Serie Mietrecht, 4. Teil: Da die Rechtsprechung nicht eindeutig ist, sollten Mieter vorab Rat einholen

Nach dem Gesetz ist eine Wohnung mangelhaft, "wenn sie einen Fehler hat, der ihre Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch aufhebt, oder wenn ihr eine zugesicherte Eigenschaft fehlt oder wenn eine solche Eigenschaft später wegfällt". Die Höhe der Mietminderung richtet sich dann nach dem Umfang der Beeinträchtigung des Mieters.

Berechnet wird grundsätzlich auf Basis der Bruttomiete, das heißt inklusive der Betriebs- und Heizkosten. Typische Mängel in der Praxis sind Schimmel, Lärmstörungen in der Nachbarschaft, Flächenabweichungen, schwarz-graue Ablagerungen (Fogging) sowie undichte Fenster. In der abgebildeten Tabelle lässt sich ersehen, in welcher Höhe die Gerichte eine Minderung der Miete für angemessen erachtet haben. Sie bietet aber nur eine grobe Orientierung. Im konkreten Fall sollte man sich von Experten beraten lassen.

Ohnehin ist der Mieter gehalten, einen Mangel unverzüglich dem Vermieter anzuzeigen, damit dieser Abhilfe schaffen kann. Unterlässt der Mieter dies, ist sein Mietminderungsrecht ausgeschlossen, wie der Bundesgerichtshof entschied (BGH, VIII ZR 125/11). Dies gilt auch, wenn der Mieter den Mangel bei Vertragsabschluss kannte oder dieser ihm wegen grober Fahrlässigkeit unbekannt blieb und der Vermieter ihn nicht arglistig verschwiegen hat. Außerdem, wenn der Mieter trotz Kenntnis des Mangels es unterlässt, sich seine Rechte vorzubehalten.

Eine Minderung wegen verborgener Mängel ist aber nicht ausgeschlossen, selbst wenn der Mieter die Räume "wie besichtigt" übernommen hat.

Beim Fogging ist es äußerst problematisch zu klären, wer Schuld an der Schwärzung trägt. Da ein Verschulden für eine Mietminderung aber grundsätzlich nicht erforderlich ist, kann die Miete entsprechend dem Umfang der Beeinträchtigung gekürzt werden.

Ist die Mietsache mangelhaft, steht dem Mieter neben dem Minderungsrecht auch nach § 320 BGB (Einrede des nicht erfüllten Vertrages) ein Zurückbehaltungsrecht zu. In der Regel kann er das Drei- bis Fünffache des Minderungsbetrages so lange einbehalten, bis der Vermieter die notwendigen Reparaturmaßnahmen durchgeführt hat. Der einbehaltene Betrag muss dann an den Vermieter nachbezahlt werden. Außerdem stehen dem Mieter folgende weitere Gewährleistungsrechte zur Seite: Aufwendungsersatz bei Verzug des Vermieters, Schadensersatz, außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund soweit die Gewährleistung nicht ausgeschlossen ist. Die genannten Rechte stehen grundsätzlich nebeneinander. Auch kann der Anspruch des Mieters auf Mängelbeseitigung während der Mietzeit nicht verjähren (BGH vom 17.02.2010, VIII ZR 104/09).

Nicht immer sind Mängel für die Rechtsprechung eindeutig und begründen eine Mietminderung, wie folgende Beispiele aus der Praxis belegen: Eine Mobilfunkanlage, die in der Nähe einer Wohnung installiert wird, bedeutet in der Regel keinen Mangel, jedenfalls dann nicht, wenn die entsprechenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften beachtet worden sind (BGH vom 15.03.2006, VIII ZR 74/05).

Bleibt die tatsächliche Wohnfläche mehr als zehn Prozent hinter der vertraglichen Vereinbarung zurück, so steht dem Mieter in der Regel ein Minderungsrecht zu. Unerheblich ist dabei, ob die Wohnfläche im Mietvertrag mit dem Zusatz "ca." angegeben wurde oder ein großer Garten sowie Hausrat mitvermietet ist (BGH vom 2.3.2011, VIII ZR 209/10). Die Minderung wird auch hier auf Grundlage der Bruttomiete berechnet. Vermieter sollten sich in Konsequenz dieser Rechtsprechung vor der Vermietung über die tatsächliche Wohnfläche und deren Berechnungsgrundlage informieren oder aber die Wohnung durch einen Sachverständigen ausmessen lassen. Andernfalls sollte im Mietvertrag gänzlich auf die Angabe einer Wohnfläche verzichtet oder aber ein deutlicher Hinweis aufgenommen werden, dass die Angabe der Wohnfläche nicht zur Festlegung des Mietgegenstandes dient (BGH vom 10.11.2010, VIII ZR 306/09).

Weicht die im Mietvertrag angegebene Wohnfläche von der tatsächlichen Größe mehr als zehn Prozent ab, so ist bei der Abrechnung der Betriebskosten sowie bei der Miethöhe die tatsächliche Fläche zugrunde zu legen. Diese Rechtsprechung gilt auch zugunsten des Vermieters: Ist die Wohnung mehr als zehn Prozent größer als vereinbart, kann ihm nicht zugemutet werden, sich weiter an der vertraglich vereinbarten kleineren Wohnungsgröße zu orientieren (BGH, VIII ZR 138/06).

Die Autorin ist Fachanwältin. Die von ihr veröffentlichte Broschüre " Eine Wohnung mieten - aber wie?" ist nach Ablauf dieser Serie beim IVD-Nord, Büschstraße 12, kostenlos erhältlich.