Wie in der Lüneburger Heide die Existenz des zweiten Nacktwanderwegs weltweit durch einen sprichwörtlichen Schildbürgerstreich in Gefahr geraten ist.

Undeloh. Albert Homann, 77, ehemaliger Landwirt, jetzt Hotelier des Smes-Hofs und Bürgermeister des 450-Seelen-Dorfes Undeloh, so richtig mittendrin in der Lüneburger Heide, bringt so schnell nichts aus der Ruhe. Auch nicht, dass jetzt plötzlich behauptet wird, „das ganze Dorf Undeloh würde sich inzwischen für seine Nackten schämen“ – genauer gesagt für den zweiten offiziellen Nacktwanderweg auf deutschem Boden, der vor gut einem Jahr mit ordentlich Presserummel eingeweiht wurde. „Und überhaupt“, sagt Homann, „betrifft das ja wohl eher die Gemeinde Wesel.“ Dort befinde sich schließlich der Einstieg ins nudistische (oder „naturistische“) Wanderparadies, wobei es sich, so Homann, auch nicht um einen 16, sondern lediglich um einen knapp zehn Kilometer langen Rundwanderweg handele. „Da wird ja immer so übertrieben“, sagt der Bürgermeister, „aber eins kann ich sagen: Wegen der paar Nackten kamen dieses Jahr im Sommer auch nicht mehr Touristen zu uns.“

Dies liegt vielleicht daran, dass einige Weseler und/oder Undeloher Scherzbolde die meisten Hinweisschilder auf dem Nacktwanderweg entfernt haben. Die Folge des Schabernack(t)s waren vereinzelte hüllenlose Wanderer, die sich verlaufen und das Leben auf einigen angrenzenden Bauernhöfen kurzfristig durcheinandergebracht hatten. „Wir haben damals die Initiative im Gemeinderat einstimmig durchgewunken, als die Klosterkammer und der Staatsforst, denen der betreffende Wald ja gehört, sich mit den Hamburger Nacktivisten über den Weg geeinigt hatten.“ Die Undeloher hätten keinen Einfluss auf die Streckenführung, beteuert der Bürgermeister, und verkürzen könnten sie den Nacktwanderweg auch nicht eigenmächtig. Zu konstatieren ist, dass sich das Wandern oben und unten ohne trotz mehr als 500 verschiedener FKK-Interessenvereine und -gruppierungen in Deutschland doch langsamer entwickelt als von den Naturisten erhofft. Im Ostharz bei Wippra entstand bereits im Jahre 2010 der erste Freikörperkulturparcour („Naturistenstieg“) der Welt. Dann zog Undeloh nach.

Zurzeit diskutieren jedoch mehrere Behörden, Waldbesitzer sowie die Polizei im brandenburgischen Trebbin die Einrichtung eines dritten Wanderwegs, auf dem „Natürlichkeit und Naturverbundenheit zum Fallenlassen der Hüllen motivieren. Freiheit und ein Gefühl der Entspannung, des Durchatmens stellt sich ein. Nach einigen Minuten fühlt es sich normal und natürlich an, nackt durch die Wälder zu wandern…“, heißt es unisono auf diversen Internetseiten sowie in Foren der Naturisten.

„Wir in Trebbin versprechen uns vom Nacktwandern mehr Fremdenverkehr“, sagt Beate Rantzsch vom Tourismusamt der Stadt, „schon beim ersten Testlauf hatten wir 85 Teilnehmer.“ Sie vermutet, dass diese Begeisterung damit zusammenhängen könne, dass die Freikörperkultur in der ehemaligen DDR einen besonders hohen gesellschaftlichen Stellenwert genoss. „Hinweisschilder müssen natürlich sein“, sagt Beate Rantzsch, „weil Missverständnisse vermieden werden müssen, wenn mal nur ein einzelner Nackter unterwegs ist.“ So heißt es auch in Wippra: „Willst du keine Nackten sehen, darfst du jetzt nicht weitergehen!“ Was für Undeloh und Wesel bedeutet, den Nacktwanderweg unbedingt wieder korrekt auszuschildern.