"Viel zu häufig wird die Treppe bei der Planung eines Hauses vergessen", sagt Christine-Ruth Hansmann. "Denn sie gilt oft nur als etwas, das einen Zweck erfüllen soll." Dabei könne eine Treppe viel mehr sein - ein Möbel zum Beispiel, mit Einbauschränken. Sie könne klassisch sein, aus Holz, oder modern mit Stahl oder Glas. Auch ihre Wirkung sei unterschiedlich: großzügig und einladend oder klein und nüchtern hinter einer Wand versteckt.

"Eine Treppe ist viel mehr als ein paar funktionale Stufen, die zwei Stockwerke miteinander verbinden", sagt die Architektin. Hansmann ist immer wieder begeistert, wenn sie bedenkt, was heutzutage alles möglich sei. In ihrem Buch "Treppen in der Architektur" beschreibt sie die vielen Spielarten. Auch erläutert sie die Grundlagen beim Bau einer Treppe, die Baustoffe sowie die Gesetze und Normen. "Leider werden heute rund 80 Prozent aller Häuser als Fertighäuser errichtet", sagt Hansmann, "das betrifft natürlich auch die Treppen, um Kosten zu sparen."

Einer, der oft mit der Lieblosigkeit von Fertigbau-Treppen konfrontiert wird, ist Walter Schmidt. Der gelernte Zimmerer und Tischlermeister ist Geschäftsführer von Bewas, einem Treppenstudio im Westen Hamburgs. Seit mehr als 20 Jahren ist Schmidt im Treppenbaugeschäft. "Meist machen sich die Leute zu spät Gedanken um die Treppe, sie achten einfach nicht darauf", sagt Schmidt. Bauträger planten meist Fertigtreppen aus Beton im Wert von bis zu 1500 Euro. "Kunden kommen dann zu mir und fragen: Wenn wir die Fertigtreppe nicht nehmen, was bekommen wir bei Ihnen für diesen Preis?" Meist nicht viel, müsse er dann antworten, sagt Schmidt, "ein paar Tausend Euro" koste eine maßgefertigte Treppe schon, je nachdem, wie hoch der Aufwand sei, rund 10 000 Euro in der Spitzenkategorie.

"Wir kommen, nehmen Maß, planen und stimmen den Entwurf ab. Dann fertigen wir eine Simulation am Computer an, die wir an unsere Kooperationspartner schicken", erklärt Schmidt. Viele Treppen hätten heute Elemente aus Glas oder Edelstahl. Diese kämen nach der Anfertigung in Einzelteilen in den Fertigungshallen von Bewas an und würden hier zusammengebaut.

"Eine der Herausforderungen beim Treppenbau ist das Anfertigen von Krümmlingen", sagt der Tischlermeister. "Das sind gewundene Hölzer, die wir zum Beispiel für Handläufe brauchen." Hölzer mit einem derartigen Durchmesser würden sich nicht einfach biegen lassen. Der Fachmann müsse einzelne Lamellen anfertigen, anfeuchten und zusammengepresst um große Winden zum Trocknen legen. "Rund 30 Prozent unserer täglichen Arbeit besteht darin, Krümmlinge für andere Tischlereien herzustellen, weil sie das selbst nicht können", sagt Schmidt. Etwa acht Wochen dauere es, bis eine maßgefertigte Treppe fertig sei.

Bewas betreibt seit 1992 einen Schauraum für Treppen. Hier sind auf rund 200 Quadratmetern in drei Räumen etwa 35 verschiedene Modelle ausgestellt. "Diesem Studio verdanken wir unsere Existenz", sagt Schmidt. "Oft kommen Architekten mit ihren Kunden zu uns, sie sehen die Treppen genau so vor sich, wie sie später aussehen werden."

Im Schauraum sind sehr unterschiedliche Treppen zu sehen, manche ganz aus Holz, massiv, konservativ, sie könnten in ein Herrenhaus passen oder in eine Villa. "Dunkle Hölzer sind jetzt beliebt", sagt Schmidt, "Meerbaum, Nuss oder auch das teure Wenge-Holz."

Andere Treppen in der Ausstellung scheinen fast nur aus Stahl zu bestehen, mit filigranem Geländer. Wieder andere kleben ohne sichtbaren Halt an der Wand. "Diese Faltwerktreppen sind ganz neu", sagt Schmidt, "sie haben keine Tragholme, sondern sind quasi ineinandergesteckt. Diese optische Schwerelosigkeit gefällt den Kunden." Glas hingegen werde selten verlangt. "Das Material ist nicht jedermanns Sache", bestätigt Innenarchitektin Elke Salmen. "Man hat das Gefühl, ins Leere zu treten, ältere Menschen bekommen ein Schwindelgefühl." Dabei seien Glastreppen wunderbar vielseitig; sie bestünden meist aus mehreren Schichten, zwischen die Folien gelegt werden könnten. "Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt", sagt Salmen. Ein Vorteil von Glas sei, dass es relativ stabil sei und kaum zerkratze, was bei Holz schneller passiere.

Aus diesem Grund entwarf der Treppenhersteller Kenngott eine besonders feste Treppe und ließ diese patentieren - die LonglifeTreppe. "Sie besteht aus einer besonders bearbeiteten Holzträgerplatte mit einer speziellen Beschichtung", sagt Geschäftsführer Armin Wurster. "Wir haben eine Menge Überlegungen in das Produkt gesteckt und verraten natürlich die Konstruktion nicht." Doch das Ergebnis lasse sich zeigen: Die patentierte Treppe sei UV-beständig und resistenter als jede andere, so Wurster: "Zum Test lassen wir aus 21 Zentimeter Höhe eine 400 Gramm schwere Metallkugel fallen. Holz bekommt dabei Dellen, Fliesen splittern. Bei uns sieht man nichts."