Serie Meer-Sommer, Teil 2: St. Peter-Ording Neue Hotels und Spitzenküche verjüngen den Ort

St. Peter-Ording. Der Sand muss dein Freund sein, sagen die Menschen in St. Peter-Ording. Das gleiche gilt für den Wind, der über den zwei Kilometer breiten Strand fegt. Wer Sand und Wind akzeptiert, vielleicht auch mag, bekommt dafür einen fantastischen Horizont und unendliche Weiten auf der zwölf Kilometer langen, vor den Ortsteilen Ording, Bad, Dorf und Böhl vorgelagerten Sandbank. Dort stehen die Pfahlbauten, die Wahrzeichen des Heil- und Schwefelbads an der Nordsee. Heilbad hört sich ein wenig altmodisch an, dabei weht längst - auch im übertragenen Sinn - frischer Wind durch den Ort. Moderne Hotels, der Ausbau der Dünentherme und Sportveranstaltungen sollen junge Menschen begeistern.

Je nach Windverhältnissen muss die Gemeinde einmal in der Woche mit schwerem Gerät anrücken, das andere Orte im Winter zum Schneeschieben einsetzen, und Wege von Sandverwehungen befreien. Einer, der wegen des Windes von Ilsede bei Hannover aus für drei Tage an die Nordsee gefahren ist, ist Sven Meier. Der 26-Jährige läuft im Neoprenanzug über den Strand und wirkt abgekämpft. Das liegt daran, dass er gerade draußen auf dem Meer windsurfen war. "Ich hatte eine zuverlässige tolle Welle", sagt er und freut sich. Drei Tage lang wird er mit Freunden im VW-Bus bleiben und sein Auto direkt auf den Strand fahren dürfen - auch dafür ist St. Peter-Ording bekannt. Typisch ist es auch, beim Wegfahren mit dem Wagen im Sand steckenzubleiben. Vor allem dann, wenn es längere Zeit trocken war. Zum Glück stehen häufig die Söhne der ortsansässigen Landwirte mit ihren Treckern bereit, um die Autos aus dem Sand zu ziehen. Diese Abschleppaktionen kosten um die 30 Euro.

Es sind Leute wie Sven Meier, für die viel getan wird in dem 4300-Einwohner-Ort. Im Ortsteil Ording entsteht das Beach Motel. Die Fertigstellung ist für Ende des Jahres, Anfang des kommenden Jahres geplant. Das Motel soll mit seiner Architektur an die Holzhäuser der US-Ostküste erinnern. Dort können Surfer und Kiter gegen eine Stellgebühr in ihren Bullis übernachten und die Annehmlichkeiten des Hotels nutzen. Mit dem Mief der 60er- und 70er-Jahre-Architektur, die zum Beispiel durch den Betonklotz mit dem Namen "Luv und Lee" in Bad noch vertreten ist, hat das amerikanisch angehauchte Beach Motel nichts zu tun. Genauso wenig wie die Sansibar Arche Noah auf einem der 18 Pfahlbauten.

Sankt Peter, wie die meisten sagen, oder die etwas affektierte Variante SPO, hat sich herausgeputzt. 43 Millionen Euro wurden in den vergangenen zehn Jahren in die touristische Infrastruktur gesteckt, unter anderem in die 1058 Meter lange Seebrücke, in das knallrote Veranstaltungszentrum Dünen-Hus, in die Promenade mit Wasserspielplatz und Heckenlabyrinth. Die Dünentherme, die ein bisschen in die Jahre gekommen ist, wird für zwölf Millionen Euro bei laufendem Betrieb modernisiert und unter anderem mit einer Turborutsche ausgestattet, mit der es im freien Fall acht Meter hinab geht. Im Frühjahr 2014 soll alles fertig sein.

"Wir wollen ein junges Publikum ansprechen, die Surferszene", sagt Werner Domann, Marketing- und Veranstaltungsleiter. Die Hälfte der jährlich 250 000 Besucher, die hier übernachten, sind Stammgäste, um die übrigen muss sich der Marketingchef bemühen. "Wir versuchen mit Veranstaltungen zu punkten", so Domann. Dazu gehörte zum Beispiel in diesem Jahr zum ersten Mal ein Beach-Polo-Turnier, außerdem startet der Triathlon- und Halbmarathon "Gegen den Wind" am heutigen Sonnabend, und in gut einer Woche, am 6. Juli, beginnt der Beetle Kitesurf-Worldcup, das größte Kitesurf-Ereignis der Welt.

Jede Menge los also. Wer es ein bisschen weniger trubelig mag abseits der Strände in Ording und Bad, sollte mal in Axel Kirchners Strandhütte am Strand in St. Peter-Dorf vorbeischauen ( www.die-strandhuette.de ). Inmitten einer grünen Marschlandschaft hat der 45-Jährige im vergangenen Jahr eine maritime Strandbar mit Restaurant und Café eröffnet. Früher war dort Lottis Kajüte und später die Strandburg. Koch Axel Kirchner hat den Pfahlbau liebevoll saniert und erweitert. 20 Jahre lang hat der gebürtige Norddeutsche, der in Sankt Peter aufgewachsen ist, in der Schweiz gekocht und gelebt, hatte dort im Kanton Luzern ein eigenes Restaurant mit gehobener Küche. Jetzt ist sein Traum vom Restaurant mit Meerblick wahr geworden an einem Platz in der ersten Reihe. "Es gibt nicht viele Orte in Europa, wo das noch möglich ist, an solch einem Ort ein Restaurant neu zu eröffnen."

Axel Kirchner fühlt sich als Pionier. Sankt Peter wache auf, sagt er: "Bis vor fünf Jahren hat Ording noch geschlafen." Nun bringt er erstklassige Küche an den Strand. Sein Kochstil: "Auf ein Maximum reduziert", sagt er. Das kann Fisch auf Risotto sein, ohne Drumherum. Sein Bruder Uwe hatte ihn zurück in den Norden geholt. Uwe Kirchner ist Unternehmer, hat das Café Köm im Ort eröffnet und baut die Strandbar 54 Grad Nord um, auch ein Pfahlgebäude. Fertigstellung ist für das Frühjahr 2013 geplant.

Eine Sansibar, ein schickes BeachMotel, Beach Polo - das wirkt auch ein bisschen verschnöselt, Sylt-mäßig. Keine Sorge: "Wir werden unseren Charakter behalten", sagt Boy Jöns. Der 49-Jährige ist nicht nur Bernsteinschleifer und Leiter des Bernsteinmuseums, sondern auch Bürgervorsteher von St. Peter-Ording. Die Gemeinde sei auf einem eigenen Weg Richtung Moderne, sagt er. Das geht auch ohne Schickimicki.