In Eilbek entstehen mithilfe des Architekturbüros Mielke + Freudenberg zwölf Wohnungen plus ein Penthouse auf sechs Etagen.

In keiner anderen deutschen Stadt stehen so viele Bunker wie in Hamburg: Relikte aus Kriegszeiten, graue Klötze aus Beton und Stahl, zwischen Wohnhäusern, neben Parks, an Straßenrändern. Viele von ihnen sind mit Efeu bewachsen oder hinter Bäumen versteckt, die meisten liegen unter der Erde: Diese sind da, aber wir sehen sie nicht.

Mehr als 1000 Bunker ließ Adolf Hitler in der Hansestadt bauen: Hochbunker, Rundbunker und Bunkeranlagen. Heute sind noch rund 650 erhalten. Einer von ihnen soll nun umgebaut werden: der Hochbunker am Eilbeker Weg 126. "Wir sind erfahren darin", sagt Claus Freudenberg, Mitinhaber des Bremer Architekturbüros Mielke + Freudenberg, "bisher haben wir fünf Bunker in Bremen und einen in Hannover umgebaut." In Eilbek sollen bis Spätsommer 2014 zwölf Wohnungen von 114 bis 144 m² auf sechs Geschossen entstehen, dazu ein Penthouse auf dem Dach. Die Quadratmeterpreise reichen von 3577 bis 4537 Euro.

"Dieser Bunker ist anders als die, mit denen wir es bisher zu tun hatten", sagt Freudenberg. "Hier müssen wir komplett entkernen, zugleich hat der Eilbeker Bunker tragende Innenwände, die nicht entfernt werden können." Zudem hätten die Geschosse eine niedrige Deckenhöhe von 2,40 Meter. "Das will heute niemand mehr haben, darum haben wir aus sieben Geschossen sechs gemacht - mit einer Deckenhöhe von jeweils 2,60 Meter."

Bunker ist nicht gleich Bunker; die wenigsten werden als Wohnhäuser genutzt, viele stehen leer oder finden andere Verwendung. Prominentestes Beispiel ist der Flakbunker am Heiligengeistfeld, in dem eine Konzertbühne, Geschäfte und eine Bar untergebracht sind. Anlagen wie diese können nicht beseitigt werden, meterdicke Wände verhindern sogar Sprengungen.

Im Stadtgebiet verteilt sind auch Rundbunker, einer von ihnen am Baumwall wird zurzeit als Restaurant genutzt. Die Mehrzahl der Hamburger Bunker liegen jedoch unter der Erde: Die Hansestadt war zu Zeiten des Nationalsozialismus ein wichtiger Standpunkt der Öl- und U-Boot-Industrie, 1940 erließ Hitler das sogenannte "Führer-Sofortprogramm". Damals entstanden auch große unterirdische Anlagen, etwa am Hauptbahnhof für 2500 Menschen oder am Spielbudenplatz - heute als Parkhaus genutzt. Der Verein Hamburger Unterwelten sammelt und erforscht heute diese Bauten und organisiert auch regelmäßig Führungen.

Viele kleinere, sogenannte Hochbunker, sind mittlerweile in Privatbesitz. Oft dienen die innen liegenden Zimmer mit ihren schalldichten Wänden als Räume für Konzerte oder als Proberäume für Bands, während auf dem Dach des Bunkers moderne Wohnungen errichtet werden. Andere sind komplett zu Wohnhäusern geworden. "Die Bunker, die wir bisher umgebaut haben, hatten etwa die Form eines Quaders und den Vorteil, dass nur die äußeren Wände tragend waren", sagt Rainer Mielke. "So haben wir als Architekten viel Spielraum bei der Gestaltung."

Den ersten Bunker kaufte Mielke 1998. "Dort baute ich eine Wohnung auf dem Dach, und meine Frau und ich zogen ein. Der Bunker blieb leer." Später entstand die Idee, eine Wohnung in den Bunker zu bauen - doch sie sollte nicht ganz und gar von dem dicken Betonbau umschlossen sein. "Wir haben Platz für große Fenster herausgeschnitten, sodass viel Licht hereinkommt", sagt Mielke. "Der Wohnraum hat rund 100 m², ist großzügig und offen, ähnelt einem Loft." Mittlerweile haben Mielke + Freudenberg zahlreiche weitere Umbauten dieser Art umgesetzt. "Wir arbeiten ein wenig wie Bildhauer, die eine Skulptur formen. Es steht schon etwas da, aus dem wir etwas heraus nehmen und Neues schaffen", sagt Mielke.

Was bei dicken Betonwänden allerdings nicht so einfach ist: Um einen Bunker zu bearbeiten, bedarf es spezieller Werkzeuge. "Zunächst macht man an vier Stellen Kernbohrungen mit diamantbesetzen Bohrköpfen", sagt Martin Markowski. "Zwischen jeweils zwei Löcher werden Sägeketten gespannt, die nun die Wand schneiden. Das wiederholt man viermal. Häufig ist der Block aber zu schwer, er wird also mehrfach durchtrennt, damit man ihn entfernen kann." Markowski gehört der Marienbunker in Hamm, auf dem er auf zwei Etagen 36 Wohnungen für Studenten baute, jeweils rund 26 m² groß. Auf einem anderen Bunker in Eilbek errichtete er sieben Wohnungen: "Es wohnt sich einfach gut in diesen Gebäuden. Vor 15 Jahren waren Bunker noch ein Geheimtipp", sagt der Investor, "heute zahlt man etwa fünfmal so viel wie damals." Mit etwas Fantasie bei der Gestaltung und großen Fenstern entstünden einfach wunderbare Räume. Zudem sei die Temperatur angenehm. "Im Winter wird es nie ganz kalt, im Sommer nie allzu warm", sagt Markowski.

Diesen Effekt wird es beim Eilbeker Bunker mit tragenden Wänden im Inneren nicht geben. "Damit genug Licht in die Wohnungen kommt, wollen wir die Außenwände vorn zur Straße und hinten zum Garten größtenteils herausschneiden", sagt Freudenberg. "Die Seitenwände bleiben stehen, ebenso wie kleine Winkel. Es sieht dann so aus, als schäle sich ein neues Gebäude aus der alten Hülle heraus." Die anderen Häuser in der Umgebung seien überwiegend Nachkriegsbauten mit Putz- oder roten Klinkerfassaden, sagt der Architekt. "Dem wollten wir etwas entgegensetzen, deshalb werden die Erker bei unserem Gebäude ein wenig versetzt sein. Zudem planen wir Fassadenplatten in verschiedenen Farben, damit die Fläche lebendig wirkt."

Beide Architekten legen Wert auf den Kontrast zwischen Historie und Modernität. "Die Farbe der Betonwände belassen wir daher", sagt Freudenberg. Es stelle sich bei solch einem Bau immer die Frage nach dem Umgang, so Mielke: "Einerseits hat er einen negativen Aspekt durch die NS-Zeit, andererseits finden wir ein Material vor, das so nicht mehr herstellbar ist: 70 Jahre alter Beton, wettergegerbt, mit Moos bewachsen. Das kann man nicht alles abreißen: Es muss ein Stück Geschichte erhalten bleiben."

Weitere Informationen zum Projekt im Internet auf www.bunkerwohnen.de oder über das Büro Robert C. Spies unter Tel: 040/325 09 19 72

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