Sylt . Die Promi-Insel stimmt gegen den Promi: Gabriele Pauli, 57, verliert die Wahl um das Bürgermeisteramt der Gemeinde Sylt. Der Traumjob auf Deutschlands schönster, teuerster und prominentester Ferieninsel geht an den Kronshagener Bauamtsleiter Nikolas Häckel, 40. Mit 55 Prozent der Stimmen hielt er seine Kontrahentin bei der Stichwahl am Sonntag deutlich auf Distanz. Pauli kam nur auf 45 Prozent. Die Wahlbeteiligung lag bei 52,2 Prozent. In einer ersten Reaktion sagte der Wahlsieger, er wolle „Impulse setzen und die Menschen mitnehmen“. Häckel weiter: „Ich weiß, wie die Sylter ticken.“ Gabriele Pauli sagte, sie sei nicht enttäuscht. „Die Sylter haben einen Sylter gewählt, das ist okay.“

Die Gemeinde Sylt mit dem Verwaltungssitz Westerland hat rund 13.000 Einwohner und nimmt etwa 60 Prozent der gesamten Inselfläche ein. Häckel wird Nachfolger von Petra Reiber, 57, die nach rund 24 Jahren im Amt nicht erneut kandidieren wollte.

Der Kampf um das Westerländer Rathaus war von Medien in ganz Deutschland mit großer Aufmerksamkeit verfolgt worden. Grund für das Interesse: Die Kandidatur der ehemaligen Fürther CSU-Landrätin Gabriele Pauli. 2006 geriet sie erstmals ins Rampenlicht der Öffentlichkeit. Damals war sie beteiligt am Sturz des damaligen CSU-Landesvorsitzenden Edmund Stoiber. Mit dem Sturz verband Pauli die Hoffnung, in der CSU eine wichtigere Rolle zu spielen. Doch diese Hoffnungen erfüllten sich nicht. Im Streit trat sie aus der CSU aus. Sie schloss sich den Freien Wählern an und zog für sie in den Landtag ein. Doch auch in ihrer neuen politischen Heimat kam es zum Streit. Sie schied bei den Freien Wählern aus, gründete ohne Erfolg eine eigene Partei und blieb bis 2013 fraktions- und einflusslose Abgeordnete im Landtag.

Medial war sie dennoch präsent. 2013 warf sie ihre Biografie auf den Markt. Titel: „Die rote Rebellin – Fortschritt braucht Provokation“. Auf 255 Seiten schilderte sie ihre gescheiterte politische Karriere – und kam dabei zu dem Schluss, dass es in Deutschland keinen Platz für „Individualisten und Paradiesvögel“ gebe.

Für den Paradiesvogel Pauli gibt es nun auch auf Sylt keinen Platz. Dabei hatte es anfangs durchaus gut ausgesehen für sie. Im ersten Wahlgang am 14. Dezember schnitt sie von allen sechs Bewerbern am besten ab. Sie kam auf 30,6 Prozent, der zweitplatzierte Nikolas Häckel landete bei 27 Prozent. Doch über die Jahreswende drehte sich der Wind. In der 36 Köpfe starken Sylter Gemeindevertretung dominiert die CDU (14 Sitze). Die hatte einen eigenen Kandidaten aufgestellt. Doch Bernd Reinartz kam im ersten Wahlgang auf nur 17,9 Prozent und schied aus. Für die Stichwahl gaben die Christdemokraten keine Empfehlung an ihre Wähler ab. Eine Empfehlung für Häckel kam ohnehin nicht infrage, schließlich war er der Kandidat der Sylter Wählergemeinschaft (sieben Sitze) und der SPD (sechs). Und Pauli gelang es nicht, die CDU für sich zu gewinnen.

Auf den neuen Bürgermeister warten eine Menge Probleme

Die „rote Rebellin“ hatte mitbekommen, dass in der stärksten Fraktion der Gemeindevertretung ein paar schwarze Rebellen sitzen. Das wurmte sie offenbar. „Es gibt eine Gruppierung in der CDU, die partout nicht will, dass ich die Wahl gewinne“, sagte sie.

Nikolas Häckel punktete zuletzt mit seiner Herkunft. Er ist auf der Insel Sylt geboren. Auf seiner Homepage weist er darauf hin, dass sich seine Familie bis 1779 zurückverfolgen lässt. „Sylter Royal“ gewissermaßen – Inseladel. Nach der Ausbildung zum Diplom- Verwaltungswirt leitete er von 2000 bis 2003 die Bauverwaltungsabteilung im Westerländer Rathaus. Danach wechselte er nach Kronshagen in der Nähe von Kiel. Dort ist er bis heute Chef des Bauamtes.

Auf den neuen Verwaltungsleiter, der am 1. Mai seinen Dienst antreten wird, warten eine Menge Probleme. Fast alle ergeben sich aus der eigentlich erfreulichen Tatsache, dass der Tourismus auf der Insel boomt. Die Folge ist, dass die Immobilienpreise auf der Insel durch die Decke gehen. Viele Arbeitsplätze bleiben unbesetzt, weil die Mieten so hoch sind, dass sie einen Großteil des Lohnes auffressen. Viele Sylter ziehen aufs Festland und werden zu Pendlern, die jeden Tag zur Arbeit auf die Insel fahren. Mit anderen Worten: Sylt ist Opfer des eigenen Erfolgs.

Petra Reiber hatte vergebens versucht, dieses Problem zu lösen. Nun ist Nikolas Häckel dran. Keine leichte Aufgabe, aber der Job im Westerländer Rathaus hat auch angenehme Seiten. 6500 Euro brutto bekommt der Bürgermeister pro Monat, dazu gehört eine Sechs-Zimmer-Dienstwohnung am Strandübergang Himmelsleiter.