Baustil, der polarisiert: Das Architektenteam La'ket entwarf in Volksdorf ein Haus, das seine Nähe zur Hamburger Kaffeemühle nicht verleugnet.

Manchmal gibt man sich besonders viel Mühe. Hält sich zurück, sucht Gemeinsamkeiten, damit man nicht völlig aus dem Rahmen fällt - und gilt trotzdem als Störenfried. So geschehen in Hamburg, wo eine junge Familie lebt und sehr klare Vorstellungen von ihrem neuen Haus hatte. "Wir wollten nichts Abgehobenes, nichts Eitles", sagt der Bauherr, der namentlich nicht genannt werden will. "Es sollte sich einpassen in die Reihe der Nachbarn." Doch als das Haus fertig war, schimpften die Passanten. Einmal, nachts, warf sogar jemand Eier an die Fenster.

Die Klassische Moderne, so scheint es, ist noch nicht angekommen im Stadtteil Volksdorf, jedenfalls nicht bei einer Gruppe von Skeptikern und Traditionalisten. Deshalb polarisierte, was harmonisch gemeint war. Was wiederum bedeutet, dass auch viel Zustimmung kam: Das Hamburger Architektenteam La'ket gewann neue Kunden, und die Bewohner sind ohnehin mehr als zufrieden. "Das Haus bietet ständig neue atmosphärische Momente und ist visuell in Bewegung", so die Bauherren.

Tatsächlich verbirgt sich hinter der flächigen Fassade kein Standardgrundriss. Das Haus unterteilt sich auf einer Etage in Ebenen (Split Level), beginnend mit dem halb versenkten Eingang. Den legten die Architekten an, weil das Grundstück keinen Platz für einen Carport ließ, es ist nur 12,60 Meter breit. Also fährt man mit dem Auto unter den Überhang des Wohnzimmers. Durch einen verglasten Eingangsbereich gelangt man über wenige Stufen ins Erdgeschoss, wo sich Küche und Esszimmer befinden, die direkten Zugang zum Garten haben. Dort bildet eine alte Eiche einen wichtigen Bezugspunkt. Ihre Äste formen ein beinahe sakrales Gewölbe.

+++Häuser+++

Sieht man genau hin, erkennt man, dass das Haus gar nicht so fremdartig an der Straße steht, wie manche meinen. Es nimmt Volumen und Linien der Häuser der Umgebung auf. So endet der verglaste Eingangsbereich auf gleicher Höhe wie die Kellergeschosse der anderen Gebäude, und die Oberkante des Kubus schließt mit deren Traufe ab. Zudem verwendete man traditionelles Material, nur wirken die Wände dieses Hauses extravaganter.

Die Klinker, die überall im Viertel konventionell verbaut sind, wurden hier mit Detailversessenheit eingesetzt - das ist es, was Maßgeschneidertes von Stangenware unterscheidet. "Wir haben", sagt Architekt Tim Kettler, "einen sehr schmalen Stein mit unregelmäßig gebrannter Oberfläche gewählt." Die 4 x 40 Zentimeter großen Klinker wurden im Diagonalverband verlegt. Das Haus nimmt mit seiner Grundform respektvoll Bezug auf den Typus der sogenannten Hamburger Kaffeemühle, einen fast würfelförmigen Zweistöcker mit Zeltdach, der in den 20er- und 30er-Jahren verbreitet war und bis heute beliebt ist. Ihren Namen verdanken die Häuser ihrer Form, die an die Kaffeemühlen von damals erinnert. Das Architektenteam will diesen Bautypus unter dem Label Volksvilla in die Gegenwart überführen.

+++Neue Architektur+++

Was macht aber im Inneren die Qualität aus, die den Bewohnern so viel Freude bereitet? Zum einen sind da die bereits erwähnten Split Level, die die Räume über nur wenige Treppenstufen miteinander verbinden. "Die versetzten Ebenen", erläutert Tim Kettler, "erzeugen gegenüber einem normalen zweistöckigen Haus viel mehr Raumerlebnis." Der kleine Sohn der Bauherren hat sie natürlich sofort als Spiellandschaft erkannt. Zum anderen gelang das abwechslungsreiche Bild durch die verschiedenen Materialien, mit denen die Zimmer ausgestattet sind - mal mit Linoleum, mal mit Holzböden. Und durch die unterschiedlichen Raumhöhen - das Bad beispielsweise ist dreieinhalb Meter hoch.

Im Wohnzimmer wird ebenfalls effektvoll mit der lichten Höhe gespielt. Eine tiefe Sitzmulde sorgt für Geborgenheit und schützt vor neugierigen Blicken von außen. Was übrigens auch bei der abgesenkten Dachterrasse der Fall ist. Wie die traditionellen Nachbargebäude überzeugt das Haus der jungen Familie durch Großzügigkeit und Detailqualität. "Es sollte das haben", erläutert der Bauherr seine Grundidee, "was auch ein Altbau in der Stadt bietet, jedoch in die Klassische Moderne übersetzt". Ziel erreicht.

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