Lüneburg ist, mal wieder, mit Parteiwerbung zugepflastert. Der Wahlkampf in Deutschland, so haben einige Experten ja seit dem US-Wahlkampf gewettert, sei viel zu langweilig. Das fängt schon bei den ewig gleichen Plakaten an: Gesicht. Spruch. Parteizugehörigkeit. Ende.

Lediglich eine Partei hat sich die Kritik zu Herzen genommen, dabei aber den miesesten Aspekt der US-amerikanischen Wahlkampfstrategie benutzt: die Anderen schlecht machen, um selbst besser da zu stehen. In der Umsetzung werden zum Glück keine privaten Skandale aufgedeckt.

Sie wissen bestimmt schon, was ich meine: die unglaublich einfallsreichen SPD-Plakate. Sie suggerieren mir, dass ich die Wahl habe zwischen einem Hai, einem Fön, einem 50 Cent-Stück und dem offensichtlich gesichtslosen Kandidaten, der immer mit dem Finger auf Andere zeigt. Ich hake innerlich ab: Hai will ich nich, da hab ich auch gar keinen Platz für. Fön hab ich schon. 50 Cent... nur 50 Cent? Will ich auch nich, das is mir zu wenig.

Mal im Ernst, die Logik dieser Werbung ist natürlich eine andere. Da unterwandern Anarchisten die SPD-Zentrale und handeln nach dem Credo der Punkband Sex Pistols: "I dont know what I want, but I know how to get it."

Die Punkrock-Strategen führen uns vor Augen, was wir nicht wollen. Aber was wir wollen, das wissen wir nicht und was wir wollen sollen, damit lässt man uns im Dunkeln. Wie wir jedoch das Ungewisse, das wir aus diesem Ausschlussprinzip heraus wollen könnten, wie wir dieses Etwas bekommen, das ist ganz klar. Ein Kreuzchen ins Unbekannte machen. Sind Sie jetzt verwirrt? Gut, das ist das Ziel des Punkrock-Wahlkampfes.

Juliane Fritz studiert Angewandte Kulturwissenschaften an der Universität Lüneburg.