Beim Mehrgenerationen-Wohnprojekt Max-B in Altona planen 14 Bewohner in einem Forum gemeinsame Aktionen. Als Nächstes ein Sommerfest.

Jung und Alt gemeinsam unter einem Dach, so wie es früher häufig üblich war: Funktioniert das heute auch? "Und ob das funktioniert!", sagt Ingrid Lempp. Die 74-Jährige hat vor sechs Jahren eine 60 Quadratmeter große Eigentumswohnung im Mehrgenerationen-Wohnprojekt "Max-B" an der Max-Brauer-Allee bezogen. Mit ihr im Haus leben 14 Erwachsene und bis zu sieben Kinder. Insgesamt sind es etwa 200 Menschen, die in den neun Häusern des Wohnprojekts eine bunt durchmischte Nachbarschaft bilden. "Wir haben eine wunderbare Gemeinschaft. Wir sind füreinander da und helfen uns gegenseitig, wir packen gemeinsam an, wenn es mal etwas zu tun gibt, wir diskutieren und feiern aber auch miteinander", schwärmt Ingrid Lempp. Sie genießt es, die Kinder der Nachbarschaft aufwachsen zu sehen, sie und andere Nachbarn zum Geburtstag zu überraschen. Vor allem aber gefällt es der alleinstehenden Grafikerin, nicht allein zu sein: "Das tut unheimlich gut!"

Gemeinsam mit Mitbewohnern hat Ingrid Lempp das Forum Max-B ins Leben gerufen. Einmal im Monat kommen Vertreter aus allen Häusern zusammen, um Aktuelles zu besprechen. Gerade wurde die Fassade verschönert und zu einer Galerie mit bunten Kunstwerken umgewandelt. Neuestes Projekt ist das anstehende Sommerfest. Bei den gemeinsamen Aktivitäten wird immer wieder klar, dass unterschiedliche Fähigkeiten, Fertigkeiten und Vorlieben Synergieeffekte ergeben, von denen alle profitieren. "Eine Voraussetzung dafür ist allerdings, dass sich die Bewohner in das Gemeinwesen einbringen und dass sie Spaß an der Gemeinschaft haben", erzählt Lempp.

Mittlerweile interessieren sich immer mehr ältere Menschen für generationenübergreifende Wohnprojekte, die das Zusammenleben von Jung und Alt ermöglichen. Auch in Hamburg wächst die Zahl der Hausgemeinschaften. "Der Trend liegt vor allem darin begründet, dass diese Wohnform die Wünsche an ein aktives, selbstbestimmtes Leben im Alter widerspiegelt. Die meisten älteren Menschen wollen nicht isoliert sein", sagt Elke Rochow vom Verein Wohngemeinschaft Jung und Alt, der seit 1980 Projekte gemeinschaftlichen Wohnens für Jung und Alt initiiert. Außer dem Max-B wurden bereits Projekte in Rahlstedt, Ottensen, Flottbek und Eimsbüttel umgesetzt.

Einer, der in Mehrgenerationenhäusern und -hausgemeinschaften eine Alternative zu Altenwohnanlagen sieht, ist auch der Hamburger Zukunftsforscher Horst W. Opaschowski. "Lebensqualität bis ins hohe Alter: Wahlverwandtschaften und soziale Konvois" lautet ein Zukunftstrend, den er definiert hat. Dem Service-Wohnen beziehungsweise generationenübergreifenden Wohnkonzepten mit Serviceangeboten werde die Zukunft gehören, so seine feste Überzeugung. Damit erlebt der Gedanke der Wahlfamilie eine Renaissance. "Gemeinsam statt einsam heißt das Wohn- und Lebenskonzept der Zukunft", ist sich Opaschowski sicher. Auch der Pflegeanbieter Pflegen & Wohnen Hamburg hat sich das generationenübergreifende Konzept auf die Fahnen geschrieben, bislang allerdings nur in einer abgespeckten Version. An vier Standorten wurde eine Kita an eine Pflegeeinrichtung angeschlossen, ein weiterer Standort am Holstenhof in Jenfeld wird noch in diesem Jahr eröffnet. Im Alltag zeigt sich die Kooperation in Form von Veranstaltungen und Aktivitäten, die von Kindern und Senioren gemeinsam durchgeführt werden. "In sich abgeschottete Senioreneinrichtungen gehören der Vergangenheit an", ist Johannes F. Kamm, Geschäftsführer von Pflegen & Wohnen Hamburg, überzeugt. "Wir wollen Generationen zusammenbringen, weil sie sich gegenseitig bereichern."

Viele Bauträger und Vereine bieten heute Projekte für das Zusammenleben der Generationen an. Das können Neubauten, aber auch modernisierte Altbauten sein. Damit das gemeinsame Wohnen wirklich konfliktfrei funktioniert, müssen Architekten und Bauherren bei der Planung die unterschiedlichen Bedürfnisse der zukünftigen Bewohner berücksichtigen. Dabei sollten Mehrgenerationenprojekte grundsätzlich so gestaltet werden, dass das gemeinschaftliche Wohnen genauso gefördert wird wie der störungsfreie Rückzug in die eigenen vier Wände. Darüber hinaus ist es empfehlenswert, die für Senioren vorgesehenen Wohnungen barrierefrei zu planen. "Der Komfort-Gedanke sollte dabei stets im Vordergrund stehen", rät Karin Dieckmann vom Verein Barrierefrei Leben.

Breite und schwellenlose Übergänge zwischen den Räumen, rutschfeste Bodenbeläge, bodengleiche Duschen, höhenverstellbare Hängeschränke und Arbeitsplatten oder Schubladen in der Küche mit ausziehbaren Schüben, die wie von selbst wieder verschwinden, seien allerdings nicht nur für die Lebensqualität älterer, weniger beweglicher Menschen sinnvoll. Karin Dieckmann: "Im Alltag zeigt sich immer wieder, dass diese und viele andere für Senioren konzipierte Lebenshilfen auch für junge Familien viele Vorteile bedeuten. Wenn es um Komfort geht, dann bestehen zwischen den Generationen gar nicht so viele Unterschiede, wie manche zu wissen glauben."