Schleswig-Holstein wehrt sich gegen EU-Kommissar Oettinger und Umweltminister Altmaier, der den Ausbau der Anlagen drosseln will.

Büdelsdorf. Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Torsten Albig (SPD) hat den Bund aufgefordert, dem Norden Vorrang beim Ausbau von Windenergieanlagen zu geben. "Gebt Windstrom dort den Vorzug, wo er am effektivsten geerntet werden kann. Geht dorthin, wo der Wind weht: Geht nach Norddeutschland", sagte Albig gestern beim zweiten Energieforum Schleswig-Holstein in Büdelsdorf (Kreis Rendsburg-Eckernförde). Er widersprach damit Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU), der den Ausbau von Windenergieanlagen angesichts möglicher Überkapazitäten drosseln will. Der Norden fürchtet Quoten für die Länder und damit eine Bremse für den Ausbau der Windenergie.

Aber auch der EU-Kommissar für Energie, Günther Oettinger, hat sich - ebenfalls gestern in Büdelsdorf - für ein Tempolimit bei der Energiewende ausgesprochen. "Wir brauchen eine Geschwindigkeitsbegrenzung beim weiteren Ausbau von Wind- und Solaranlagen", sagte Oettinger. Er begründete dies vor allem damit, dass eine Rund-um-die-Uhr-Versorgung mit Strom gesichert sein müsse. Dies sei insbesondere für die Industrie in Deutschland entscheidend.

Ob sich mit Wind und Sonne Strom erzeugen lasse, "das entscheidet für Christenmenschen der liebe Gott und sonst der Wetterfrosch", sagte Oettinger. Es sei deshalb fraglich, wieweit die erneuerbaren Energien Versorgungssicherheit gewährleisten könnten. Denn: Strom lasse sich noch nicht richtig speichern.

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Werden die bisherigen Pläne verwirklicht, läge der Ökostromanteil bis 2020 bundesweit bei rund 50 Prozent. Die schwarz-gelbe Bundesregierung strebt 35 Prozent an. Weil Netze nicht aufnahmefähig genug waren, um Ökostrom einzuspeisen, fielen im Norden 2010 bereits Kosten für Entschädigungszahlungen im zweistelligen Millionenbereich an.

Albig sagte gestern: "Ich warne davor, den Ausbau der Energiewende zu bremsen." Er wolle die Ausweisung der neuen Windeignungsgebiete im Norden sogar beschleunigen, "damit dort möglichst schnell die ersten Windkraftanlagen gebaut werden können". Dazu brauche man den "schnellstmöglichen Netzausbau". Seit Jahren klaffe eine Lücke zwischen dem Ausbau der Netze und der Anlagen. Windenergie auf dem Land (Onshore) sei "der Kostensenker in der Riege der erneuerbaren Energien", sagte der Kieler Regierungschef.

Altmaier (CDU) hatte jüngst einen Zehnpunkteplan vorgelegt, der vor einer Überkapazität bei der Windenergie warnt. Er will einen Konsens, wie viel erneuerbare Energie in welchen Bundesländern produziert werden kann und soll. Bei der Windenergie befürchtet er zu hohe Ausbauraten.

Das sieht Albig anders: Die Kraft der Windenergie sei wichtig, damit die Energiewende bezahlbar bleibe, sagte er. Dabei müsse aber zugleich der Netzausbau mitziehen. "Der Abtransport der Energie ist die Großbaustelle bei der Energiewende, auf der momentan alle mit anpacken müssen." Die Landesregierung werde bei der Umsetzung der Energiewende weiter aufs Tempo drücken. Albig: "Innerhalb Schleswig-Holsteins laufen die Planungen für die ersten Leitungen." Ende 2010 gab es in Schleswig-Holstein insgesamt knapp 2600 Windenergieanlagen mit einer Leistung von rund 2900 Megawatt.

Helgoland will die erste Insel für Offshore-Service weltweit werden. "Man kann diese neuen, spannenden industriellen Entwicklungen integrieren für die Touristen auf Helgoland", sagte Schleswig-Holsteins Wirtschaftsminister Reinhard Meyer (SPD) zum Auftakt des Wirtschaftsforums Offshore auf der Hochseeinsel. "Wenn die Offshore-Windparks stehen, kann ich mir gut Ausflugsfahrten dorthin vorstellen, sodass beides zueinander passt." Nördlich der Insel entstehen drei Windparks, die von 2015 an bis zu eine Million Haushalte mit Strom versorgen werden. Der Bau eines Servicehafens begann im Juli.