Landespolitiker in Schleswig-Holstein wollen das Hundegesetz erneuern. Hundeführerschein soll Rasseliste ablösen. Derzeit läuft eine Anhörung der Interessenverbände.

Kiel. Einige Hundehalter in Schleswig-Holstein werden bald einen Hundeführerschein machen müssen. Und: Das Halten von Hunden wird erheblich teurer. Das sieht eine Gesetzesänderung vor, die die FDP-Landtagsfraktion plant. Derzeit läuft eine Anhörung der Interessenverbände. Mit einem Parlamentsbeschluss wird für Sommer kommenden Jahres gerechnet. „Das Gesetz könnte dann zum Jahresanfang 2015 in Kraft treten“, sagt der FDP-Landtagsabgeordnete Oliver Kumbartzky. Er ist einer der Initiatoren der Änderung. Vorbild ist das niedersächsische Hundegesetz, das seit Juli gilt.

Mit dem Führerschein soll auch eine Meldepflicht für Hunde eingeführt werden. Weil es sie bisher nicht gibt, gibt es auch keine verlässlichen Zahlen darüber, wie viele Hundehalter und wie viele Hunde in Schleswig-Holstein leben. Kumbartzky schätzt die Zahl der Tiere auf etwa 150.000. Nur ein Teil der Halter wird den Führerschein ablegen müssen. Diejenigen, die in den vergangenen zehn Jahren mindestens zwei Jahre lang einen Hund besessen haben, sollen von dieser Pflicht befreit werden.

Der Vorstoß der FDP trifft bisher auch bei SPD und Grünen auf Zustimmung. Unter anderem deshalb, weil mit der Neuregelung die sogenannte Rasseliste verschwinden würde. Für bestimmte als gefährlich geltende Hunderassen, umgangssprachlich Kampfhunde genannt, gilt in Schleswig-Holstein derzeit eine Maulkorbpflicht, für andere eben nicht. Mit anderen Worten: Gefährlichkeit ist eine Frage der Rasse, aber nicht eine Frage des individuellen Charakters. Kumbartzky: „Eine solche Liste ist wissenschaftlich nicht haltbar, das ist längst bekannt. Der wichtigste Punkt des neuen Gesetzes ist deshalb, dass diese Liste verschwindet.“

Folge davon ist allerdings auch, dass theoretisch jeder Hund zum Kampfhund erklärt und mit einem Maulkorb versehen werden kann. Um die Behörden in Gang zu setzen, reicht es laut Gesetzentwurf schon aus, dass ein Hund „eine über das natürliche Maß hinausgehende Kampfbereitschaft, Angriffslust, Schärfe oder eine in ihrer Wirkung vergleichbare, Mensch oder Tier gefährdende Eigenschaft, insbesondere Beißkraft und fehlende Bisslösung, besitzt“. Wenn ein Bürger einen solchen Hund der kommunalen Ordnungsbehörde meldet, muss die das Tier überprüfen. Ist es tatsächlich gefährlich, muss es einen Maulkorb tragen – egal, ob Pitbull, Pinscher ,Pudel oder Dackel. Der Halter muss das Tier entweder abgeben oder eine spezielle Erlaubnis beantragen. Um sie zu bekommen, wird der Hund einem Wesenstest unterzogen. Auch der Halter wird auf Herz und Nieren geprüft. Er muss unter anderem ein polizeiliches Führungszeugnis vorlegen. Sollte er in den zurückliegenden fünf Jahren schon einmal zu einer Geldstrafe von mehr als 50 Tagessätzen oder zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden sein, bekommt er die Erlaubnis nicht.

Eine Statistik des Innenministeriums zeigt, dass es im Zeitraum von Anfang Mai 2012 bis Ende April dieses Jahres 167 Beißattacken auf Menschen gegeben hat. Im Zeitraum davor waren es 149, im Zeitraum Mai 2010 bis April 2011 nur 145. Nur in wenigen Fällen hatte ein Vertreter der Rasseliste zugebissen – wohl deshalb, weil für die ein Maulkorbzwang herrscht.

In ersten Stellungnahmen haben die meisten Verbände und Vereine dem Gesetzentwurf zugestimmt. Der schleswig-holsteinische Tierschutzbund hält die Einführung eines Hundeführerscheins mit einer theoretischen und einer praktischen Prüfung allerdings für überzogen. „Die Forderung nach einer praktischen Prüfung und nach Auflagen zur Hundehaltung sollte auf Halter und ihre Hunde beschränkt werden, die als Gespann auffällig geworden sind“, sagt Holger Sauerzweig-Strey, der Vorsitzende des Tierschutzbundes.

Für die Hundehalter führt die Neuregelung auf jeden Fall zu erheblich höheren Kosten. Dabei haben sie im vergangenen Jahr schon 12.608.618 Euro an Hundesteuer an die schleswig-holsteinischen Kommunen überwiesen. Da kommt nun einiges hinzu. In Zukunft soll jedes Tier amtlich registriert werden. In Niedersachsen kostet das 14,50 Euro. Ferner muss eine Haftpflichtversicherung abgeschlossen werden, bislang ist das in Schleswig-Holstein nur für Gefahrhunde vorgeschrieben. Außerdem muss jedes Tier „gechipt“, also mit einem Computerchip unterm Fell identifizierbar gemacht werden.

Der Hundeführerschein wird wohl mehr als 200 Euro kosten. Das ist jedenfalls der Preis, der in Niedersachsen verlangt wird, wobei der größte Teil des Geldes für die praktische Prüfung draufgeht. Sie muss von einem zugelassenen Prüfer abgenommen werden. Oliver Kumbartzky findet, dass das akzeptabel ist. „Wenn man das auf die Lebensdauer eines Hundes umrechnet, dann relativiert sich das“, sagt er.

In Hamburg gibt es derzeit keine Pläne zur Einführung eines „Hundelappens“. Hier gilt nach wie vor ein Gesetz, das den Begriff des Gefahrhundes über die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Rasse definiert. Hamburger Hundehalter sind anders als die Nachbarn in Schleswig-Holstein bereits jetzt dazu verpflichtet, ihr Tier mit einem Mikrochip kennzeichnen zu lassen, eine Haftpflichtversicherung abzuschließen und die Anmeldung im Hunderegister vorzunehmen.