Die Geschichte einer Suche nach einem Rückzugsort möglichst nah am eigenen Zuhause. Nicht leicht, aber doch möglich, wie sich zeigt. Eine Sache bereitet dabei am meisten Freude.

Eigentlich konnte es nicht klappen: weil jeder genau das sucht. Ein Reethaus sollte es sein, gerne alt, trotzdem möglichst gut in Schuss. Außerdem in Dorfrandlage, herrlich still und zugleich gut zu erreichen, inmitten möglichst schöner Landschaft, bezahlbar auch noch. Mit zwei Worten: Großstädters Landtraum. Und, um die Sache noch zu verkomplizieren, vor der eigenen Haustür: nicht mehr als eine halbe Autostunde von Lübeck, möglichst nur 45 Minuten von Hamburg entfernt, damit es möglich ist, die künftige Ferienvermietung des Reethäuschens selber in die Hand zu nehmen und sich kümmern zu können.

Um es vorweg zu nehmen: Es hat geklappt, nicht sofort und nicht ohne Makler – aber dann doch. Zwei Jahre lang habe ich mehr oder weniger intensiv gesucht, dann ganz plötzlich das Objekt der Träume gefunden, das fast all die vielen Wunschkriterien erfüllt. Einzig der Preis in Höhe einer gebrauchten Vierzimmerwohnung in Hamburg Niendorf hätte günstiger sein dürfen.

Um die 180 Jahre alt ist das Fachwerkhaus bei Pronstorf am Südrand der Holsteinischen Schweiz – und vor 20 Jahren saniert worden. Damals bekam es eine neue Reeteindeckung spendiert, dazu Gas-Heizung, Dämmung, einige neue Fenster, die beiden Bäder wurden komplett erneuert – das eine mit Wanne, das andere mit Dusche – und das Obergeschoss wurde ausgebaut. Aus ursprünglich 70 Quadratmetern sind rund 130 geworden. Der Plan war zwei Jahre lang gereift, die Kaufentscheidung ist dann doch schon innerhalb von vier Tagen und nach zwei Besuchen gefallen, einem bei Sonnenschein, einem bei Dunkelheit. Der Notartermin folgte schon bald darauf. Es musste schnell gehen, denn um was für ein Schmuckstück es sich hier handelte, hatten auch andere Interessenten mittlerweile bemerkt. Und mehrere Makler, denn einen Alleinauftrag hatte der Vorbesitzer nicht unterschrieben.

Nach der Übernahme ging es darum, das Haus neu zu interpretieren, den Charme in eine neue Zeit hinüberzuretten und das aufzuholen, was in den letzten zwei Jahrzehnten liegen geblieben war. Jetzt ist das Haus „wiedervereinigt“, oben und unten sind Durchbrüche entstanden, wurden tragende Balken unterstützt, Heizungsrohre umverlegt, zwei extrem steile Treppen beseitigt, die dort entstandenen Deckenöffnungen geschlossen, an geeigneterer Stelle eine länger gezogene Treppe neu geschaffen, eine Toilettentür dafür über Eck vom Zimmer zum Flur versetzt. Und natürlich musste ziemlich viel Elektrik erneuert werden. Das Obergeschoss bekam Deckenlampen, die Küche einen zeitgemäßen Starkstromanschluss. Wo früher nur zwei Herdplatten waren, hat nun eine maßgefertigte Einbauküche in Hellblau ihren Platz gefunden. Und wo vorher Fischgrätparkett lag, spannen sich nun weit passendere Eichendielen über den Fußboden.

Was am meisten Freude bereitet? Zu erleben, dass dieses Haus jeden – ob Handwerker oder Matratzenlieferant – irgendwie berührt und absolut jeder, der durch die Tür tritt, etwas Nettes sagt. Was am meisten Spaß machte? Möbelstücke, Lampen und Farben auszusuchen, die diese Atmosphäre unterstreichen. Und das Haus während der Renovierung wachsen, die gestalterischen Ideen reifen zu sehen. Mal sehen, was die ersten Feriengäste sagen.

Mein Lieblingsplatz nach all der Arbeit? Das ist eine schwierige Frage. Entweder im Obergeschoss, auf dem Sessel in der Gaube mit Blick über den Bauerngarten und die weiten Felder. Oder unten im Zimmer mit seinen zwei burgunderroten Wänden, den hellgrau lackierten Balken des Fachwerks und dem alten Ofen – und dann den Blick hinaus in den Obstgarten streifen lassen. Hauptsache, man fühlt sich hier im Grünen wohl.