Alle zwei Jahre prämiert der Bund Deutscher Architekten realisierte Entwürfe von Büro- und Wohnhäusern in der Hansestadt

Hamburg. Wer Hamburgs schönste und qualitätsvollste Bauten sehen will, muss an die Elbe und nach Harburg fahren. Dort stehen drei Gebäude, die beim BDA Hamburg Architektur Preis 2010 jeweils mit einem ersten Preis ausgezeichnet wurden: Die Columbia Twins ² des Hamburger Architekten Carsten Roth an der Großen Elbstraße, das Unilever-Haus in der HafenCity, entworfen von Behnisch Architekten Stuttgart, und der von Professor Jörg Friedrich, PFP Architekten entworfene Elbcampus Harburg, das Kompetenzzentrum der Handwerkskammer.

Der Bund Deutscher Architekten Hamburg (BDA) vergibt diesen Preis alle zwei Jahre. 2010 wurden Architekten und Bauherren zum sechsten Mal mit diesem Ehrenpreis ausgezeichnet. Dieser habe sich zu einer Instanz in Hamburg entwickelt und rege die Hamburger an, sich mit der modernen Architektur in der Hansestadt auseinanderzusetzen, hob die Stadtentwicklungssenatorin Anja Hajduk hervor. Karin Loosen, die Vorsitzende des BDA Hamburg, stellte in ihrer Rede fest, dass die Architektur in der Hansestadt wieder hamburgisiert worden sei. In den vergangenen Jahren sei Hamburg in den Fokus von internationalen Investoren geraten, die Häuser gebaut hätten, die erkennbar sehr hoch gewesen seien. Diese Investoren seien weitergezogen, und die Architektur in Hamburg orientiere sich wieder am Maßstab der Stadt.

Diese Maßstäblichkeit zeichnet auch die drei ausgezeichneten Gebäude aus. Keines trumpft durch Höhe oder massive Größe auf. Im Gegenteil, sie wollen nicht auf den ersten Blick gefallen, sondern erkundet werden. Die Jury unter Vorsitz der Architektin Dörte Gatermann nahm diesen Anspruch ernst. Sie besuchten jedes nominierte Gebäude, da sie sich anhand der schon anzusehenden Architekturphotos kein abschließendes Urteil bilden wollten.

Dass man Architektur nur vor Ort wirklich erfahren kann, zeigte sich bei den Columbia Twins² von Carsten Roth, der den BDA Architektur Preis in diesem Jahr zum dritten Mal erhielt. Nach der Begehung des Gebäudes wurde der Jury klar: Carsten Roth hat mit diesem golden glänzenden Gebäuden nicht nur den Raum inszeniert, sondern sich auch den freien Raum der Elbe mit ihrem ungehinderten Sonnenlauf zunutze gemacht, um Licht, Schatten und Farben zum Teil der Architektur zu machen. Je nach Tageszeit und Witterung schimmert das Haus in anderen Farbtönen.

Zum Betrachten lädt auch das Unilever-Haus mit seiner neuartigen, folienüberspannten Fassade ein. Bei diesem Gebäude gefiel der Jury zudem, dass es der Öffentlichkeit zugänglich ist. Verschiedene Perspektiven eröffnen sich auch den Besuchern des Elbcampus Harburg. Das Gebäude wirke wie eine lichtdurchflutete kleine Stadt mit Plätzen, Wegen und Innenhöfen, wenn man es betrete, befand die Jury.

Waren unter den ersten Preisträgern nur Büro- und Schulgebäude, wurden die fünf zweiten Preise ausschließlich an Wohnbauten vergeben. Darunter Neubauten wie die am Billebad in Bergedorf (Böge Lindner Architekten), das Home4 (BRT Architekten) und das Oval (ingenhoven architects), beide am Kaiserkai in der HafenCity.

Mit dem "Haus am Park" (gr. Foto, splendid_architecture) in Blankenese wurde eine Villa ausgezeichnet, die im März 2009 fertiggestellt wurde und 380 m² Wohnfläche bietet. Das Büro Helmut Riemann Architekten erhielt einen Preis für die Neugestaltung des Reemtsma Park Ensemble, in dem ehemalige Bürogebäude zu Wohngebäuden umgewandelt wurden. Ein Thema, dem sich auch der am darauffolgenden Tag verliehene Architektur-Preis "Zukunft im Bestand" widmete. Ihn erhielt das Büro Blauraum für die Treehouses Bebelallee. Wohngebäude aus den 50er- Jahren waren durch eine Holzkonstruktion aufgestockt worden.

Auch unter den neun dritten Preisträgern hatte sich ein Büro mit dem Thema Bauen im Bestand auseinandergesetzt. Renner Hainke Wirth Architekten hatten die ehemaligen Pferdeställe der Wandsbeker Husaren zu Wohnungen umgebaut, ergänzt durch Geschoss- wohnungsneubau. Drei andere Architekten wurden für ihre Neubauten ausgezeichnet: Carsten Lorenzen APS für die Fischershöfe in Ottensen, Antonio Citterio Patricia Viel and Partners srl für ein Haus in der HafenCity, in dem Wohnen und Arbeiten unter einem Dach kombiniert wird und Carsten Roth für das Brahmsquartier zwischen Kaiser-Wilhelm-Straße und Caffamacherreihe. Dieses war unlängst auch als "Bauwerk des Jahres 2010" ausgezeichnet worden. Die übrigen Bauten, die mit dritten Preisen ausgezeichnet wurden, waren - mit einer Ausnahme - Geschäfts- und Schulbauten: das Bürohaus Hohe Bleichen 11 (gmp Architekten von Gerkan, Marg und Partner), das Eppendorfer Centrum (BRT Architekten LLP Bothe Richter Teherani), die Katharinenschule in der HafenCity (Spengler Wiescholek) und das UKE Universitätsklinikum (J. Mayer H. Architekten mit Sebastian Finckh).

An der Ausnahme, dem Kinder- und Jugendhaus Home.Haus in Bergedorf, schieden sich die Geister in der anschließenden Diskussion vor den Stellwänden, die Bilder der preisgekrönten Bauten zeigten. Zu baukastenhaft erschien vielen das Haus. Wie hatte Doris Gatermann doch gesagt? Bilder könnten die Wirklichkeit nicht wiedergeben. Man müsse hinfahren und das Haus selbst in Augenschein nehmen.

"BDA Hamburg Architekturpreis 2010. Die Baujahre 2008-2010", Hrsg. Hildegard Kösters und Volker Roscher. Dölling und Galitz Verlag, 19,80 Euro.

Die Broschüre "Architektur Preis 2010. Zukunft im Bestand", herausgegeben von der Initiative Arbeit und Klimaschutz, Hamburg 2010, ist erhältlich über die BSU Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt.