Geesthacht. Eine 14-köpfige Delegation aus der Elbestadt war zum Gegenbesuch in Polen. Sportvereine wollen Städtepartnerschaft mit Leben füllen.

In einer Welt mit immer mehr politischen Konflikten, wachsendem Egoismus und sinkender Kompromissbereitschaft ist diese Nachricht ein Lichtblick: Geesthacht hat in Polen neue Freunde gefunden. Genauer gesagt in Bedzin, einer Stadt mit gut 50.000 Einwohnern im Süden des Landes. Bei einer Stippvisite einer polnischen Delegation im Juni an der Elbe hatten beiden Kommunen schon mit einer Absichtserklärung dokumentiert, dass sie eine gemeinsame Städtepartnerschaft eingehen wollen. Jetzt wurde die Zusammenarbeit beim Gegenbesuch im oberschlesischen Industriegebiet belebt.

Der VfL Geesthacht hat mit seinem Pendant, dem MKS Bedzin und einem Sportverein aus deren litauischen Partnerstadt Kaisiadorys einen Förderantrag beim Programm „Erasmus+“ der Europäischen Union für einen internationalen Volleyball-Austausch für Kinder und Jugendliche gestellt. Werden die Zuschüsse bewilligt, wird sich bereits 2024 gegenseitig besucht. „Was Bedzin im Bereich der Förderung des Sports macht, ist beeindruckend. Da kann man richtig neidisch werden“, sagte Klaus-Heinrich Wulff. Der Volleyballabteilungsleiter des VfL Geesthacht ist neuerdings auch hauptamtlich beim Verein als „Ressortleiter Vereinsbetrieb“ angestellt und gehörte zur 14-köpfigen Delegation aus Verwaltung, Politik und Verbänden, die in Polen war.

Städtepartnerschaft: Geesthachter auf Gegenbesuch in Polen

Damit wäre eine wichtige Bedingung für die Aufnahme einer Städtepartnerschaft erfüllt. „Es ist ja keine Partnerschaft der Stadtverwaltung. Es macht nur Sinn, wenn sie von den Bürgern und vom Ehrenamt gelebt wird“, betont die SPD-Fraktionsvorsitzende Petra Burmeister, die von ihrem mitgefahrenen Parteikollegen Muammar Kazanci positive Rückmeldungen bekommen hatte. Formal muss die Geesthachter Ratsversammlung noch die Aufnahme einer weiteren Städtepartnerschaft beschließen. Am Freitag, 10. November, (18 Uhr, Ratssaal) steht das Thema allerdings nicht auf der Tagesordnung.

Von einst vier Städtepartnerschaften pflegt Geesthacht heute noch Kontakte zu Plaisir (Frankreich, seit 1975) und Kuldiga (Lettland, ab 1991). Die seit 1966 bestehenden Verbindungen zu Hoogezand-Sappemeer waren 2019 von niederländischer Seite beendet worden. Die ebenfalls ab 1966 bestehende Partnerschaft mit Oldham in Großbritannien endete 2004.

Auf Dating-Plattform für Städte hat es „gefunkt“

Kennengelernt haben sich Geesthacht und Bedzin – wie sollte es heutzutage anders sein – im Internet. „Es gibt so eine Art Dating-Plattform für Städte, die Partnerschaften suchen“, sagt Kamila Golisz mit einem Augenzwinkern. Sie ist im Geesthachter Rathaus für Städtepartnerschaften zuständig. Da sie polnischen Wurzeln hat, hat sie auch gedolmetscht.

Über das Portal hatte Geesthacht in den vergangenen Jahren bereits einige Anfragen. Doch „gefunkt“ hat es nur mit Bedzin. „Wir suchen eine Stadt, die ähnlich groß ist wie Geesthacht und möglichst ebenfalls in der Nähe einer Großstadt und an einem Fluss liegt“, erklärt Kamila Golisz. Bedzin liegt zwischen Kattowitz und Krakau.

Ziel einer Partnerschaft ist auch, politische und wirtschaftliche Verbindungen zu stärken. Es geht darum, von dem anderem zu lernen. Was läuft besser, was kann übernommen werden? Klaus-Heinrich Wulff gerät im Bereich Sport ins Schwärmen. „Der Präsident des MKS Bedzin ist einer Doppelfunktion bei der Stadt angestellt und für die Sportförderung zuständig“, so Wulff. In Bedzin, deren Volleyball-Männermannschaft in der 2. Liga spielt, werden sieben Sportarten für Kinder und Jugendliche kostenlos angeboten.

„Junge Leute sollen zu Europäer aufwachsen“

Bürgervorsteher Arne Ertelt (CDU) hob einen anderen Punkt hervor: „In Bedzin wird gerade die Bibliothek zum sogenannten dritten Ort umgebaut, was auch bei uns gewünscht ist. Und wir haben uns über den dortigen Bau einer neuen Sporthalle sowie die Renaturierung des Flusses Przemsza in direkter Nähe der Stadt unterhalten“, berichtet Ertelt. Dieser „dritte Ort“ ist eine Begegnungsstätte im öffentlichen Raum.

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Dass das Kennenlernen von anderen Kulturen heutzutage genauso wichtig ist, unterstrich Geesthachts Bürgermeister Olaf Schulze. „Wenn wir in direkten Gesprächen einen Eindruck von den Einstellungen, den Werten und dem Alltag der Menschen in anderen Ländern erhalten können, können wir von deren Erfahrungen profitieren und mehr Verständnis für ihr Handeln entwickeln.“ Und Kamila Golisz ergänzte: „Uns ist es wichtig, dass die jungen Leute zu Europäern aufwachsen.“ Jetzt muss Geesthachts Ratsversammlung nur noch „Ja“ zur neuen Beziehung sagen.

Mehr Infos unter staedtepartnerschaft@geesthacht.de. Vor allem Gastfamilien werden immer gesucht.