Erste Lebenszeichen waren ein Protest gegen Eier aus Käfighaltung und eine Diskussion zum “Green New Deal“.

Eine Revolution werde auf dem Campus der Leuphana Uni Lüneburg mit Sicherheit nicht ausbrechen, sagt Matthias Schröter und klingt dabei nicht einmal sonderlich ernüchtert: "Die Studierendenschaft der Lüneburger Uni ist ziemlich unpolitisch. Wenn man bedenkt, wie politisch aufgeladen die Unis noch vor 20 Jahren waren - davon ist hier und heute nichts mehr zu spüren."

Zusammen mit rund einem Dutzend Kommilitonen ist Schröter (27) angetreten, dies zu ändern: Der Student der Umweltwissenschaften gehört zu den Neu-Gründern von "Campus Grün", der jüngsten politischen Hochschulgruppe an der Lüneburger Uni. Auf dem Papier besteht die Gruppe der Campus-Grünen bereits seit zehn Jahren. "Irgendwann ist sie dann eingeschlafen", sagt Schröter. "So etwas lebt und stirbt mit den Leuten, die dahinterstehen."

Die ersten Aktionen hat die neu formierte Gruppe schon hinter sich: Vor Ostern protestierten sie vor der Mensa gegen Eier aus Käfighaltung. Und am Donnerstag fand auf dem Campus eine Podiumsdiskussion zum grünen "New Deal" mit dem Europakandidaten Sven Giegold statt - organisiert von "Campus Grün". "Uns geht es in erster Linie um politische Bildungsarbeit. Darum, Themen anzustoßen, die Leute zum Nachdenken zu bringen. Darüber, ob wir zu Wahlen antreten wollen, haben wir noch gar nicht diskutiert", sagt Schröter.

Neben der politischen Bildungsarbeit spielt noch ein weiterer Aspekt eine Rolle: "Politische Hochschulgruppen sind auch ein Rekrutierungsfeld für hochschulpolitische Ämter, etwa für den AStA, das Studierendenparlament oder den Senat", sagt Campus-Grün-Mitglied Sebastian Heilmann (25), selbst ehemaliger AStA-Sprecher. "In Lüneburg fehlte so ein Rekrutierungsfeld bislang. Schon der AStA schafft es seit Jahren nur immer gerade mal so, Leute zu motivieren."

Ein Problem, mit dem der AStA nicht alleine steht: Seit der Einführung des Leuphana-Bachelors leiden studentische Initiativen - politische wie nicht-politische - an teils massivem Mitgliedermangel. "Zulauf haben nur noch Initiativen, die thematisch direkt auf die Berufswelt ausgerichtet sind", sagt Fides Brückner, Sprecherin des Dachverbands der studentischen Initiativen (DSI) an der Leuphana. Der Grund dafür sei auch im Studienmodell des Leuphana-Bachelors zu suchen: "Die derzeitige Situation finde ich unmöglich. Gerade weil unsere Uni so viel Wert auf studentisches Engagement legt, müsste dafür eigentlich mehr Zeit bleiben."

"Sich politisch zu engagieren ist auch im Leuphana-Bachelor möglich", sagt Carla Vollert (21), Studentin der Angewandten Kulturwissenschaften im vierten Semester. "Allerdings sage ich das als jemand, der nicht gezwungen ist, neben dem Studium zu arbeiten. Ich weiß, dass einige meiner Kommilitonen diese Zeit nicht hätten." Wer aktiv an Projekten mitwirken möchte, für den sei die Arbeit in einer Initiative sehr zeitintensiv. "Wenn das Semester richtig im Gange ist, wird es wahrscheinlich schon manchmal eng werden", sagt Vollert.

"Es ist natürlich - wie immer - abhängig davon, wie viel Zeit und Aufwand man investieren will", sagt Heilmann, der wie Matthias Schröter zu den letzten Absolventen eines Diplom-Studiengangs gehören wird. "In der gleichen Intensität wie in den Altstudiengängen ist das sicher nicht möglich." Schröter widersprich: "Wenn man etwas bewegen will, dann findet sich dafür auch eine halbe Stunde am Tag. Die Ausrede mit der Zeit ist nicht in jedem Fall eine gute Entschuldigung."