Fast alle Hamburger Schlecker-Frauen haben bereits bei der Gesellschaft unterschrieben, doch Niedersachsen sieht Bürgschaft skeptisch.

Hamburg. Auf der Betriebsversammlung der Hamburger Schlecker-Frauen herrschte gestern große Verständnislosigkeit für das Gebaren der Politik und das Gezerre um eine Bürgschaft für die insolvente Drogeriekette. Einige Mitarbeiterinnen seien in Tränen ausgebrochen, es gab sogar "psychische Zusammenbrüche", berichtete Ver.di-Gewerkschaftssekretärin Katharina Sehne.

+++Zukunft von Schlecker-Mitarbeitern weiter unklar+++

Die meisten Bundesländer - darunter auch Hamburg - hatten zwar schon zugesagt, die für einen KfW-Kredit nötige Bürgschaft von 71 Millionen Euro mittragen zu wollen. Doch vor allem aus Niedersachsen, Hessen und Sachsen kamen Zweifel an den Zahlen, die das baden-württembergische Wirtschaftsministerium vorgelegt hatte. Sie gehen auf eine Studie von Wirtschaftsprüfern von PricewaterhouseCoopers zurück. Diese bescheinigt Schlecker schlechte Überlebenschancen, kommt jedoch zu dem Ergebnis, dass eine Bürgschaft "noch vertretbar" sei.

+++Hamburg will für Schlecker-Kredit mit rund 900.000 Euro bürgen+++

Niedersachsen und Sachsen gaben dennoch kein grünes Licht für einen Kredit. Niedersachsens Wirtschaftsminister Jörg Bode (FDP) sagte, es sei "schon erstaunlich, dass ein Kreditantrag vorgelegt wurde, in dem Zahlen enthalten sind, die mit den uns vorgelegten Unterlagen in Teilen nicht zur Deckung zu bringen sind". Obwohl Insolvenzverwalter Arndt Geiwitz feste Zusagen bis gestern gefordert hatte, verzögert sich der Prozess. Opposition und Gewerkschaften in Niedersachsen sprachen sich für eine schnelle Entscheidung zugunsten Schleckers aus.

Unterdessen haben rund 90 Prozent der 110 in Hamburg betroffenen Mitarbeiterinnen einen Vertrag bei der Transfergesellschaft unterschrieben. Sie soll ihnen durch Umschulungen den Weg in einen anderen Job ebnen. In den vergangenen Tagen herrschte große Unsicherheit über die Verträge. Einige Frauen fürchteten, bei Nichtzustandekommen der Transfergesellschaft eine Kündigung ohne Rechtssicherheit unterschrieben zu haben. "Das wird nicht der Fall sein. Sollte die Transfergesellschaft nicht gegründet werden, gibt es gewöhnliche betriebsbedingte Kündigungen", sagte Sehne. Ver.di hatte dazu eine Bestätigung von Insolvenzverwalter Arndt Geiwitz eingefordert.

Die Wut der Frauen bei der Betriebsversammlung richtete sich vor allem gegen die Führungsspitze. Viele nannten die Kommunikation ihres Unternehmens mangelhaft. "Oft konnte man zuerst aus der Presse von neuen Entwicklungen erfahren. Die Frauen wurden teilweise von besser informierten Kunden vor den Kopf gestoßen", sagt Sehne. Lob gab es dagegen für das Bekenntnis der Hamburger Politik zur Bürgschaft. Unterdessen mahnte Insolvenzverwalter Geiwitz, dass ein Scheitern der Bemühungen um eine Transfergesellschaft auch den Verkauf der ganzen Drogeriekette erschwere. "Wenn es keine Transfergesellschaft gibt, kommen laut Fachleuten Tausende von Kündigungsschutzklagen auf Schlecker zu."