Schwarz-gelbe Koalition scheitert mit einem Antrag auf Verfassungsänderung in Niedersachsen

Hannover. 39 Euro beträgt derzeit der Schuldenzuwachs des Landes Niedersachsen pro Sekunde. Nach einer Stunde und 50 Minuten - oder umgerechnet rund 257 400 Euro - ist gestern im Landtag in Hannover der Versuch gescheitert, diese Entwicklung verbindlich zu stoppen - durch eine Verfassungsänderung mit Festlegung auf einen genauen Zeitpunkt für ein Ende der Schuldenmacherei.

Als die Regierungsparteien CDU und FDP am Nachmittag gegen 16.50 Uhr mit dem entsprechenden Antrag scheiterten, zeigte die Schuldenuhr des Bundes der Steuerzahler ein Defizit von 59 648 592 382 Euro an - Tendenz weiter steigend. Anderthalb Jahre haben CDU und FDP einerseits und SPD und Grüne andererseits darum gerungen, die Schuldenbremse des Grundgesetzes verbindlich und konkret für die Landesverfassung umzusetzen, wie es in den Nachbarländern längst geschehen ist.

Weniger als vier Monate vor der Landtagswahl am 20. Januar machte Ministerpräsident David McAllister (CDU) gestern keinen Hehl daraus, dass er mit dem ehrgeizigen Ziel des Verzichts auf neue Schulden bereits 2017 im Wahlkampf punkten will. Er warf den Oppositionsparteien eine Verweigerungshaltung vor und erinnerte sie an Umfragen, in denen jeweils eine breite Mehrheit für den Schuldenstopp plädieren: "Das Thema bleibt auf der Agenda und das, was Sie hier heute abgeliefert haben, wird Ihnen noch leidtun."

SPD-Oppositionsführer Stefan Schostok dagegen meldete - wie nach ihm Redner von Grünen und Linksfraktion - Zweifel an den Berechnungen der schwarz-gelben Landesregierung an. Diese gehe in den kommenden Jahren von einer ungebrochenen Konjunktur und entsprechend sprudelnden Steuereinnahmen aus.

Die Oppositionsparteien setzen deshalb auf einen weniger steilen Abbaupfad für neue Schulden bis 2020. Schostok versprach: "Wir werden konsolidieren, aber unsere Sozialstandards werden wir nicht kaputtsparen." Der FDP-Fraktionsvorsitzende Christian Dürr dagegen hielt der SPD vor, sie verweigere sich auch wegen teurer Wahlkampfversprechen der Verantwortung: "Sie fühlen sich nicht dem Land verpflichtet, sondern dem Oberbürgermeister von Hannover." Das zielte auf den SPD-Landesvorsitzenden und SPD-Spitzenkandidaten Stephan Weil, der je nach Kassenlage auch die Studiengebühren in Niedersachsen abschaffen will.

In der von Wahlkampf geprägten Debatte sagte Dürr: "Lieber eine schwarze Null 2017 als ein Kabinett Weil mit roten Nullen im nächsten Jahr." In einem Abstimmungsmarathon scheiterte die Verfassungsänderung ebenso sowie verschiedene Oppositionsanträge, die zum Ziel hatten, die Kommunen besser vor Kürzungen ihrer Mittel durch das Land zu schützen. Am Ende beschlossen CDU und FDP das Ende der Neuverschuldung 2017 mit einer einfachen Änderung des Haushaltsgesetzes. Diese Zielsetzung könnte ein neuer Landtag, bei Änderung der Mehrheitsverhältnisse bei der Wahl am 20. Januar, rückgängig machen.