PuRen-Gruppe steigt bei insolventem Airport ein. Investor will den Flugbetrieb ausweiten, das Ziel ist eine Million Passagiere im Jahr

Lübeck. Der alte Eigentümer verschwindet von einem Tag auf den anderen, der neue zeigt sich bei seiner Vorstellung gar nicht erst: Die Geschichte des insolventen Flughafens Lübeck-Blankensee ist am Donnerstag um ein Kuriosum reicher geworden. Nach einem neuseeländischen Besitzer wird es nun noch ein bisschen exotischer. Die chinesische PuRen-Gruppe erwirbt Schleswig-Holsteins größten Verkehrsflughäfen.

Am Morgen waren die Verträge in einem Notariat in Hamburg unterzeichnet worden. Über den Kaufpreis wurde Stillschweigen vereinbart. Das sagte der Insolvenzverwalter Klaus Pannen bei einer Pressekonferenz in Blankensee. Der Investor will den Verkehrsflughäfen weiterführen und mindestens eine Million Fluggäste nach Lübeck holen. Insbesondere Reisende aus China, die über ein Drehkreuz wie beispielsweise Hamburg nach Blankensee kommen sollen. Offenbar ist auch an Medizintourismus gedacht, in Lübeck gibt es mit der Uniklinik ein renommiertes Krankenhaus. Am Airport sollen zudem zusätzliche Einkaufsmöglichkeiten entstehen. Eine Pilotenausbildung und die Ansiedlung von Wartungsbetrieben ist geplant. In Zusammenarbeit mit der chinesischen Tourismusbehörde sollen Ziele in Schleswig-Holstein erschlossen werden. Die PuRen-Gruppe hat ihren Sitz in Hongkong und verfügt nach Angaben von Pannen über ein Kapital von 660 Millionen Euro.

Lübecks Bürgermeister Bernd Saxe reagierte erleichtert: „Ich bin froh, dass es nach all dem Hin und Her um den Flughafen jetzt tatsächlich weitergeht.“ Der Investor will offenbar auch in die Pachtverträge mit der Hansestadt einsteigen und ist interessiert daran, das Flughafengelände zu erwerben. „Er beteiligt sich schon jetzt mit einem sechsstelligen Betrag an den Kosten des Flugbetriebs für den Monat Juli“, sagte Insolvenzverwalter Pannen. „Außerdem wird er alle 93 Beschäftigten des Flughafens übernehmen.“

Schon im August geht der Geschäftsbetrieb auf die PuRen-Gruppe über, die zu diesem Zweck eine deutsche Niederlassung gegründet hat: die PuRen Germany mit Sitz in Lauenburg. Den ersten öffentlichen Auftritt in Lübeck haben die Chinesen für die Bürgerschaftssitzung am 10. Juli geplant.

Klaus Pannen, der Insolvenzverwalter, sprach von einem Glücksfall. Bei einer Reise durch Deutschland hätten die Chinesen, die bereits im Bereich Luftfahrt tätig seien, den Flughafen interessant gefunden und sich bei ihm gemeldet. Die Verhandlungen hätten dann relativ schnell zu Ergebnissen geführt. Das Geschäft hat für die Gläubiger des insolventen Flughafens einen angenehmen Nebeneffekt. Dank des Kaufpreises, den die Chinesen zahlen und der sich im siebenstelligen Bereich bewegen soll, ist die Quote „relativ hoch“, so Pannen. Normalerweise bekämen Gläubiger drei bis vier Prozent des Betrages zurück, den sie fordern. „In diesem Fall wird es wohl eine zweistellige Quote geben“, so Pannen. „Wenn die Chinesen nicht gekommen wären, hätte der Flughafen Ende Juni dichtmachen müssen.“

In der Lübecker Politik ist der Flughafen mittlerweile wieder zum Streitfall geworden. Nach dem Ein-Euro-Ausverkauf an den deutsch-ägyptischen Kaufmann Mohamad Radyamar im Jahr 2012 hatte man geglaubt, sich des Problemkindes elegant und endgültig entledigt zu haben. Doch das war ein Irrtum. Radyamar versprach viel und hielt wenig. Der kleine Regionalairport ist seit Jahren nicht ausgelastet. Die Billigfluglinien Wizz Air und Ryanair nutzen ihn, allerdings nicht täglich. Maximal zwei Abflüge pro Tag werden heute gezählt. 360.000 Fluggäste waren es 2013, innerhalb von vier Jahren schrumpfte die Zahl um fast die Hälfte.

Daran konnte auch der angebliche Heilsbringer Radyamar nichts ändern. Im April machte er auf spektakuläre Weise den Abflug: Er verkaufte die Firma an einen „Firmenbestatter“ und wurde nie wieder gesehen. Das Amtsgericht Lübeck eröffnete das Insolvenzverfahren, am Flughafen übernahm der Hamburger Insolvenzverwalter Klaus Pannen das Kommando. Und der hat nun einen Käufer gefunden. Für die Stadt Lübeck ist das zweifellos eine gute Nachricht. Allerdings kommt es auf die Details an. Die Bürgerschaft will am 10.Juli bei einer Sondersitzung entscheiden, ob und zu welchen Konditionen der neue Eigentümer in den Pachtvertrag einsteigen kann.