Altbauten können durch eine gute energetische Sanierung zu einem zeitgemäßen Passivhaus werden. Auf Dauer spart das sogar Geld.

"Aus meiner Sicht wird zu viel abgerissen", sagt Bauherr und Architekt Jörg Lengler vom Architektur- und Planungsbüro keenco3. "Entsorgung und Neubau vergeuden viel Energie, die durch eine Sanierung eingespart werden könnte." Lengler und seine Frau haben sich bewusst für eine alte Immobilie entschieden, die sie zu einem Passivhaus und damit zu einem sehr energieeffizienten Haus umgebaut haben. Darin kombiniert sich jetzt historischer Charme mit modernem Wohnkomfort.

Das neue Heim der Familie stammt aus dem Jahr 1909. Nach dem Krieg wurde es sehr stark umgebaut und dem damaligen Geschmack angepasst. "Es sah aus wie ein typisches Siedlungshaus aus den 50er-Jahren", erinnert sich der Architekt. Damals hatte es einen Anbau bekommen und einen neuen Dachstuhl, da der alte vom Holzbock befallen war.

"Zunächst haben wir alle Anbauten wieder abgerissen, mit neuen Wänden und Durchbrüchen die Raumaufteilung geändert, das Treppenhaus versetzt und neue Fensteröffnungen eingebaut", erinnert sich Lengler. Ehemals richteten sich alle Fenster nach Norden zur Straße. Die Südseite war fensterlos. Auch der Dachstuhl musste erneuert werden, da er diesmal mit Holzschutzmitteln stark belastet war. Dabei wurde das ursprüngliche Krüppelwalmdach wieder hergestellt. Die Wohnfläche in dem nun hellen Altbau beträgt 140 Quadratmeter.

Darüber hinaus war die Sanierung vergleichsweise einfach, da das Haus über keinen Fassadenschmuck und keine Balkone verfügte. "So konnten wir die 36 Zentimeter Dämmung gut unterbringen." Auch gab es keine Bauschäden wie etwa feuchte Wände. Gerade bei alten Gebäuden lassen sich häufig nicht alle Bauteile energetisch optimieren. Fassadenschmuck verhindert eine vollständige Wanddämmung, bis zu den Balkonen durchlaufende Decken bilden nur sehr aufwendig sanierbare Wärmebrücken. Damit ist dann auch der Passivhaus-Standard nur schwer erreichbar.

Dieser Altbau ließ jedoch eine komplette Dämmung der Gebäudehülle zu. Sie wurde als Vorwandkonstruktion aus Holzstegträgern ausgeführt, die mit Zellulose gedämmt wurden. Damit war auch der Einbau einer zentralen Lüftungsanlage obligatorisch. Sie steht jetzt auf dem Dachboden und versorgt alle Räume mit Frischluft. In den Feuchträumen wird zusätzlich die verbrauchte Luft abgesaugt. So können die Fenster geschlossen bleiben, was Wärmeverluste vermeidet. "Wenn wir morgens aufwachen, dann ist die Luft genauso frisch wie am Tag zuvor", sagt Lengler. Die Wärmerückgewinnung der Anlage liegt bei über 90 Prozent. Den Restbedarf an Heizenergie von 15 Kilowattstunden pro Quadratmeter und Jahr deckt ein Pelletkessel im Keller.

"Geht es um Altbauten, erfordert jedes Gebäude eine eigene Bewertung", sagt Sanierungsexperte Lars Beckmannshagen, Architekt bei der Zebau - Zentrum für Energie, Bauen, Architektur und Umwelt. Schließlich sollten Sanierungsmaßnahmen 50 Jahre vorhalten. Man müsse also nicht nur den heutigen Standard berücksichtigen, sondern langfristige Lösungen finden. "Gefährlich sind halbe Sanierungen, die nächste Schritte verbauen", warnt Beckmannshagen. Energetische Sanierungen sollten deshalb immer durch einen Qualitätssicherer der Wohnungsbaukreditanstalt oder einen Bauberater begleitet werden. Das sei auch notwendig, um Fördergelder zu beantragen. Besonders gut geeignet für Bestandsgebäude ist das EnerPhit-Programm. Dabei sollen mit Passivhaus-Komponenten alte Gebäude energetisch möglichst fit gemacht werden. Um förderungswürdig zu sein, muss das Ergebnis dabei aber nicht zwingend dem Passivhausstandard entsprechen. Als ersten Schritt empfiehlt Beckmannshagen, sich an einen Energieberater zu wenden, der das Gebäude bezüglich Einzelmaßnahmen oder kombinierter Lösungen anschaut.

Für Familie Lengler hat sich das Bauvorhaben auf jeden Fall gelohnt. Obwohl sie deutlich weniger als für einen vergleichbaren Neubau investierte, wohnt sie nun in einem zukunftssicheren Passivhaus - und das mit 100-jähriger Tradition.

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