Grüne beklagen wegen der Abwerbeversuche der Windenergiemesse “Pfeffersack-Mentalität“, Jost de Jager sieht “Frontalangriff“

Kiel. Mehr hehre Worte als reale Fortschritte: Die viel beschworene Kooperation zwischen Schleswig-Holstein und Hamburg droht in schwieriges Fahrwasser zu geraten. Mehrere Landtagsfraktionen warnten vor dem heutigen Beginn der dreitägigen Landtagssitzung vor Rückschlägen. Die härteste Kritik kam von den Grünen: Die Kooperation, die Hamburg schon immer mit langen Fingern angefasst habe, sei völlig ins Stocken gekommen, sagte Fraktionschef Robert Habeck. Unter Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) schlage die "pfeffersäckische Mentalität" immer wieder durch.

Habeck rügte besonders die Hamburger Pläne für eine eigene Windenergiemesse als Konkurrenz zur weltgrößten Messe dieser Art in Husum. "Uns das wegnehmen zu wollen ist ein massiver Angriff auf die Wirtschaftsinteressen Schleswig-Holsteins." Die Grünen brachten sogar einen Dringlichkeitsantrag ein, um über das Thema zu debattieren.

Scholz und der Hamburger Senat dürften sich nicht wie die Axt im Walde benehmen, befand Habeck. Ein Nordstaat scheitert aus seiner Sicht schon daran, dass Hamburg einen Bürgermeister habe, "der zwischen sich und der Sonne keine weitere Ebene mehr kennt". Schleswig-Holstein sei aber nicht das Hinterland Hamburgs. Der Norden habe als Region nur gemeinsam eine Chance.

FDP-Fraktionschef Wolfgang Kubicki mahnte zur Gelassenheit, betonte aber die Notwendigkeit einer engen Zusammenarbeit beider Länder, die voneinander abhängig seien. "Wir können ohne Hamburg zwar leben, aber nicht gut. Hamburg kann ohne Schleswig-Holstein gar nicht leben."

Wirtschaftsminister Jost de Jager (CDU) hatte die Hamburger Windmessepläne zulasten Husums als Frontalangriff auf die Zusammenarbeit zwischen beiden Ländern bezeichnet und Konsequenzen für die Wirtschaftsförderung angedroht. Der CDU-Fraktionsvorsitzende Johannes Callsen nannte es sehr befremdlich, dass Hamburg Kooperationschancen auch im Kleinen nicht nutze, wie es möglich wäre.

Beginnen wird die dreitägige Landtagssitzung mit einer Aktuellen Stunde zu Folgen aus dem Scheitern des sogenannten CCS-Gesetzes im Bundesrat. Das Gesetz sollte es ermöglichen, in Deutschland das Klimagas Kohlendioxid unterirdisch zu speichern, zugleich aber den Ländern die Möglichkeit geben, dies auf ihren Territorien zu verhindern. Angesichts heftigen Widerstands in Gebieten, die dafür infrage kommen, sind im Norden alle Parteien gegen die Anwendung dieser Technik.

Kubicki sagte voraus, ein neues Gesetz werde keine Länderklausel mehr enthalten. Deren Verankerung sei diesmal nur in einer besonderen Konstellation gelungen. Auf Bundesebene sei eine Mehrheit gegen eine solche Klausel. Callsen gab sich nicht ganz so skeptisch wie Kubicki, meinte aber auch, es werde schwierig, eine Länderklausel zu bekommen.