Anwohner und Spaziergänger sorgen sich um das einstige Vorzeigeprojekt. Doch die Stadt glaubt nicht an eine Eskalation der Situation.

Lüneburg

Der Kalkberg wird zur Problemzone. Spaziergänger beschweren sich über nicht angeleinte Hunde und herumliegenden Müll, der Schäferhund eines Alkoholikers hat jüngst einen anderen Hund angefallen. Auch das einstige Vorzeigeprojekt Ziegenbeweidung in dem 77 Jahre alten Naturschutzgebiet liegt auf Eis. Heute treffen sich Vertreter von Behörden und Umweltschutz zum Ortstermin.

Die Altstadt-Bewohnerin Angelika Frank geht jeden Tag mit dem Hund ihrer verstorbenen Mutter über den Berg und kennt die Situation nur allzu gut. Sie erzählt: "Viele Hundebesitzer haben ihre Tiere nicht an der Leine, wenn sie tagsüber am Kalkberg herumlungern. Anfang des Monats hat ein Alkoholabhängiger seinen Schäferhund auf mich und meinen angeleinten Hund gehetzt, das fremde Tier hat meins gebissen."

Angelika Frank hat Anzeige bei der Polizei erstattet. Das Veterinäramt des Landkreises leitet ein Anhörungsverfahren ein, da der Hundebesitzer den Behörden bekannt ist.

Er wohnt im Mietshaus der Herberge plus, Am Benedikt. Leiter Stefan Buchholz kennt den Fall: "Auch wir hatten das Gefühl, der ältere Mann sei mit dem großen Hund überfordert und waren bereits in Kontakt mit dem Tierschutzverein. Doch wir waren darauf angewiesen, dass der Halter mitmacht und den Hund freiwillig abgibt." Nach dem aktuellen Vorfall rechne er jedoch damit, dass die Behörden den Hund einziehen werden.

Nur eine Handvoll Hundehalter leben in der Hilfseinrichtung für Wohnungslose, sagt Buchholz: "97 Prozent der Leute am Kalkberg sind nicht unsere Bewohner". Die und die 36 Mieter der angegliederten Wohnungen weise man natürlich auf den Leinenzwang hin und versuche, ein Bewusstsein bei den Menschen für den Naturschutz auf dem Kalkberg zu schaffen, aber: "Wenn sie das nicht machen, haben wir keine Möglichkeit zu sanktionieren."

Auch der Polizei ist der Brennpunkt zwar bekannt, allerdings kein Einsatzschwerpunkt. Sprecher Thomas Glieze berichtet: "Der Bereich wird unregelmäßig von unseren Fahrradstreifen abgefahren. Es wurden aber noch keine Verstöße festgestellt. Wer den Müll verursacht, lässt sich nicht zuordnen. Wenn Ordnungswidrigkeiten aber nicht einzelnen Personen zugeordnet werden können, können wir auch keine Platzverweise aussprechen." Gerade im Sommer werde die Polizei jedoch verstärkt "ein Auge auf dem Bereich haben".

Probleme gibt es auch bei dem einstigen Vorzeigeprojekt des Kalkbergs. Nach Informationen der Lüneburger Rundschau hat der Bund für Umwelt- und Naturschutz Deutschland (BUND) den Vertrag über die Ziegenbeweidung des Bergs mit dem Halter der Tiere gekündigt. Der BUND betreut den Kalkberg und hat sein Büro gemeinsam mit der Projektwerkstatt des Jugendumweltnetzwerks Niedersachsen in der sogenannten Gipse, dem alten Gipsofen am Schnellenberger Weg.

Die Ziegen leben zwar im sogenannten "Zickengarten" auf der anderen Seite des Bergs, durch das Naturschutzgebiet führen darf ihr Besitzer sie allerdings nicht mehr.

Für die Stadt, Grundeigentümer des Geländes, sagt Sprecherin Suzanne Moenck: "Es gibt ein Pflegekonzept zwischen BUND und Stadt, das ist gerade in Richtung Betreuung und Aufklärung ausgebaut und im Grünflächenausschuss vorgestellt worden. Die langjährige Zusammenarbeit läuft gut. Ein Teil des Konzepts ist die Beweidung durch Ziegen, und das soll auch so beibehalten werden."

Die Belästigungen durch Trinker und frei laufenden Hunde sei auch aus anderen Städten bekannt, aber: "Wir wollen die Leute nicht verdrängen, das ist keine Lösung. Wir versuchen das Thema im Blick zu behalten und mit allen Beteiligten im Gespräch zu bleiben. Dass die Situation jedoch zu eskalieren droht, darüber haben wir zurzeit keine Erkenntnisse."