Ole West aus Wedel, Maler der Schiffe, der Möwen und der Leuchttürme, ist seit einigen Wochen Botschafter der Deutschen Seemannsmission.

Wedel. Von außen ist es ein schmuckloses Bürogebäude, Architekturtristesse der 1970er-Jahre, doch hinter der Tür eröffnet sich eine ganz andere Welt: ein großer Raum mit Arbeitstischen, auf denen sich Batterien von Pinseln und Stiften, Tuschkästen und Farbtöpfchen, Gläsern und Tuben drängen, dazu Regale mit Papierbögen, Büchern, Spielzeugen. Ein nostalgisches Papiertheater aus Kopenhagen, mehrere Staffeleien mit und ohne Bild und eine kleine Druckpresse, an den Wänden zahllose Plakate mit maritimen Motiven und allerlei Fotos sowie zwei originale Rettungsringe. "Swaart Aant/Norderney" steht auf dem einen, "Batavia/Wedel" auf dem anderen. Damit sind die beiden wichtigsten Stationen im Leben des Künstlers Ole West markiert, der hier, an der Wedeler Hafenstraße, sein Atelier hat. Und wenn er mal ein richtiges Schiff sehen will, muss er nur vor die Türen treten, denn die Elbe fließt in wenigen Hundert Metern vorbei.

Aber Schiffe hat er ohnehin im Kopf, seit er als kleiner Junge an der Elbe gespielt und den vorbeifahrenden Pötten nachgeträumt hat. "Ich bin nur 100 Meter von hier aufgewachsen, direkt an der Elbe. Der Fluss war mein Spielplatz. Da gab es noch breite Schilfgürtel, im Schulauer Hafen löschten Fischkutter ihren Fang, und die Schiffe, die damals auf der Elbe vorbeifuhren, sahen noch aus wie richtige Schiffe", sagt Ole West mit leiser Wehmut. Natürlich malt er heute auch moderne Containerschiffe, doch die sollten dann möglichst verrostet sein. Schiffe, aber auch Leuchttürme, Seefahrts- und Strandmotive bestimmen sein Leben und tauchen in immer neuen Variationen auf fantasievollen Bildern auf.

+++ Ole West ist Pate fürs Strandbad +++

+++ Künstler Ole West ist neuer Botschafter für Seeleute +++

Schon als Kind hat der heute 58-Jährige mit Leidenschaft gemalt, später Zeichenunterricht genommen und in Hamburg Malerei und Buchillustration studiert. Seit 1982 arbeitet er als freischaffender Maler und Zeichner. 25 Jahre hat er auf Norderney gelebt, doch vor mehr als drei Jahren ist er dorthin zurückgekehrt, wo alles begann: an die Elbe in Wedel.

Erst seit ein paar Wochen hat West ein neues Amt, ist ehrenamtlicher Botschafter der Deutschen Seemannsmission. "Die haben mich angerufen und gefragt, ob ich das für ein Jahr machen würde. Da habe ich Ja gesagt", erzählt er schmunzelnd und räumt ein, dass er bis heute noch nicht so genau weiß, was er als Botschafter konkret zu tun hat. Aber "Stimme der Seeleute" zu sein, das findet er schon gut. Und wenn es darum geht, auf das schwierige und manchmal recht einsame Leben an Bord aufmerksam zu machen, ist Ole West auch dabei. Seefahrtsromantik? Er schüttelt den Kopf: "Das ist eine Erfindung von Landratten. Das Leben auf See ist in Wahrheit sehr hart", sagt der Maler, der zwar nie Seemann gewesen ist, aber oft an Bord war. Zunächst als Schiffsjunge, später immer wieder als Mitreisender. Wenn Ole West wählen müsste, würde er lieber Kapitän oder Leuchtturmwärter werden? "Kapitän natürlich, erstens reise ich mit Vorliebe und sammle gern Eindrücke von fernen Ländern, und außerdem habe ich großen Respekt vor der Einsamkeit eines Leuchtturmwärters. Das traue ich mir wirklich nicht zu", sagt der Künstler, auf dessen Bildern aber auch viele Leuchttürme zu finden sind.

Die Liebe zum Meer sei ihm angeboren, aber als Marinemaler sieht er sich nicht. Es geht ihm nicht darum, Schiffe detailreich und dokumentarisch darzustellen, sondern eher spielerisch, fantastisch und manchmal auch ein wenig versponnen. Ole West geht oft recht frei mit Perspektiven und Größenverhältnissen um. Gern nutzt er Seekarten, um seine Seezeichen, Windjammer, Kutter oder Frachter darauf zu malen. Poetisch sind seine Bilder und atmosphärisch, manche wirken träumerisch, und wenn seine Schiffe Fahrt aufnehmen, stellt sich bei vielen Betrachtern zwangsläufig jenes Quantum Fernweh ein, das zumindest die Fantasie auf eine weite Reise schickt. Kein Wunder, dass Ole Wests Bilder sehr populär sind. Seine Bücher, Bilder, Postkarten und Poster werden erfolgreich vom Tidenhub-Verlag vertrieben, dessen Geschäftsführerin Ehefrau Elke ist. Er hat in vielen deutschen Städten ausgestellt, aber auch in den Niederlanden, in Großbritannien und sogar in New York.

Und was hat sich der Botschafter der Deutschen Seemannsmission für 2012 vorgenommen? Das sei keine leichte Frage, meint er nachdenklich. Um zu entscheiden, was er im neuen Amt zum Wohl der Seeleute so alles tun kann, will er sich demnächst erst einmal mit seiner Vorgängerin, der Krimiautorin Sandra Lüpkes, besprechen. Ansonsten ist sein Terminkalender aber schon prall gefüllt. Gleich drei neue Buchprojekte hat er derzeit in Arbeit, eines davon ist Wedel gewidmet. "Ich glaube, ich habe manche Perspektiven und Ansichten in der Stadt gefunden, die man kaum kennt", sagt Ole West, der außerdem eine ganz besondere Ausstellung vorbereitet. Sie wird am 16. November im Wedeler Rathaus eröffnet - als einer der Höhepunkte des 800-Jahr-Jubiläums, das die holsteinische Stadt 2012 ganzjährig feiert. Die Grafiken, Zeichnungen, Aquarelle und Ölbilder mit Schiffen und Fischen, mit Stadtansichten und Elblandschaften, mit Wind und Wolken unter einem stets weiten Himmel sind dann in opulenter Fülle zu besichtigen - als ein Geburtstagsgeschenk des Künstlers an seine alte und neue Heimatstadt.

Informationen über den Künstler finden Sie auf seiner Homepage www.olewest.de