Andere Nutzung durch neue Raumaufteilung. Viel Tageslicht im Innenbereich.

Das Siedlungshaus von 1933, mit den kleinen Räumen, dem spitzen Giebeldach, umgeben von einem Garten von 600 Quadratmetern, sollte für den Architekten Christoph Roselius zur Herausforderung werden. Anfangs gab es nur die Anfrage der Bauherren, die gerade das zweite Kind bekommen hatten: "Wir brauchen mehr Platz. Doch wir wollen nicht so viel von dem Garten verschenken. Schließlich sind wir doch deswegen ins Grüne gezogen."

Roselius und sein Kollege Julian Hillenkamp von eins:eins Architekten begannen zu planen. "Wer ein altes Haus erweitert, zieht meist den Anbau tiefer in den Garten", sagt Roselius. "Doch genau das wollte der Bauherr vermeiden." Auch gebe es oft Schwierigkeiten mit der Gestaltung, denn An- und Altbau sollten zueinander passen. "Die alte Bauweise können wir kaum imitieren, meist sind die Materialien nur teuer zu beschaffen", sagt der Architekt. "Bei diesem Haus trafen die Eigentümer schnell die Entscheidung, den Anbau modern zu gestalten und damit einen Kontrast zum Haus zu bilden."

Man einigte sich auf einen seitlichen Anbau, der über das Erdgeschoss und den ersten Stock senkrecht am Haus emporwächst und mit einem schrägen Dach an den Giebel anschließt. "So konnten wir auch das Dach entscheidend und damit das Haus um ein zweites Stockwerk erweitern", sagt Roselius. Und das, obwohl der Anbau an der Grundfläche des Hauses kaum zwei Meter breit sei. "Trotzdem haben wir mit 156 gegenüber 125 m⊃2; insgesamt 31m⊃2; Wohnfläche gewonnen", sagt der Architekt.

"Fast ebenso wichtig wie eine Erweiterung auf möglichst wenig Grundfläche war die Qualität und die Nutzbarkeit der Räume", sagt Roselius. Der Neubau kostete rund 100 000 Euro - fast ebenso viel steckten die Bauherren in die Renovierung des Altbaus. Im Erdgeschoss wurden Wände entfernt, die statisch nicht unbedingt nötig waren. So entstand ein Raum mit Licht und Luft, eine offene Küche sowie die Ausrichtung des Wohnens in den Garten: "Wir haben alle Fenster bis zum Boden gezogen", sagt Roselius. Wie bei einem Paravent lassen sich die Fenster ganz beiseite schieben.

Die Öffnung des Wohnraums in den Garten ist auch für Dirk Landwehr vom Büro trapez architektur ein entscheidender Vorteil eines Anbaus, den er in Volksdorf entwarf. Dort stellte der Architekt im Mai eine Erweiterung eines Siedlungshauses von 1928 fertig. Der Rotklinkerbau mit engen Räumen, kleinen Fenstern und einem spitzen Dach war von einem Malermeister gebaut worden. "Hinter uns liegt eine lange Planungsgeschichte", sagt Landwehr, sie habe kurz nach dem Kauf des Hauses 2004 begonnen. "Eigentlich wollten wir nur einen Wintergarten bauen", sagt der Bauherr, "am Ende entschieden wir uns dann für die große Lösung."

Entstanden ist ein Kubus, der zum größten Teil aus Glas besteht. Er umkragt auf zwei Stockwerken den hinteren Teil des Häuschens. Jedoch mit einem Bruch in der Symmetrie: "Das Haus selbst steht leicht schräg zu den Grenzen des Grundstücks", sagt Landwehr. "Den Anbau haben wir daran angepasst und parallel zu den Grundstücksgrenzen gesetzt." Damit verbinde der Anbau jetzt beide Achsen, so der Architekt.

In den fünf Jahren der Planungsphase arbeiteten Bauherr und Architekt eng zusammen. "Immer wieder änderten wir Entwürfe, neue Aspekte kamen ins Spiel", sagt Landwehr.

Der Architekt baut überwiegend öffentliche Gebäude, oft gebe es wenig Abstimmung. Dann habe er freie Hand. Doch die gemeinsame Auseinandersetzung mit Details habe nicht nur Spaß gemacht, sondern auch zur Qualität des Anbaus beigetragen.

So entschieden sich Architekt und Bauherr, den Eingang auf die Seite zu verlegen. Der ist aus Glas und führt an der ursprünglichen Wand aus Backsteinen entlang direkt in die Küche und in den Anbau. Nach links öffnet sich ein großzügiges Wohnzimmer, das sich über die gesamte Breite des Hauses zieht. Eine Fuge im Holzfußboden markiert die ehemalige Außenwand. Auch in den Räumen im ersten Stock sind die Proportionen des Altbaus zu erkennen. Im Badezimmer bildet die alte Backsteinfassade jetzt eine der Innenwände und gibt dem Raum besondere Tiefe. "Wir haben viel Wert darauf gelegt, den Charakter des Siedlungshauses zu erhalten", sagt Landwehr. "Der Anbau bietet den Bewohnern mehr Platz und mehr Licht, doch er hält sich optisch hinter dem Haus selbst zurück."

Anders sieht es ein paar Straßen weiter in der ehemaligen Kapitänssiedlung in Volksdorf aus. Dort steht ein Haus von 1936. Sprossenfenster, verputzte Fassade und Giebeldach, Blumen säumen den Vorgarten, die Haustür liegt mittig, wie bei den anderen Häusern in dieser Straße. Doch hier sticht der Anbau ins Auge: Er fügt sich rechts an die Seite des Hauses und leuchtet rot. Wie in dem Haus in Blankenese wohnt hier eine Familie mit kleinen Kindern, die bald mehr Platz brauchte als die verfügbaren 110 m⊃2;. "In diesem Fall hatte die Bauherrin konkrete Vorstellungen", sagt die Architektin Sigrid Meyer. Die Planung habe nur ein halbes Jahr, die Bauzeit vier Monate gedauert. Insgesamt 185 000 Euro hätten die Baukosten betragen, inklusive Renovierung des Altbaus. Dazugewonnen hätte die Familie knapp 70 m⊃2; Wohnfläche.

"Ich wollte von Anfang an einen modernen Kubus, der einerseits in Kontrast steht zum Haus, sich aber optisch zurückhält", sagt die Bauherrin. "Wir zogen die Wand bis etwa zweieinhalb Meter an die Grundstücksgrenze, so weit wie erlaubt", sagt sie. Und auch die Farbe stand für die junge Frau fest: "Rot sollte er sein. Auffallend neu, ein Anbau aus unserer Zeit."