Es ist zum verrückt werden: Ich sitze mal wieder vor meinem Rechner und versuche ein paar schlaue Sätze auf mein virtuelles Papier zu bringen.

Aber heute scheint einer dieser Tage zu sein, an denen nichts gelingen möchte.

Draußen scheint die Sonne und wer Zeit und Muße hat, hängt träge im Kurpark oder auf der Mensawiese herum und wartet den Abend ab, bis der Grill angezündet wird und man sich von seiner Sonnendecke nur in den Klappstuhl rüberwälzen muss.

Herrlich, aber ich merke, dass ich wieder abschweife. Und noch immer blinkt der Cursor auf dem strahlend weißen Bildschirm an derselben Stelle. Herrje, wie kann ich meine Konzentration bloß stärken oder einfach meine Gedanken fokussieren?

Mein Blick fällt auf ein Magazin neben meinem Schreibtisch. Noch ehe ich mich versehe, habe ich das bunte Heftchen in der Hand und blättere darin rum, nur um nicht weiter auf den leeren Bildschirm starren zu müssen. Da entdecke ich einen Artikel über Ritalin. Bislang kannte ich diese Wunderdroge nur im Zusammenhang mit ADS-Kindern, die das Mittelchen verabreicht bekommen, um nicht völlig auszuflippen und das Nervenkostüm der Eltern gänzlich zu ruinieren. Nun lese ich aber, dass diese Leistungsbombe von immer mehr Studierenden zum Lernen, aber auch von Professoren eingenommen wird: Da es den Tunnelblick auf ein Thema schafft und so die Konzentration fördert.

Mir schaudert es, als ich den Artikel lese, in dem der Autor seinen höllenhaften Selbstversuch mit der Neuzeitdroge beschreibt. Was mich besonders nachdenklich macht, ist die Aussage des Autors, dass dies die erste Droge sei, die Menschen dazu bringt, dem Gesellschaftsdruck zu entsprechen und Hochleistung zu erbringen. Alle anderen Drogen der 70er-Jahre (LSD), 80er-Jahre (Kokain) und der 90er-Jahre (Ecstasy) dienten nur dem Zweck, sich den gesellschaftlichen Zwängen zu entziehen und sich der Konformität zu verweigern.

Ritalin hingegen scheint zu helfen, die Erwartungen zu erfüllen, die eine Hochschule, eine Gesellschaft, ein politisches System an junge Menschen stellt. Mich stimmt das wirklich sehr nachdenklich. Ich lege die Zeitung weg, starre auf mein leeres Blatt Papier und mache mir erst mal einen starken Kaffee.

Gesa Lüdecke promoviert in Umweltwissenschaften an der Uni Lüneburg.