Nach der Keim-Krise in Kiel sollen mehr Betten zur Verfügung gestellt werden. Betrieb läuft „zu 99 Prozent normal“

Kiel. Schleswig-Holsteins Landesregierung will die Krankenhäuser im Land als Konsequenz aus der Keim-Krise am Universitätsklinikum in Kiel mit umfangreichen Maßnahmen stärken. Gesundheitsministerin Kristin Alheit (SPD) betonte am Dienstag in Kiel, ihr Ziel sei es, die Patientensicherheit zu verbessern. „Was medizinisch notwendig ist, wird auch finanziert“, erklärte die Ministerin.

Unter anderem soll am UKSH in Kiel ein Erweiterungsbau in Modulbauweise entstehen, sagte Minsiterin Alheit. Der geplante Neubau werde erst in einigen Jahren fertiggestellt, es brauche daher eine Zwischenlösung. In den Containern sollen zusätzliche acht bis zehn Betten als Einzelzimmer sowie Lager- und Umkleidekapazitäten entstehen.

Insbesondere soll dadurch die bauliche Situation der jetzigen internistischen Intensivstation (ITS) – wo der Ausbruch begann – verbessert werden. Auf der ITS mit 16 Betten gibt es derzeit nur drei Einbettzimmer. So wurde auch der als Auslöser der Keim-Krise geltende Patient – er war krank aus dem Türkei-Urlaub gekommen – in einem Dreibettzimmer untergebracht, weil auf der ITS kein Einzel-Isolationszimmer frei war. Räumliche Enge kann nach Ansicht von Experten zur Ausbreitung des Keims am Universitätsklinikum in Kiel beigetragen haben.

Der provisorische Erweiterungsbau soll laut Alheit rund fünf Millionen Euro kosten und in zehn bis zwölf Monaten fertiggestellt sein. Zudem soll geprüft werden, ob die jährlich zur Verfügung stehenden Mittel für die Krankenhausinvestitionen insgesamt nochmals erhöht werden können.

Außerdem will die Gesundheitsministerin eine Bundesratsinitiative zur Finanzierung eines Screening-Programms durch die Krankenkassen in der stationären Versorgung auf den Weg bringen. „Es ist wichtig, dass Krankenhäuser nicht aus Kostengründen auf Screenings verzichten.“ Es sei daher erforderlich, eine Finanzierung durch die Krankenkassen zu gewährleisten. Zudem sei es anzustreben, den Umfang von Screening-Maßnahmen bundeseinheitlich zu regeln.

Zu den weiteren Maßnahmen, die das Kabinett beraten hat, gehört unter anderem die Verbesserung der Meldepflichten. So soll das Ministerium künftig unmittelbar nach einem Ausbruch informiert werden. Auch sollen beispielsweise Antibiotika in der Humanmedizin restriktiver verschrieben werden. Die Verordnungspraxis spiele bei der Entstehung von Antibiotika-Resistenzen auch eine Rolle, sagte die Ministerin.

Die sozialpolitische Sprecherin der CDU-Landtagsfraktion, Katja Rathje-Hoffmann, begrüßte den vorgestellten Maßnahmenkatalog. Er sei ein erster Schritt zur Wiederherstellung des Vertrauens der Patienten. Er könne allerdings nicht eine beschleunigte Umsetzung des baulichen Masterplans ersetzen.

Die FDP-Landtagsfraktion erstellte unterdessen einen eigenen Sieben-Punkte-Plan, den sie im Landtag diskutieren will. Neben einer Verbesserung des Kommunikationsmanagements im Fall eines Auftretens vergleichbarer hygienischer Notfälle sowie der Formulierung einer UKSH-Entlastungsstrategie soll ebenso von einer weiteren Arbeitsverdichtung beim Klinikpersonal abgesehen werden, sagte der gesundheitspolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Heiner Garg.

Am Universitätsklinikum in Kiel hat sich der gefährliche Keim Acinetobacter baumannii indes nicht weiter ausgebreitet. Es gebe keinen neuen Sachstand, sagte Ministerin Alheit am Dienstag. Von insgesamt 31 positiv Getesteten waren 12 Menschen gestorben. Neun starben nach Klinikangaben definitiv nicht auf Grund des Keims, sondern infolge ihrer Erkrankungen. Vier Patienten konnten inzwischen entlassen werden.

Zu 99 Prozent herrsche in Kiel normaler Krankenhausbetrieb, hatte Klinikchef Jens Scholz am Montag gesagt. Von einer wirklichen Entspannung in Bezug auf den Keim könne man aber erst reden, wenn alle betroffenen Patienten entlassen seien und keine weiteren positiv getestet werden.