Ein Pilotprojekt in Wilhelmsburg zeigt, wie in der Stadt preiswertes Wohneigentum angeboten werden kann

Deutschlands Mieter träumen vom Wohneigentum. Und sie haben eine klare Vorstellung, wie dieses aussehen sollte: ein Einfamilienhaus, 134 Quadratmeter groß, in einer ruhigen, familienfreundlichen Siedlung am Stadtrand gelegen. So viel zu den Wünschen, wie eine Studie der Interhyp AG zeigt.

Nun zu den Fakten: Käufer in Hamburg zahlen im Durchschnitt rund 411.100 Euro für ein Haus. Für Eigentumswohnungen müssen im Mittel 267.700 Euro oder 3335 Euro pro Quadratmeter aufgebracht werden. Das zeigen Auswertungen von Engel & Völkers sowie Immowelt. Einige Hunderttausend Euro müssen also in die Hand genommen werden, um den Traum von den eigenen vier Wänden zu realisieren. Kompromisse sind meist notwendig – vor allem eine gute Planung, handelt es sich doch um eine weitreichende Investition für die nächsten Jahre.

Doch das ist nur allzu oft nicht der Fall, wie die Hamburger Architektin Elinor Schües zu berichten weiß. „Viele kaufen ein Haus, ohne darauf zu achten, ob es auf dem Grundstück auch optimal ausgerichtet ist oder ob der Grundriss wirklich den eigenen Wohnbedürfnissen entspricht“, sagt die Expertin. Oder sie bedenken zu wenig, dass das Haus im Alter keine Probleme bereiten darf. „All dies sollte im Vorfeld überlegt sein, denn Änderungen am Grundriss sind während der Bauzeit am teuersten.“

Viele Bauherren sind unehrlich bei der Aufstellung der Kosten

Ein Grund, weshalb die Bauexpertin in regelmäßigen Abständen – so auch an diesem Sonnabend – in der Verbraucherzentrale Hamburg Seminare anbietet. Dort thematisiert sie nicht nur die Bautechnik und Bauorganisation, sondern vor allem das Ermitteln und Kontrollieren der Baukosten sowie den Stellenwert von Eigenleistungen. „Viele sind hier erfahrungsgemäß unehrlich zu sich selbst: Sie lassen einfach die Kosten für die Außengestaltung und die Hausanschlüsse außen vor und überschätzen die Leistungen, die sie selbst und Freunde oder Bekannte einbringen können“, hat Schües beobachtet.

Das deckt sich mit Ergebnissen der Interhyp-Studie. Wenn Bauvorhaben scheitern, dann sehr oft an den Finanzen. Bauherren sprechen in solchen Fällen gern von „unvorhergesehenen finanziellen Engpässen“ (28 Prozent) oder nicht kalkulierten Zusatz- und Baunebenkosten (26 Prozent), wie die Umfrage bei Architekten zeigte.

Was also tun? Zunächst sollten sich Bauherren und Käufer um eine professionellere Vorbereitung auf Gespräche und Verhandlungen mit Baufirmen bemühen. Gleichzeitig arbeiten einige Baufirmen mit Architekten daran, eine Bauweise zu perfektionieren, die Wohneigentum in Städten preiswerter macht – und Bauherren eine Art Rundum-Sorglos-Paket bietet. Die Aufgabe ist lösbar, wie das Projekt „Case Study #1“ zeigt. Es handelt sich um ein Haus mit sechs Eigentumswohnungen, entstanden im Zuge der Internationalen Bauausstellung in Wilhelmsburg.

„Es ist eine Neuinterpretation des Fertighauses als Stadthaus“, sagt Paolo Fusi von dem Hamburger Büro Fusi & Ammann Architekten. Ziel sei es gewesen, aufzuzeigen, wie Stadtverdichtung funktionieren kann. „Durch die Fertigbauweise konnte das Haus schnell, preiswert und trotzdem qualitätsvoll errichtet werden.“ Anke Hansing von der IBA Hamburg bestätigt dies: „Der Verkaufspreis von 2700 Euro pro Quadratmeter lag deutlich unter dem Hamburger Durchschnitt.“

Entsprechend schnell waren alle Wohnungen vergeben – und zwar weit vor ihrer Fertigstellung. Die Käufer nahmen dankend an, dass Bauzeit und Baukosten bei diesem Objekt durch die Fertigbauweise berechenbar blieben. Zudem passt sich jede Wohnung im Bedarfsfall der jeweiligen Lebenssituation an. „Wir setzen bei dieser Bauweise auf mobile Trennwände – sei es aus Möbeln oder Stoffen“, erläutert Fusi. Für manche sicherlich ungewohnt im ersten Moment, aber sehr viel preiswerter als teure Umbauten.

Faszinierend auch die Möglichkeiten, die sich im Weiteren durch die Modulbauweise ergeben. Dazu Carola Kochner von der SchwörerHaus KG; für sie entwarf das Büro Fusi & Ammann das Gebäude: „Sie können auf Wunsch der Bewohner bzw. des Investors über- und nebeneinandergestellt werden.“ Auch Module unterschiedlich gestalteter Bäder stünden zur Verfügung. „Stellt jemand fest, dass er im Laufe seines Lebens auf ein Modul – beispielsweise im Geschoss darüber – verzichten möchte, so kann er dieses untervermieten oder verkaufen.“

Da der Bau in Hamburg nachweislich gut ankam, ist ein weiteres Nachfolgeprojekt geplant. Auch dies soll im Süden Hamburgs realisiert werden, alles weitere soll vorerst geheim bleiben.

Das Seminar findet an diesem Sonnabend von 11 bis 16 Uhr in der Verbraucherzentrale, Kirchenallee 22, statt. Anmeldungen sind nicht erforderlich.