Rader Hochbrücke muss vier Monate saniert werden. Reinhard Meyer will klären, was falsch gemacht worden ist. Schleswig-Holsteins Verkehrsminister spricht von „Pfusch am Bau“.

Kiel/Rendsburg. Während die Autofahrer oben Gas wegnehmen müssen, geben die Arbeiter unten Gas: Die marode Rader Hochbrücke steht vor weiteren Stautagen. Am vergangenen Wochenende war die Autoschlange auf der A 7 in Richtung Norden 25 Kilometer lang. Die Brücke über den Nord-Ostsee-Kanal ist so stark beschädigt, dass nur noch eine Spur pro Richtung befahrbar ist. Lastwagen dürfen gar nicht mehr rauf. Seit Dienstag bekommen die 28 Pfeiler des fast 1500 Meter langen Bauwerks nun nach und nach ein Stahlkorsett. Die „Korsettstangen“ werden in Sonderschichten gefertigt. Auch im Kieler Verkehrsministerium arbeitet man daran, die viermonatige Reparaturzeit irgendwie erträglicher zu gestalten. Denkbar ist zum Beispiel, dass je nach Fortgang der Arbeiten schon bald wieder zwei Spuren pro Fahrtrichtung geöffnet werden. „Das werden die Fachleute entscheiden zu haben“, sagt Landesverkehrsminister Reinhard Meyer (SPD) dem Hamburger Abendblatt. Und dann gibt es noch einen Vorschlag aus der Speditionswirtschaft: Der Rendsburger Kanaltunnel wird für den Privatverkehr geschlossen und bleibt dem Wirtschaftsverkehr vorbehalten.

Minister Meyer sagt dazu: „Die für den Kanal zuständige Wasser- und Schifffahrtsdirektion prüft das zurzeit, aber mich überzeugt es noch nicht.“ Für die Pendler und den normalen innerstädtischen Verkehr sei die Schließung des Tunnels ein Nachteil. Meyer: „Wir wollen vernünftige Lösungen für alle Beteiligten finden.“

Thomas Rackow, Geschäftsführer des Logistikverbands in Schleswig-Holstein, verteidigt den Vorschlag. „In dieser Situation müssen alle Verkehrsteilnehmer Opfer bringen“, sagt er. „Eine Trennung der Verkehrsströme brächte uns Vorteile. Könnten wir mit unseren Lastwagen den Kanaltunnel allein benutzen, blieben uns Staus und lange Umwege erspart.“ Die Röhren werden derzeit saniert, pro Fahrtrichtung gibt es nur eine Spur. Die Umleitungsempfehlungen der Polizei sparen deshalb den Tunnel aus. Die Lastwagenfahrer sollen zwei Routen weit im Osten und Westen des Landes nutzen und den Kanal entweder in Kiel oder zwischen Itzehoe und Heide queren. „Das ist ein Riesenumweg“, sagt Rackow, dessen Verband 550 Firmen mit insgesamt 3000 Lastwagen vertritt. Wegen der längeren Fahrzeit rechnet er pro Lkw und einfacher Tour mit zusätzlichen Kosten von 70 Euro.

Sollte sich die Situation nicht verbessern, erwägt der Logistikverband auch eine Klage. „Schließlich bezahlen wir Straßenmaut, da können wir auch eine ordentliche Infrastruktur verlangen“, sagt Rackow. Die Klage müsste sich gegen den Bund richten. Der zieht die Maut ein und ist auch für die Rader Hochbrücke zuständig, denn sie ist Teil der Bundesautobahn 7.

Die Rader Hochbrücke wurde 1992 fertiggestellt. Dass die Schäden an dem relativ jungen Bauwerk so groß sind, hat den Verkehrsminister überrascht. Immerhin soll es eigentlich 80 bis 100 Jahre halten. Meyer spricht von „Pfusch am Bau“. „Wir werden jetzt klären lassen, ob damals etwas falsch gemacht worden ist.“ Im Jahr 2009 hatte die Stahlbalkenbrücke die turnusgemäße Generaluntersuchung relativ gut überstanden. Es wurden leichte Schäden festgestellt, die beseitigt werden sollten.

Die Ausschreibung verlief allerdings ohne Erfolg. Meyer: „Es war keine Firma zu finden, die die Arbeiten übernehmen wollte.“ Eine erneute Ausschreibung war notwenig. Die Firma, die den Auftrag ergatterte, stellte jetzt die schweren Schäden fest. Schäden, die die sofortige Sperrung für Lastwagen ab 7,5 Tonnen unumgänglich machten. Meyer will auch der Frage nachgehen, warum die erste Ausschreibung nicht geklappt hat. „Wäre damals der Auftrag vergeben worden, hätten wir wohl früher gewusst, wie ernst es um die Brücke steht“, sagt er.

Aber das ist Vergangenheitsbewältigung. Für die Autofahrer gilt es erst einmal, dieses Wochenende zu überstehen. Lothar Gahrmann, Pressesprecher des Landespolizeiamtes, rechnet mit ähnlich langen Staus wie am vergangenen Wochenende. „In Schleswig-Holstein gehen die Ferien zu Ende, in Dänemark ist Bettenwechsel. Es wird voll auf der A 7.“ Er empfiehlt deshalb auch den Pkw-Fahrern, in Richtung Norden über Kiel zu fahren, von dort auf der B 76 über Eckernförde und Schleswig wieder auf die A 7. Die gute Nachricht: Die Baustelle bei auf der B 76 bei Fleckeby ist beseitigt worden. Richtung Süden geht es ab Flensburg über die B 200 nach Husum und dann zur A 23. „Das dauert zwar etwas länger. Aber du fährst wenigstens und stehst nicht im Stau“, sagt Gahrmann.