Home Staging ermöglicht einen meist höheren Preis und einen schnelleren Verkauf. Manchmal bewirkt es sogar eine Kehrtwende der Eigentümer

Die Lage, die Lage, die Lage – sie ist wohl das wichtigste Kriterium bei einem Immobilienkauf. Aber dann kommt so etwas Unberechenbares wie Emotion dazu. Und schnell verliert ein Haus oder eine Wohnung an Attraktivität, wenn Fliesen in Braunorange die Wände im Bad schmücken oder die Einbauküche altdeutsch in Eiche rustikal gehalten ist und damit so gar nicht der eigene Geschmack getroffen wird. Beim Immobilienkauf entscheidet häufig der erste Eindruck, und deshalb ist Fantasie gefragt. Und manchmal auch die Hilfe von Profis, die durch das sogenannte Home Staging die jeweilige Immobilie in Szene setzen.

In den USA oder in Skandinavien ist diese Art, Häuser oder Wohnungen für den Verkauf aufzuhübschen, längst geläufig – und es zahlt sich auch aus. Laut einer schwedischen Studie wird damit ein bis zu 15 Prozent höherer Verkaufspreis erzielt.

„Wenn ich eine Immobilie herrichte, möchte ich, dass sich ein großer Kreis von Interessenten angesprochen fühlt“, sagt Ina Kohls-Krüger. Vor drei Jahren hat die 41-Jährige ihre Firma Wohngesicht gegründet. „Ich habe schon immer gern eingerichtet und umgeräumt. Als wir unsere Wohnung verkaufen wollten, habe ich sie entsprechend aufgemöbelt. Wir fanden schnell einen Käufer.“ Als Ina Kohls-Krüger dann auch noch einen Artikel über Home Staging las, schulte die gelernte Krankenschwester und Vertriebsmitarbeiterin für medizinische Software um.

Sie absolvierte ein Fernstudium zu Raumgestaltung und Innenarchitektur und ließ sich bei der Deutschen Gesellschaft für Home Staging und Redesign (DGHR) ausbilden und zertifizieren. „Mein erstes Objekt war ein Haus in Wedel“, erinnert sich Kohls-Krüger. „Der Verkauf ging damals relativ zügig über die Bühne“, sagt sie. Ziel eines Home Stagers ist es, eine Immobilie mit Möbeln und Accessoires so vorzubereiten, dass sich ein großer Interessenkreis angesprochen fühlt. Das gilt für bewohnte und unbewohnte Objekte gleichermaßen. Leben noch Mieter oder Eigentümer im Haus oder in der Wohnung, muss die Immobilie geputzt, aufgeräumt und „neutralisiert“ werden. „Persönliche Dinge wie Fotos oder Zahnbürsten sollten entfernt werden. Kleidung darf möglichst nicht herumliegen“, sagt die verheiratete Mutter einer zwölfjährigen Tochter.

Dabei ist Fingerspitzengefühl angesagt. „Wir müssen behutsam vorgehen und dürfen den Bewohnern nicht auf die Füße treten“, ergänzt die niederländische Wohnexpertin Yvonne van der Straat-Werner, die über ihre Agentur WoonMooi auch Home Staging anbietet. „Interessenten sollten sich selbst in dem Objekt sehen können“, bestätigt Kohls-Krüger. Zurzeit betreut die 41-Jährige neben anderen Objekten zwei luxuriöse Dachausbauten in Eppendorf. Die beiden Wohnungen sind jeweils mehr als 170 Quadratmeter groß, verfügen über frei liegende Fachwerkbalken, Balkons und Dachterrassen, mehrere Bäder, Kamine sowie gehobene Einbauküchen und sind technisch auf dem allerneuesten Stand. Beleuchtung und Heizung werden zum Beispiel über Tablet-Computer gesteuert.

Die Möblierung zeigt Interessenten mögliche Funktionsbereiche auf

Da beide Objekte teuer sind, wurde Kohls-Krüger von einem Makler engagiert. „Home Staging hilft Interessenten sich vorzustellen, wie eine leere Wohnung eingerichtet werden kann“, sagt die Fachfrau. Gezeigt werde so, welches Zimmer später welche Funktion haben könnte. „Home Staging ist die Vervollkommnung einer Immobilie, indem ich zum Beispiel einen Kamin oder eine Arbeitsplatte in der offenen Küche zum Hingucker mache.“ Da die beiden Eppendorfer Wohnungen für Familien geeignet sind, richtet Kohls-Krüger auch Kinderzimmer ein.

Die Möbel nur beliebig und zweckmäßig aufzustellen, reicht allerdings nicht. „Alles muss stimmig sein und zueinander passen. Insofern dekoriere ich auch mit Kissen, Decken, Kerzenständern, Pflanzen, Bildern, Handtüchern und Geschirr.“ Kratzer im Parkett oder Flecke an frisch gestrichenen Wände dürften dabei nicht entstehen.

In ihrem eigenen Lager in Rellingen hat Ina Kohls-Krüger alle Zutaten, die sie fürs Home Staging braucht: Tische und Stühle, Sessel und Sofas, Regale und Attrappen von TV-Geräten, Lampen, Bilder, Teppiche, Accessoires sowie Garten- und Terrassenmöbel. „Die Dinge müssen universell einsetzbar sein, aber nicht billig wirken, sondern die Wertigkeit einer Immobilie steigern.“ Deshalb hat die 41-Jährige auch Designerstücke in ihrem Fundus, zum Beispiel einen Eames Lounge Chair mit dazu passendem Hocker. Idealerweise lassen sich die Möbel leicht transportieren und verpacken. Kohls-Krüger arbeitet mit einer Spedition zusammen. Ebenso hat sie ein Netzwerk von Handwerkern und Gärtnern, die bei Bedarf zum Einsatz kommen.

Gerade hat die Hamburgerin den ersten Preis beim „DGHR-Star“ für geerbte Immobilien gewonnen. „Es war ein Haus aus den 60er-Jahren mit kleinen Zimmern, insgesamt ein schwieriges Objekt.“ Zuerst wollte Ina Kohls-Krüger den Auftrag gar nicht annehmen. „Aber dann habe ich die Räume auf mich wirken lassen, und es kamen die Ideen.“ Drei Wochen später hatte das Haus neue Eigentümer.

Wenn die Expertin für Home Staging eine Immobilie aufgehübscht hat, dann verändert sie bis zum Verkauf in der Regel nichts mehr. Gleichzeitig kümmert sie sich um das Objekt, lüftet die Räume und wischt auch schon mal Staub. Das Honorar für Home Staging beträgt ein bis drei Prozent des Verkaufspreises. Durchschnittlich drei Monate dauert es, bis Haus oder Wohnung neue Eigentümer gefunden haben. Aber manchmal bleibt auch alles beim Alten. Yvonne van de Straat-Werner hat einmal ein Haus für den Verkauf vorbereitet, das der Eigentümer unbedingt loswerden wollte. „Aber als er dann gesehen hat, wie ich es eingerichtet habe, hat er meine Vorschläge übernommen und sein Haus behalten.“

Ausgebildet wurden in den vergangenen vier Jahren 700 Home Stager

Ina Kohls-Krüger hat ihre Entscheidung, sich zur Homestagerin bei der Deutsche Gesellschaft für Home Staging und Redesign (DGHR) ausbilden zu lassen, nicht bereut. Sie ist offizielles Aus- und Weiterbildungsorgan hierzulande. Seit ihrer Gründung vor vier Jahren wurden etwa 700 Interessenten ausgebildet. Die Organisation hat 200 Mitglieder. In einem Ehrenkodex versichern diese, keine Baumängel zu verdecken oder Projekte anzunehmen, die über die eigene Qualifikation hinausgehen. Auch die in Hamburg ansässige Deutsche Home-Staging Akademie bietet Seminare an und vergibt Zertifikate sowie Gütesiegel.

www.home-staging.de