Landesrechnungshof rügt die Kreise Pinneberg und Herzogtum Lauenburg wegen deren Schuldenlast. Auch Stormarn und Segeberg untersucht.

Pinneberg. Die Kreise Pinneberg und Herzogtum Lauenburg sind in ihrer Existenz gefährdet. Das ist das Fazit eines noch nicht veröffentlichten Prüfberichts des Landesrechnungshofs, der dem Abendblatt vorliegt. Die Prüfer prophezeien den beiden Kreisen "erhebliche finanzielle Schwierigkeiten". Diese sind offenbar nicht dadurch zu lösen, dass Verwaltungsabläufe vereinfacht werden. "Prozessoptimierungen", heißt es in dem Bericht, "werden nicht annähernd die aufgezeigten Deckungslücken schließen können."

Welches Mittel helfen würde, verschweigt der Rechnungshof nicht: Eine Kreisgebietsreform müsse "ernsthaft angegangen werden". Pinneberg und Herzogtum Lauenburg müssten mit erfolgreicheren Kreisen fusionieren, verlören also ihre Selbstständigkeit. Pinnebergs Landrat Oliver Stolz erklärt die Lage so: "Dass der Kreis finanziell so schlecht dasteht, hat auch damit zu tun, dass er sehr stark bei der Sozial- und Jugendhilfe belastet ist."

Die Kontrolleure des Landesrechnungshofs sind derzeit dabei, die Leistungsfähigkeit der elf schleswig-holsteinischen Kreise unter die Lupe zu nehmen. Acht Kreishäuser haben den Besuch schon hinter sich, drei vor sich.

+++ Umzug der Kreisverwaltung kostet 1,9 Millionen Euro +++

Der Landesrechnungshof hat offenbar wenig Hoffnung, dass es den Kreisen Pinneberg und Herzogtum Lauenburg gelingen könnte, in den kommenden Jahren von ihren Schuldenbergen herunterzukommen. Bis zum Jahr 2014 wird die Liquiditätslücke in Pinneberg auf 123 Millionen Euro, im Kreis Herzogtum Lauenburg auf 99 Millionen Euro anwachsen. Ursache: Die Einnahmen, die im laufenden Verwaltungsgeschäft erzielt werden, decken die Ausgaben nicht. Jahr für Jahr wächst das Etatloch. Fast resignierend konstatieren die Prüfer: "Die Analyse der finanziellen Lage mittels verschiedenster Bilanzkennzahlen, um finanzielle Risiken ausfindig zu machen, erübrigt sich bei diesen Aussichten."

Der aktuelle Prüfbericht, der sich im Wesentlichen mit den Kreisen Stormarn, Segeberg, Pinneberg und Herzogtum Lauenburg befasst, gibt Einblick in eine Vielzahl kleiner und großer Sünden, streicht aber auch Gelungenes heraus. So hat Stormarn die Kindertagespflege "vorbildhaft" organisiert, und im Kreis Herzogtum Lauenburg funktionieren die Musikschulen mit einem Minimum an staatlichen Zuschüssen.

Weniger schön sieht es in anderen Bereichen aus, zum Beispiel bei den Personalkosten der Kreisverwaltungen. Auch da spielt Pinneberg eine unrühmliche Rolle. Eine Stelle kostet im Schnitt 57 477 Euro, in Segeberg sind es nur 53 622 Euro. "Eine Reduzierung auf den Durchschnitt der Kreise könnte zu einer jährlichen Ersparnis von bis zu 1,47 Millionen Euro führen", schreiben die Prüfer.

Hinzu kommt: Trotz der hohen Personalkosten werden teilweise schlechte Ergebnisse erzielt. Bei der Bauaufsicht haben die Kontrolleure zum Beispiel festgestellt: "Der Kreis Pinneberg weist überdurchschnittliche Bearbeitungszeiten beim Bauvorbescheid und deutlich längere Bearbeitungszeiten als die Kreise Stormarn und Segeberg bei allen Baugenehmigungen auf."

+++ Der Kreis kann einpacken +++

Für einen Bauvorbescheid brauchte die Segeberger Kreisverwaltung im Schnitt der Jahre 2005 bis 2008 exakt 7,5 Wochen, in Pinneberg dauerte es zwölf Wochen. Bauanträge waren in Segeberg nach acht Wochen beschieden, in Pinneberg nach 10,7 Wochen.

Eingehend hat sich der Landesrechnungshof mit den sogenannten Kassenkrediten beschäftigt. Das ist kurzfristig geliehenes Geld, das eigentlich nur dazu dienen soll, die ständige Zahlungsfähigkeit der Kreise zu sichern. Aber da ist etwas aus dem Ruder gelaufen. Im Kreis Herzogtum Lauenburg bestand 2009 fast ein Viertel der Schulden aus Kassenkrediten. In Pinneberg waren es gut 15 Prozent. Nur Stormarn kam ganz ohne solche Kredite aus. Die Gefahr ist: Sollten die derzeit niedrigen Zinsen für solche Kredite ansteigen, wird die Verschuldung rasant anwachsen. Schon eine einprozentige Zinsanhebung würde den Pinneberger Schuldenberg um 1,2 Millionen Euro anwachsen lassen.

Am Ende bleiben trotz vieler Zahlen und vergleichender Tabellen auch viele Fragen offen. Fragen, für die auch der Landesrechnungshof keine Antworten gefunden hat. Warum lässt sich der Kreis Segeberg bei seinen Kreditgeschäften nur von einer Bank beraten, statt mehrere Angebote einzuholen? Warum muss die Leiterin der Musikschule Segeberg keinen Unterricht geben, während die anderen Leiter in den bereits geprüften Kreisen dies doch offenbar tun müssen? Weshalb kostet die Genehmigung einer Baumfällaktion im Kreis Pinneberg 25 Euro, im Kreis Stormarn aber 125 Euro?

Die Kreistagsabgeordneten haben noch viel Arbeit.

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