Ukraine-Konflikt: Kieler Appell gegen „Eskalation durch Worte“ gegenüber Russland

Kiel. Der Kieler Propst Thomas Lienau-Becker ärgert sich über die Wortwahl im Ukraine-Konflikt. Insbesondere wendet er sich gegen die Rede vom „bösen und immer aggressiven Russland“. „Es sorgt mich sehr, wie ein Feindbild Russland wieder hergestellt wird“, sagt Lienau-Becker. Nun hat der Theologe gemeinsam mit der parteilosen ehemaligen Wissenschaftsstaatssekretärin Cordelia Andreßen sowie dem Kieler Osteuropahistoriker Ludwig Steindorff den „Kieler Appell gegen die Eskalation durch Worte“ formuliert. Unterschrieben haben ihn Persönlichkeiten aus Kirche, Gesellschaft und Politik, adressiert ist er an Bundes- und Europapolitiker.

Auf der Unterzeichnerliste sind Vertreter der Linkspartei, Bündnis 90/Die Grünen, der Piraten, SPD und FDP bis hin zur AfD vertreten. Der Kieler Stadtpräsident Hans-Werner Tovar (SPD) hat wie auch der Präsident des Instituts für Weltwirtschaft, Professor Dennis Snower, und der DGB-Funktionär Frank Hornschu unterschrieben. 60 Unterstützer gibt es bislang.

Wörtlich wird vor „der Verschärfung des Feindbildes“ sowie „vor der Dämonisierung einzelner Handelnder“ gewarnt. Zwar wollten die Unterzeichner nicht das Handeln von EU, Nato und Russischer Föderation beurteilen oder der Ukraine Ratschläge erteilen, aber eine Politik unterstützen, „die versucht, durch eine Einbeziehung Russlands den Konflikt zu lösen“.

Lienau-Becker ist Propst im Kirchenkreis Altholstein, der sich von Henstedt-Ulzburg bis nach Kiel erstreckt. Im Vorfeld der Kieler Woche hatte er Position im Ukraine-Konflikt bezogen. Er forderte Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) erfolglos dazu auf, die Ausladung einer Fregatte der russischen Marine zurückzunehmen.