Wenngleich das Gesetz der Rücksichtnahme gilt, das Mietrecht zeigt sich tolerant im Umgang mit dem Nachwuchs

Keine Frage: Kinder können laut sein. Sie rollen mit dem Bobbycar über das Parkett, spielen grölend Fangen im Garten, und wenn sie nachts Monster unter dem Bett vermuten, fangen sie lauthals an zu weinen. Glücklich, wer in so einer Situation entweder dicke Wände oder geduldige Mitmieter hat. Eine Möglichkeit, gegen den Kinderlärm vorzugehen, haben Mieter übrigens selten. Trotzdem gelten Regeln. Hier die wichtigsten im Überblick:

Dürfen Kinder in der Wohnung spielen?

Ja, überall. Vor allem kleine Kinder müssen dabei nicht leise sein. „Den natürlichen Spieltrieb muss man hinnehmen“, sagt Inka-Marie Storm vom Eigentümerverband Haus und Grund. Auch Lachen und Geschrei gehörten dazu. „Da ist es egal, wie hellhörig das Haus ist.“ Je älter die Kinder werden, umso mehr müssten sie aber Rücksicht nehmen auf Mitbewohner. „Wenn sie die Wohnung mit dem Fußballplatz verwechseln, kann man einschreiten“, sagt Ulrich Ropertz vom Deutschen Mieterbund. Die Eltern stünden hier in der Pflicht. „Sie müssen darauf einwirken, dass der Lärm nicht überhandnimmt“, sagt Norbert Schönleber von der Arbeitsgemeinschaft Mietrecht und Immobilien im Deutschen Anwaltverein.

Müssen Kinder Ruhezeiten einhalten?

Im Prinzip schon. „Von etwa 22 Uhr abends bis 6 Uhr morgens gelten allgemein Ruhezeiten“, sagt Schönleber. Mitmieter müssen allerdings schreiende und weinende Babys auch in der Nacht hinnehmen. Eltern hätten hier aber dafür zu sorgen, dass der Nachwuchs sich beruhigt. Haben Nachbarn den Eindruck, dass sie dies nicht tun, etwa weil Kinder stundenlang schreien, dürfen sie einschreiten. Auch Ropertz betont: „Wenn Kleinkinder und Säuglinge nachts schreien, kann man grundsätzlich nichts machen.“ Anders sieht das aus bei Jugendlichen. „Je älter die Kinder werden, desto mehr Einsichtsfähigkeit wird vorausgesetzt.“ Wenn von einem 16-Jährigen sehr laut Musik gehört wird, könnten die Eltern angesprochen werden, erklärt auch Storm. Zeigten die sich hilflos – „der lässt sich nichts sagen“ –, sei das keine Ausrede.

Ist Spielen in Hof und Garten erlaubt?

Storm rät, in die Hausordnung zu schauen. „Sie ist als Anlage zum Mietvertrag verbindlich.“ Grundsätzlich gelte: Wenn der Hof zum Spielen einlädt, dürfen Kinder das dort auch tun. Schlecht sehe es aus, wenn der Hof mit Autos zugeparkt sei. Dann sei er kein geeigneter Ort zum Spielen. Auch Gärten seien nicht immer mitvermietet, sagt Schönleber. Insbesondere wenn sie als Zier- oder Nutzfläche ausgewiesen seien. Beim Spielen komme es auf gegenseitige Rücksichtnahme an, betont Storm. „Wenn ich weiß, dass ältere Leute im Haus wohnen, lasse ich meine Kinder eventuell in der Mittagspause in der Wohnung spielen.“ Eine gesetzlich vorgeschriebene Mittagspause gebe es aber nicht, ergänzt Ropertz. Die Zeit des Mittagsschläfchens sei zumindest im städtischen Bereich vorbei.

Gibt es Vorgaben zum Lärmpegel?

Der Gesetzgeber habe inzwischen festgelegt, dass Kinderlärm im gesetzlichen Sinne kein Lärm ist, erklärt Storm. Die Geräusche fallen demnach nicht mehr unter das Emissionsschutzgesetz. „Das Leitbild ist: Kinder müssen sich ausleben dürfen. Sie sind sich nicht bewusst, wie laut sie sind“, ergänzt Storm. Es gebe keine Dezibelgrenzen, sagt auch Ropertz. „Kinderlärm ist kein Dauerlärm.“ Deswegen sei er auch schlecht wie andere Lärmquellen zu messen.

Wenn die Eltern ihre Teenager nicht in den Griff kriegen – was kann ich tun?

Ergeben Gespräche mit den Eltern nichts, können Mieter an ihren Vermieter herantreten. „Wenn der nicht einschreitet, wären deutliche Mietminderungen – bis zu 20 oder 30 Prozent bei Störungen in der Nacht – berechtigt“, sagt Schönleber. Er rät bei diesem Schritt allerdings zur Vorsicht. Nicht immer teile der Vermieter die Einschätzung des Beschwerdeführers und kündige eventuell sogar die Wohnung. Wenn sich dann noch vor Gericht herausstelle, dass der Vermieter recht hatte, verliere der Mieter sowohl den Prozess als auch die Wohnung.

Helfen Lärmprotokolle?

In der Praxis zeigt sich, dass die Frage der Beweisbarkeit ein Problem ist. „Häufig sind Lärmprotokolle zu kurz und zu unspezifisch geführt und Zeugen nicht vorhanden“, hat Marielle Eifler vom Mieterverein zu Hamburg beobachtet. Im Zweifelsfall werde darauf abgehoben, ob es sich um vermeidbaren (tobende Kinder im Treppenhaus) oder unvermeidbaren Lärm (Babygeschrei) handelt. Die Praxis zeige, dass die Gerichte eine erweiterte Toleranzgrenze voraussetzen und Vermieter nur sehr selten das Recht eingeräumt bekämen, einer Familie wegen Kinderlärm zu kündigen. Helfe nichts, könne ein Mediator eingeschaltet werden.