährt. Der 16jährige Louis aus Scharnebeck (Name von der Redaktion geändert) erzählt, wie die Maschinen getunt werden: "Man braucht andere Röllchen, andere Gegendruckfelder und Kupplungsfedern ... die Pottdrosseln müssen weg. Das ist so ein kleiner Zylinder, den haut man einfach raus." Louis kennt in seinem Freundeskreis niemanden, der nicht mit einem getunten Roller fährt, "außer den Frauen".

Die für den italienischen Markt auf Tempo 80 ausgelegten Motorroller, werden für den Verkauf in Deutschland auf 25 oder 50 km/h gedrosselt. "Da muss dann nur noch die Motorleistung entdrosselt werden, und das geht mit den kompletten Bauteilen sehr einfach."

Mit dem Rollerprüfstand können die Lüneburger Beamten den direkten Nachweis führen, ob ein Zweirad durch Veränderung oder Manipulation für eine nicht zulässige Geschwindigkeit bereit gemacht wurde. Bei Verkehrskontrollen erkennen sie oft auf Anhieb, wo und was verändert wurde. Bei kleineren Verstößen bekommen die Besitzer Gelegenheit, das Zweirad wieder in den Originalzustand zu bringen und vorzuführen. Extrem veränderte Roller werden komplett stillgelegt. Und auf das Fahren ohne die gültige Fahrerlaubnis folgt dann in der Regel auch noch eine Geldstrafe.