Die SPD wirft der Verwaltungschefin einen “manipulierten Prüfbericht“ vor. Oststeinbeker machen sich jetzt für eine Abwahl stark.

Oststeinbek. Am Anfang hatte alles so gut ausgesehen für die neue Oststeinbeker-Verwaltungschefin Martina Denecke (parteilos). In einer Stichwahl hatte die damals 40-Jährige das Rennen um das Bürgermeisteramt in der 8000-Seelen Gemeinde im Süden des Kreises Stormarn gemacht. 51,76 Prozent der abgegeben Wählerstimmen brachten der Kandidatin von CDU und FDP den Sieg im zweiten Wahlgang. Jetzt kämpfen beide Fraktionen mit Unterstützung der SPD und der Oststeinbeker Wählergemeinschaft (OWG) gegen die früher als Verwaltungsfachwirtin der Deutschen Rentenversicherung tätige Frau aus Hemmingen bei Hannover. Unterstützt werden sie dabei von mehr als 1800 Oststeinbekern, die innerhalb von nur einer Woche das erforderliche Quorum zu einem Abwahlverfahren übertrafen.

Am Freitag erreichte der Konflikt um Denecke seinen vorläufigen Höhepunkt. Per aufsichtsbehördlicher Weisung wurde die Bürgermeisterin ultimativ angewiesen, einen von ihr veränderten Gemeindeprüfbericht über die Situation in ihrer Verwaltung von der Internetseite der Gemeinde zu nehmen. Denecke habe den Bericht nicht so, wie von der Gemeindevertretung beschlossen, "sondern durch Hinzufügen von diversen Vermerken, Notizen etc. abgeändert". Das sei nicht zulässig.

"Ich habe solch ein Verhalten noch nie erlebt", sagt Stormarns Landrat Klaus Plöger über diesen Vorgang, der auch bei den Oststeinbeker Kommunalpolitikern für Empörung sorgt. Die von Denecke ins Internet gestellte Fassung war um etliche Seiten länger als die 124 Seiten lange Originalfassung der Gemeindeprüfer der Kommunalaufsicht Stormarn. An verschiedenen Stellen wurden dem Bericht handschriftliche Vermerke, hausinterne E-Mails und sogar vertrauliche Aktennotizen von der Oststeinbeker-Verwaltungschefin zugefügt. "Die Veröffentlichung des ursprünglichen Prüfberichts wurde von der Gemeindeversammlung beschlossen", sagt Landrat Plöger. "Danach haben weder ein Landrat noch eine Bürgermeisterin das Recht, etwas am Bericht zu verändern."

Der Hintergrund: Im Januar 2012 traten Unregelmäßigkeiten auf. Daraufhin wurde eine Vollprüfung anberaumt. Dabei wird die gesamte Gemeindeverwaltung hinsichtlich Struktur, Abläufen und Personalwesen auf Herz und Nieren geprüft - ein Vorgang, dem sich Gemeinden in der Regel alle fünf Jahre unterziehen müssen. Der Bericht wurde dem Hauptausschuss der Gemeindevertretung am 28. November 2012 in einer nicht-öffentlichen Sitzung präsentiert. "In einer direkt anschließenden Sondersitzung haben wir einstimmig die Empfehlung an die Gemeindevertretung ausgesprochen, diesen Bericht, so wie er ist, zur Veröffentlichung freizugeben", erinnert sich Hans-Joachim Vorbeck (CDU), stellvertretender Bürgermeister von Oststeinbek.

Grund für die Eile: die Brisanz des Berichts. Denn darin bestätigten die Prüfer, was viele Oststeinbeker schon lange vermuteten. Die Mitarbeiterführung der Bürgermeisterin sei demotivierend, schaffe Misstrauen und Verunsicherung, Rechte des Personalrats würden beschnitten und zahlreiche andere Rechtsverstöße im Umgang mit Mitarbeitern sorgten für Krankmeldungen und sogar Kündigungen.

Dementsprechend einstimmig war das Urteil in der Gemeindevertretersitzung am 3. Dezember. "So schnell wie möglich veröffentlichen", forderten die Kommunalpolitiker. Doch die in der Nacht zu Freitag veröffentlichte Fassung des Prüfberichts beschäftigt nun die Kommunalaufsicht in Stormarn. "Man könnte die Änderungen durchaus als rechtswidriges Verhalten ansehen", so Tim Woidtke, stellvertretender Leiter der kommunalen Aufsichtsbehörde. Welche Konsequenzen dieses "ungewöhnliche Verhalten" nach sich ziehe, sei noch nicht klar. In Absprache mit dem Innenministerium Schleswig-Holsteins bekam Martina Denecke per E-Mail die Dienstanweisung, "diese Fassung so schnell wie möglich von der Seite zu nehmen." Sie enthält auch einen Vermerk von Woidtke an Denecke, der der Bürgermeisterin dringend rät, "auch im eigenen Interesse - die korrekte Version unter Beachtung der datenschutzrechtlichen Vorgaben unverzüglich zu veröffentlichen".

Für Vize-Bürgermeister Hans-Joachim Vorbeck stellt die veränderte Fassung des Berichts "ganz klar den Versuch einer Täuschung" dar. Der CDU-Politiker sei von der ehemaligen Spitzenkandidatin seiner Partei bitter enttäuscht. "Wir wollten am Anfang, dass sie Erfolg hat. Aber sie hat nie einen Rat angenommen." Wenn ihr die fachliche Kompetenz gefehlt hätte, hätte sie noch dazulernen können. "Aber daran lag es nicht." Als das Klagen der Verwaltungsmitarbeiter immer lauter, die krankheitsbedingten Ausfälle im Rathaus immer häufiger und die Forderung nach einer Abwahl immer lauter wurden, reagierte die Gemeindevertretung. Am Donnerstag, 13. Dezember, wird in einer Sondersitzung über das Abwahlverfahren abgestimmt.

Als "besonders grotesk" bezeichnet Irene Kastner von der Oststeinbeker SPD die Veröffentlichung des veränderten Prüfberichts. Besonders verwerflich für die Sozialdemokraten sei: "Ein Hinweis auf die durchgeführten Manipulationen fehlt gänzlich."

Warum Martina Denecke diese Änderungen in dem offiziellen Prüfbericht vorgenommen hat, ist unklar. Für eine Stellungnahme war die Bürgermeisterin am Freitag nicht zu erreichen. Der Bericht jedenfalls war am Freitag gegen 16 Uhr von der Homepage der Gemeinde verschwunden.