Buchholz. Kapitänin startet mit Turn-Team Lüneburg-Buchholz in dritte Bundesligasaison. Wie sich die 26-Jährige nach Fuß-Operation zurückkämpfte.
Sie hat es tatsächlich geschafft. Acht Wochen nach einer Operation am linken Sprunggelenk ist Mareen Jacobs fit genug, um wieder in der 1. Bundesliga zu turnen. Mit dem Turn-Team Kiehn Group Lüneburg-Buchholz geht die 26-Jährige aus Trittau am Sonnabend, 13. April, in Ketsch in ihre dritte Erstligasaison in der Deutschen Turn-Liga (DTL). Die Erwartungen sind hoch. Ebenso die Ungewissheit in einer Saison, die für die Spitzenturnerinnen ganz im Zeichen der Olympischen Spiele in Paris steht.
Ein Hauch von Olympia 2024 wird in Ketsch durch die Halle wehen. Der erste von vier Bundesliga-Wettkampftagen ist für Deutschlands Beste die zweite und entscheidende Qualifikation für die Europameisterschaften Anfang Mai in Rimini (Italien). Zu Olympia darf der DTB nur Einzelturnerinnen entsenden: Pauline Schäfer-Betz (Chemnitz) und Sarah Voss (Köln) haben ihr Ticket sicher. Die Frauen-Riege verpasste die Qualifikation. Im Kampf um die verbleibenden zwei Tickets ist die Bedeutung der EM als Zwischenstation umso höher.
Olympia-Chance? Karina Schönmaier gewinnt die erste EM-Qualifikation
Erfreulich: mit Karina Schönmaier gewann eine Sportlerin die erste EM-Quali, die den Löwenanteil ihrer beeindruckenden Entwicklung bei Blau-Weiss Buchholz durchlaufen hat. Mit dem Turn-Team Lüneburg-Buchholz schaffte die aus Bremen stammende Leistungssportlerin den Aufstieg in die 1. Bundesliga, in Ketsch absolvierte sie im Oktober 2022 den letzten Wettkampf für ihren Ausbildungsverein. Danach wechselte die heute 18-Jährige an das Sportinternat nach Chemnitz und zum TuS Chemnitz-Altendorf. Der Kontakt in die Nordheide ist nicht abgerissen.
Platz vier in der Bundesliga wäre für die Nordheide-Turnerinnen ein Traum
Zurück zu Mareen Jacobs. „In den anderen Mannschaften turnen viele WM-Teilnehmerinnen“, sagt die 26-Jährige. Umso schwieriger dürfte es in dieser Saison werden, sich gegen die sieben anderen Vereine zu behaupten. Das TT Kiehn Group Lüneburg-Buchholz hatte in den ersten beiden Jahren nach dem Aufstieg die Tabellenplätze sechs (2022) und fünf (2023) belegt.
Stünde man im November 2024 auf Rang vier, wäre das gleichbedeutend mit der Qualifikation für das DTL-Finalwochenende. Für die Nordheide-Turnerinnen ginge es im kleinen Finale gegen die drittplatzierte Riege um die Bronzemedaille auf Bundesebene.
Warum nicht davon träumen? „Vor zehn Jahren hätte ich mir nie vorstellen können, in der Bundesliga zu turnen. Und jetzt vielleicht beim Finale?“, sagt Mareen Jacobs. „Ich bin die Einzige, die unseren gesamten Weg von der Regionalliga bis in die Bundesliga mitgemacht hat. Darauf bin ich schon stolz.“
Langsam tastet sich Mareen Jacobs wieder an Wettkampfniveau heran
Stolz sein darf sie auch auf die vergangenen zwei Monate nach der Operation. In den ersten Tagen nach dem Eingriff hatte sie sich nur auf Krücken bewegen dürfen. Danach ging es zwar bergauf, Rückschläge blieben aber nicht aus: „Nach drei Wochen hatte ich ein kleines Loch und hab gedacht: Das schaffst Du nie.“ Langsam tastete sie sich aber wieder an Wettkampfniveau heran.
Zunächst mit vielen Stabilisations- und Kräftigungsübungen für die Fußmuskulatur, danach mit vorsichtigen Landeübungen aus geringer Höhe unter physiotherapeutischer Begleitung. Danach folgten Landungen in der weichen Schnitzelgrube und schließlich „harte Landungen“, wie sie es nennt. „Natürlich zeigt der Fuß noch Reaktionen. Ich bin aber sehr zufrieden“, sagt die Kapitänin.
Geplant ist, dass sie am Sonnabend an einem Gerät turnt – dem Sprung. „Ich zeige meine Übung vom letzten Jahr. Die kann ich aus dem Effeff“, so Jacobs, die zugibt, mit einem weiteren Auftritt am Boden geliebäugelt zu haben. „Dafür hätte ich aber mehr Zeit benötigt.“ Erschwerend kommt hinzu, dass sie vor einem halben Jahr ausgerechnet am Boden, ausgerechnet in Ketsch, schwer gestürzt war – mit glimpflichem Ausgang. „Ihr Fuß braucht noch Zeit. Manchmal muss ich vernünftiger sein als sie“, sagt Cheftrainerin Susanne Tidecks über die Entscheidung, ihre erfahrenste Turnerin nur für ein Gerät einzuplanen.
Im Kader: Turnerinnen aus Spanien, Israel, Liechtenstein und den Niederlanden
Der Erstligakader des TT Lüneburg-Buchholz präsentiert sich gegenüber dem Vorjahr kaum verändert. Nicht mehr dabei ist Lucia Trnkova (Tschechien), dafür kommt Marta Ploma Mora (Spanien) von der Ferieninsel Mallorca neu dazu. Im erweiterten Kader stehen 15 Turnerinnen, darunter weitere internationale Gäste aus Israel, Liechtenstein, nochmal Spanien und den Niederlanden.
Besonders freut man sich in Buchholz, dass mit Sabrina Proemmel ein zweites Mitglied von Blau-Weiss den Sprung in den Erstligakader geschafft hat. Die 20-Jährige war bislang in der zweiten Mannschaft in der Regionalliga Nord eingesetzt worden. „Da hat sie sich so gut präsentiert, dass wir sie nun hochziehen“, sagt Trainerin Tidecks. „Ihre stärksten Geräte sind Sprung und Boden.“
Sabrina Proemmel rückt aus der Regionalliga- in die Bundesliga-Riege auf
Glücklich ist auch Mareen Jacobs: „Wir sind eng befreundet und verbringen auch in der Freizeit viel Zeit zusammen. Mit Sabrina ist endlich eine Trainingskollegin dabei. Dann ist es schon auf der Fahrt lustiger.“ Die anderen Kiehn-Group-Turnerinnen kommen aus vielen Teilen der Republik angereist. Zu den Bundesliga-Wettkämpfen trifft sich das Team jeweils erst vor Ort.
Nach dem Auftakt am 13. April in Ketsch stehen weitere Wettkampftage am 12. Oktober in Herbolzheim und am 9. November in Esslingen fest. Der Austragungsort für den zweiten Wettkampftag am 25. Mai ist noch offen, es wäre der letzte Bundesliga-Wettkampf vor den Olympischen Spielen. „Wir sind weiterhin auf der Suche nach einem Ausrichter“, sagte Kathrin Baumann, Geschäftsführerin der DTL-Marketing-Gesellschaft.
Auch TSV Buchholz 08 und KTG Lüneburger Heide sind in der DTL vertreten
Am Wochenende in der Kurpfalz starten neben der 1. Bundesliga (Sonnabend, 17 Uhr) auch die 2. Bundesliga (Sonnabend, 12 Uhr), 3. Bundesliga Nord (Sonntag, 10 Uhr) und Regionalliga Nord (Sonntag 14.30 Uhr) in die neue Saison.
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An den vier olympischen Frauengeräten sind weitere Turnerinnen aus dem Landkreis Harburg aktiv: Aufsteiger TSV Buchholz 08 in der 3. Bundesliga, die zweite Riege von Lüneburg-Buchholz in der Regionalliga sowie Laura Brakmann. Die 16-Jährige von der KTG Lüneburger Heide steht im Erstligakader von Aufsteiger KTG Hannover.
Weitere Informationen gibt es unter www.deutsche-turnliga.de. Mareen Jacobs wird die Wettkämpfe am Sonntag im Livestream bei sportdeutschland.tv kommentieren. Ihre Familie hört und schaut von zu Hause aus zu.