Das Penthouse eines Neubaus in Volksdorf, entworfen von einem Architekten für seine Schwiegereltern, wurde für ein älteres Paar zum Traumobjekt

Wie wenig hilfreich das Denken in Klischees ist, zeigt ein markanter Neubau in Volksdorf. Mit seiner ungewöhnlichen Ausgestaltung des Daches, eingedeckt in Alumimium, den auskragenden Fensterfronten für zwei Penthouses, könnte man meinen: für junge Menschen ideal. Wer jedoch die Bewohner des jüngst bezogenen Penthouse besucht, wird eines Besseren belehrt: Brigitte Heilmann ist 67 und Karl-Heinz Schmidt gerade 94 Jahre alt geworden.

Für beide ist es die erste gemeinsame Wohnung, beide haben entschieden, hier noch einmal richtig „durchzustarten“. Vieles haben sie zurückgelassen. Karl-Heinz Schmidt ein Gutteil Mobiliar in seinem Haus in Sasel, das jetzt sein Sohn mit Familie bewohnt. Und Brigitte Heilmann ihre kleine Zweizimmerwohnung in Marienthal. Das alles ist noch nicht lange her. „Wir haben bei allem aber schön die Reihenfolge eingehalten“, sagt Brigitte Heilmann leicht verschmitzt. „Erst haben wir geheiratet, dann nach einer Wohnung gesucht.“

Geheiratet wurde auf Sylt, ohne Freunde und Familie zu informieren

Gleichzeitig gab es offenbar auch die Lust, ein wenig mit Konventionen zu brechen. „Wir haben uns spontan entschieden zu heiraten – und zwar auf Sylt, ohne Familie und Freunde zu informieren.“ Eine nachträgliche Feier schließen die beiden nicht aus. Sobald sie die Zeit dazu finden. Jetzt steht erst einmal das Einrichten des 90 Quadratmeter großen Penthouse an. Dazwischen geht es auf eine Kreuzfahrt.

Gefunden hat das Pärchen ihr neues Domizil über eine Maklerofferte im Internet. „Ich habe sofort gewusst: Das ist es!“, erinnert sich die Diplom-Psychologin, die zuletzt ein Altenheim geleitet hat. Der Bezug der beiden größeren Wohnungen im Erdgeschoss – konzipiert und ideal für Menschen, die vielleicht einmal auf eine Gehhilfe oder einen Rollstuhl angewiesen sind – war für das Paar zu keinem Zeitpunkt ein Thema. „Wir lieben es, hier oben zu wohnen“, sagt die 67-Jährige. „Von hier hat man einen guten Blick auf alles, und da wir gern mit offenen Fenstern schlafen, brauchen wir keine Sorgen vor Einbrechern zu haben.“ Die Treppen seien kein Problem. „Ich nehme sie gern dann und wann, um fit zu bleiben. Und mein Mann nimmt den Fahrstuhl. Er führt direkt bis runter in die Tiefgarage.“

Bei ihren Sporteinlagen freut sich die 67-Jährige „jedes Mal aufs Neue“ über das schön gestaltete Treppenhaus: Mit den schwarzen Leuchten auf jeder Etage – farblich abgestimmt auf die dunkel gehaltenen Decken – und der durch Oberlichter und Fenster gesicherten guten Belichtung wirkt es offen und geradezu wohnlich. „Ich mag vor allem die in Gold gestrichene Wand im Hochparterre – direkt vor dem Fahrstuhleingang. Das wirkt sehr warm und verleiht dem Hauses etwas Behagliches und Repräsentatives.“ Ähnlich empfindet es das Paar mit den Schrägen in ihrem Penthouse. „Das alles macht das Wohnen gemütlicher und ansprechender“, sagt Brigitte Heilmann

Dass bei der Planung und Errichtung des Hauses mit so viele Liebe und Sorgfalt vorgegangen wurde, ist auf den Architekten Tim Lüdtke und dessen Schwiegereltern Maja und Norbert Bock zurückzuführen. „Ich habe das Haus in enger Abstimmung, um nicht zu sagen in 24-stündiger Abstimmung, mit ihnen geplant und gebaut“, erzählt Tim Lüdtke freimütig bei einer Hausbegehung; zwei Wohnungen sind noch zu vergeben. Das große Engagement wird schnell verständlich: Der Neubau entstand auf dem Grundstück, wo früher das Haus der Oma stand. Und in direkter Nachbarschaft zum Einfamilienhaus der Bauherren.

War es für Lüdtke nicht eine ungeheure Herausforderung, für die Schwiegereltern zu planen? Es hätte ja auch schiefgehen können – mit weitreichenden Folgen. „Oh ja, andererseits bestand für sie kein Zweifel daran, dass ich das Grundstück beplanen sollte“, sagt der junge Architekt, der 2011 mit Steffen Thauer und Lars Höffgen das Büro STLH Architekten gegründet hat. Alle drei Planer sammelten zuvor in international tätigen renommeirten Architekturbüros Erfahrungen. Tim Lüdtke beispielsweise arbeitete bis 2010 im Büro von Herzog de Meuron und damit auch an der Entwurfsplanung für die Elbphilharmonie. Sichtbar wird dies an der Materialauswahl für die Zuwegung des Hauses in Volksdorf. Hier kam derselbe Stein zum Einsatz, wie für Hamburgs neues Wahrzeichen.

Die Wohnvorstellungen der Bauherren spiegeln sich im gesamten Haus

Tim Lüdtke ist sicher: Die vielen Gespräche mit den Schwiegereltern haben ihm und dem Haus nicht geschadet. „Im Gegenteil, ich habe viele Ideen durch das Gespräch mit ihnen bekommen.“ Manchmal habe er die beiden aber auch ein wenig zügeln müssen, „um die Kosten im Blick zu behalten.“

Viele Details in den hochwertig mit Parkett, Küche und Design-Bädern ausgestatteten Wohnungen seien darauf zurückzuführen, dass die Bauherren in diesem Haus auch ihre eigenen Wohnvorstellungen umsetzen wollten. „Beispielsweise das Schlafzimmer mit Bad en suite und mit dem Ankleidezimmer in der noch freien 135 m2 großen Mietwohnung.“ Die Wohnungen mit Nähe zum Ortszentrum und zur U-Bahnstation Buckhorn werden derzeit über Makler zu Quadratmeterpreisen von 12 bis 12,50 Euro zur Miete angeboten.

Allen dreien war es wichtig, dass sich das Haus in die Nachbarschaft einfügt. Daher die helle Klinkerfassade, daher aber auch die prägnante Dachform mit Aluminiumverschalung. „Wir haben überlegt, was ist typisch für die norddeutsche Architektur“, erzählt Tim Lüdtke. Und dazu gehöre neben Reet auch Eindeckungen mit Kupfer, wie der Hamburger Michel zeige. Herausgekommen ist ein Haus mit Aluminiumeindeckung, Dreifachverglasung, kontrollierter Lüftungstechnik und einer Pelletheizung, die an eine Fußbodenheizung angeschlossen ist. Tradition und Nachhaltigkeit in einem.

Das alles kommt an – nicht nur bei Passanten und Autofahrern, die spontan langsamer fahren, um das Haus in Ruhe zu betrachten. Auch für Brigitte Heilmann und Karl-Heinz Schmidt ist ihre Wohnung unterm Dach zu einem neuen Heimathafen geworden – zwischen all den Kreuzfahrten.

Die sind übrigens ein Grund, weshalb beide ihren Namen beibehalten haben. „Wir hatten angesichts unserer spontanen Heirat Sorge, dass wir zu lange auf die neuen Pässe hätten warten müssen und dann nicht mehr aufs Schiff gekommen wären.“ Ändern werden sie an diesem Entschluss jetzt nichts mehr. „Das ist alles mit zu viel Aufwand verbunden. Genau wie diese Wohnung lieben wir es pflegeleicht.“