Bauern kämpfen weiter für Erhalt. Europlant sieht keine Zukunft für beliebte Kartoffel.

Lüneburg

Trotz der öffentlichen Proteste ist die Sorte Linda für den Lüneburger Kartoffelzüchter Europlant tot. "Wir beschäftigen uns nicht mehr mit Linda", sagt Geschäftsführer Jörg Renatus im Gespräch mit der Lüneburger Rundschau. Drei Nachfolgerinnen Lindas hat das Unternehmen mittlerweile auf den Markt gebracht. Die jüngste erinnert im Namen an ihre Ahnin: Sie heißt Belinda.

Herbe Kritik von Verbrauchern und Bauern hatte die Firma eingesteckt, als sie ihre Zulassung der beliebten Sorte Ende 2004 zurückzog. In Barum, Landkreis Uelzen, bildete sich der "Freundeskreis rettet Linda", und noch immer kämpft die Gruppe um Karsten Ellenberg für eine Neuzulassung der Kartoffel beim Bundessortenamt.

Doch das ficht Europlant-Geschäftsführer Jörg Renatus nicht an: "Unsere Entscheidung war eine rationale, keine emotionale. Vor fünf Jahren war die Zeit reif, Linda abzulösen, und das ist sie heute auch." Die Kartoffel sei anfällig für Krankheiten, außerdem verändern sich laut Renatus ihre Koch- und Geschmackseigenschaften über den Winter: Linda verliere während der Lagerung an Stärke "Im Herbst eignet sie sich gut für Püree, im Frühjahr für Salat - das ist eine Wundertüte, keine definierte Qualität."

An Lindas Stelle getreten ist bei Europlant Belana, laut Geschäftsführer hat sie es mittlerweile zu "Deutschlands größter Salatkartoffel" geschafft: 280 000 Tonnen gingen 2008 durch die Supermarktkassen bei einer auf diesem Vertriebsweg insgesamt verkauften Menge von rund 1,2 Millionen Tonnen. Renatus: "Belana wird bei Testessen gelobt, wir bekommen positive Rückmeldungen von den Fachleuten, mit denen wir zusammenarbeiten."

Belana schmecke besser und gleich bleibend über die Lagerzeit, sie sei die moderne Sorte von heute.

Mit der Welle an Empörung und Emotion nach Lindas Aus hätte der Europlant-Chef nicht gerechnet, gibt er heute zu. In Sachen Kommunikation sieht er deshalb im Nachhinein durchaus Fehler: "Die Firma hätte diesbezüglich aktiver sein sollen."

Aber sie hatte die Reaktionen auf ihre Entscheidung offensichtlich unterschätzt. Renatus erklärt: "Für uns war das ein völlig normaler Prozess: Die Dinge kommen und gehen. Wir melden jedes Jahr Sorten ab. Würden wir das nicht tun, hätten wir nicht 80, sondern 500 Sorten in den 100 Jahren unserer Firmengeschichte angesammelt. Und wer soll die alle kaufen?"

Um Betriebswirtschaft geht es Europlant, ums Prinzip Karsten Ellenberg: "Es kann nicht sein, dass ein Unternehmen bestimmt, was wir auf den Tisch bekommen." Das will Renatus als Argument nicht gelten lassen: "Wir werden alle fremdbestimmt vom Angebot. Theoretisch kann ich das alles nachvollziehen, aber hier steht Logik gegen Emotion. Wir als Züchter haben die Aufgabe, bessere Sorten zu entwickeln. Die alten bleiben schließlich in der Deutschen Genbank erhalten."

Zu den neuen Sorten gehört auch Belinda, eine Urenkelin von Linda. Soll der Name vielleicht enttäuschte Verbraucher versöhnlich stimmen? "Belinda ist doch ein schöner Name", sagt Renatus dazu fürs Erste - und kurz darauf: "Dass Freud dabei eine Rolle gespielt haben kann, will ich nicht abstreiten."

Die echte Linda wächst währenddessen weiter - im Landkreis Uelzen und bei Thomasburg im Landkreis Lüneburg. Dort haben Bauern im April Knollen in die Erde gesetzt, die Karsten Ellenberg in Schottland weitervermehrt hatte. "Linda wachst prächtig auf den Feldern", sagt der Biobauer. Er hat Anträge auf Neuzulassung der Sorte in Deutschland, Großbritannien und Tschechien gestellt.