Beim Milchviehbetrieb Engelbrecht dreht sich alles um den Komfort der Tiere. Die Folge: Sie geben doppelt so viel Milch.

Bokholt-Hanredder. Geht es dem Tier gut, freut sich der Mensch. Auf diese einfache Formel lässt sich die Land- und Viehwirtschaft auf dem Hof von Heidi und Dierk Engelbrecht bringen. Das Ehepaar, das auf seinem 130 Hektar großen Hof in Bokholt-Hanredder bei Elmshorn 220 Milchkühe hält, hat sich ganz dem Kuhkomfort verschrieben. Das heißt, der Betrieb ist so strukturiert, dass sich das Vieh wohlfühlt. "Jeder Kuh geht es hier besser als auf den meisten anderen Bauernhöfen", sagt Engelbrecht.

Das fängt bereits beim Stall an. "Früher war der dunkel und miefig, aber heute ist er offen und hell", sagt Peer Jensen-Nissen, Geschäftsführer des Kreisbauernverbandes Pinneberg, dem 700 Bauernhöfe und 400 Milchviehbetriebe angehören. Er meint damit, dass der Viehstall Engelbrechts an den Längsseiten keine Wände mehr hat. Die meiste Zeit sind die Kühe also praktisch im Freien. Nur das Dach schützt sie vor Regen oder Schnee. Somit herrschen auch im Stall derzeit eisige Temperaturen.

"Das macht den Kühen nichts aus", sagt Engelbrecht. Im Gegenteil. "Sie fühlen sich so viel wohler als im dunklen Stall, der nach Ammoniak stinkt. Nur für den Melker ist es jetzt nicht mehr so bequem." Wenn es kälter als fünf Grad minus wird, fährt Engelbrecht eine Plastikwand elektrisch herunter. "Sonst friert das Wasser ein."

Ständige Frischluft sei das Beste für seine Viecher, sagt der Landwirt und verweist stolz auf die hohe Leistungsfähigkeit und Lebensdauer seiner Rinder. Gut 6000 Liter Milch geben sie jeden Tag. Im Jahr sind es mehr als zwei Millionen. Seine Top-Ten-Kühe bringen locker 10.000 Liter Milch pro Jahr und 100.000 Liter im Laufe ihres Lebens. Dieser Super-Milchkühe geben zehn Jahre lang Milch, zwei- bis dreimal so viel wie normalerweise. "Das allein zeigt, wie gesund sie sind und wie gut es ihnen geht", sagt Engelbrecht. Kränkelt ein Tier, wirkt sich das sofort negativ auf die Milchproduktion aus.

Gemolken wird zweimal am Tag. Um 5.45 Uhr und um 16 Uhr. Zwei Stunden dauert es, bis alle 220 Rinder durch sind. Das Abpumpen der Milch geht vollautomatisch. "Nur das Ansetzen des Geschirrs und das Reinigen des Euters sind noch reine Handarbeit."

Der Kreisbauernverband hatte eigens auf den engelbrechtschen Hof nach Bokholt eingeladen, um darzustellen, dass ein großer landwirtschaftlicher Betrieb nicht unbedingt schlecht für Mensch und Tier sein muss. "Sobald irgendwo ein neuer Stall gebaut werden soll, ist von Massentierhaltung und Agrarindustrie die Rede", sagt Verbandsvorsitzender Lars Kuhlmann. Beispiele dafür sind allein im Kreis Pinneberg die Erweiterungspläne von Landwirten in Osterhorn, Borstel-Hohenraden und Bönningstedt, die alle am Widerstand der örtlichen Bevölkerung scheiterten, weil diese "Agrarfabriken" angeblich die öffentliche Gesundheit gefährdeten.

Davon kann bei Engelbrechts keine Rede sein. "Schon mein Vater Johann war in den 1980er-Jahren einer der Ersten im Kreis Pinneberg, die auf den Kuhkomfort Wert gelegt und einen Laufstall errichtet haben." Das hat sein Sohn Dierk fortgesetzt, der 1998 den Betrieb übernahm und 2006 von 120 auf 220 Kühe vergrößerte. Eine Million Euro investierte er in den Betrieb. Keines seiner Viecher ist angebunden. Alle können sich frei im 42 mal 34 Meter großen und zehn Meter hohen Stall bewegen, sofern das bei dieser Anzahl möglich ist. "Aber die Ruhe im Stall beweist, wie friedlich es unter den Rindern zugeht."

Zum Wohlfühlklima der Kühe tragen auch die "Matratzen" aus weichen Strohballen in den Liegeboxen bei. Das sei ganz wichtig für die Milchkühe, schließlich verbringen sie zwei Drittel des Tages im Liegen, sagt Engelbrecht. "Eine Kuh liegt zwar den ganzen Tag, aber sie schläft nur etwa eine Stunde." Die meiste Zeit, 16, 17 Stunden lang, käut sie das getrocknete Gras und Mais wieder, die sie gefressen hat.

An zwei elektrischen Kuhbürsten kann sich die Kuh selbstständig schubbern und das Fell pflegen. Die Maschine springt an, sobald die Kuh die Bürste berührt. Der Boden ist rutschfest und durchlöchert, sodass Jauche und Kuhmist hindurchrutschen.

Um all das kümmern sich die zwei Generationen, die hier zusammen auf dem Hof leben, und zwei feste Helfer. "Die Agrarpolitiker wünschen sich immer kleine ökologische Betriebe", sagt Dierk Engelbrecht. "Aber mit den meisten Gesetzen beschleunigen sie nur den Strukturwandel."