Streit ums Kind: Die wegen Mordversuchs verurteilte Lokalbesitzerin lässt Tochter bei ihrem Ex-Partner abholen. Liebe und Hass, Mordversuch und Brandstiftung gehören zu dem Altländer Krimi um das Traditionslokal Herbstprinz.

Jork. Ein weinendes Kind drückt sich an seinen weinenden Vater. Gerichtsvollzieher und Polizei sind nach Osterjork gekommen, um die siebenjährige Tochter des ehemaligen Herbstprinz-Pächter abzuholen und der Mutter zu übergeben. So hat es der Buxtehuder Amtsrichter Norbert Aping verfügt. Es ist ein weiteres Kapitel in einer Tragödie, vor allem für das Mädchen. Liebe und Hass, Mordversuch und Brandstiftung gehören zu dem Altländer Krimi um das Traditionslokal Herbstprinz und seine einstigen Wirtsleute, Sandra T. aus Bergedorf und Andreas S. aus Hamburg. Zwischen den Fronten ihrer bis aufs Blut verfeindeten Eltern steht die gemeinsame Tochter.

Das siebenjährige Kind wurde am Donnerstag aus seinem Lebensumfeld mit Schule und Freunden in Jork genommen und der Mutter übergeben.

Seit Sandra T. im Mai 2012 wegen des Verdachts, mit ihrem Liebhaber ein Mordkomplott gegen ihren 15 Jahre älteren Partner und Vater des gemeinsamen Kindes geschmiedet zu haben, verhaftet wurde, war das kleine Mädchen in der Obhut seines Vaters.

Wirtin Sandra T. hatte mit ihrem Liebhaber, dem Koch Marc W., vier Männer vom Hamburger Kiez angeheuert, um den Vater ihres Kindes aus dem Weg zu räumen und mit ihrem Liebhaber den "Herbstprinz" allein zu führen. Sie wurde 2012 als Drahtzieherin und Mittäterin des missglückten Mordkomplotts zu 15 Monaten Haft auf Bewährung verurteilt.

In einem erbitterten Sorgerechtsstreit zog sie nun alle Register. Laut Gerichtsurteil habe ein Gutachten einer Kinderpsychologin ergeben, dass das Kind eine gestörte Beziehung zum Vater habe. "Ich sei in meiner Opferrolle gefangen und daher als Vater ungeeignet", stehe in dem Gutachten, so der aufgelöste Vater, der gegen das Urteil Beschwerde eingelegt hat. Weil sie noch nicht an das Oberlandesgericht Celle weitergeleitet wurden, wurde der erste Beschluss mit Gerichtsvollzieher, Polizei und einer Vertreterin des Jugendamts vollzogen.

Andreas S. sieht sich von der Justiz doppelt gestraft. "Mein Pech war offensichtlich, dass ich die Mordattacke überlebt habe", sagt er. Seit jener Nacht, als er im Schlaf überfallen wurde und laut Urteil des Stader Landgerichts der Liebhaber von Sandra T. auf ihn eingestochen haben soll, fühlt S. sich von Richtern benachteiligt. "Die Täter des Mordkomplotts konnten sich über milde Strafen freuen und nach dem Prozess nach Hause gehen", sagt der 54-Jährige.

Er sei hingegen immer wieder in den Fokus der Justiz geraten. Seine Ex bezichtigte ihn, er habe sie im Gericht mit Mord bedroht, und verklagte ihn. "Obwohl außer Sandra und ihrer Schwester weder Wachleute noch andere Anwesende etwas gehört hatten, hielt der Richter ihre Aussagen für glaubhaft", schildert S. Als das Jorker Traditionslokal "Herbstprinz" abbrannte, wurde gegen Andreas S. wegen Brandstiftung ermittelt. "Das Verfahren wurde eingestellt", sagt der Stader Staatsanwalt Burkhard Vonnahme.

Auch das Traditionshaus "Altländer Hof" brannte nieder. Besitzerin der beiden Gasthäuser war Sandra T., die als Strohfrau für ihren Ex-Partner die Immobilien erworben und dann an die Gastronomiefirma von Andreas S. langjährig verpachtet hatte. Gebrannt hatte es am 25. Juli 2011, gerade als Sandra T. und ihre Mordkomplott-Komplizen für einige Tage aus der Untersuchungshaft auf freiem Fuß waren. Der "Herbstprinz" brannte exakt ein Jahr nach der Mordattacke auf Andreas S. nieder.

Sandra T. meldete im Sommer 2011 Insolvenz an. Insolvenzverwalter Christian M. Scholz aus Hamburg hat nun nur noch Schutt und Asche zu vermarkten, was neue Probleme in der Herbstprinz-Affäre bringt. Der Jorker Gemeinderat hatte nämlich verfügt, dass die Immobilien wieder so aufgebaut werden müssen, dass sie wie die abgebrannten Gebäude ins Ortsbild passen. Das erschwert eine partielle Vermarktung der großen Flächen am Altländer Hof. Und auch für das Herbstprinz-Areal lassen sich nur schwer Investoren finden, solange Andreas S. von seinem vertraglich zugesicherten Wohn- und Nutzungsrecht des Nebengebäudes Gebrauch macht. Dieser Vertrag war auf 30 Jahre geschlossen.

Die Zwangsversteigerung des Altländer Hofs war für den 10. August 2011 anberaumt, wurde wegen des Feuers aber abgesagt. Sandra T. hat den historischen Altländer Hof von 1758 im Jahr 2008 ersteigert, aber nie bezahlt. Wie ihr Insolvenzverwalter berichtet, gehört er nun mit dem Gelände des Herbstprinzes, der im Frühjahr 2012 ebenfalls unter noch ungeklärten Umständen abbrannte, zur Insolvenzmasse. Mittlerweile ist der Herbstprinz-Prozess abgeschlossen. Im Gegensatz zu Sandra T.s Insolvenzverfahren.