Sie waren lange Zeit in Hamburg nur eine Vision - jetzt werden die Ersten von ihnen bezogen.

"Es ist ein Traum, hier wohnen zu dürfen", findet Manfred Winkler. Von seiner großzügigen Terrasse geht der Blick aufs Wasser und auf das satte Grün der Trauerweiden am Ufer. Aber eigentlich schaut man von fast jedem Punkt aus aufs Wasser, denn Winklers Traumhaus ist ein schwimmendes Haus. Es liegt direkt im Eilbekkanal an der Uferstraße in Wandsbek. Wohnen ist hier sehr idyllisch.

Insgesamt zehn schwimmende Häuser sollen auf dem Kanal östlich des Kuhmühlenteichs entstehen. Die ersten fünf Häuser sind fertiggestellt und werden nun bezogen. Doch bis es so weit war, mussten die Hausboot-Pioniere lange durchhalten und auch selbst kräftig mit anpacken. Auf der Terrasse von Manfred Winkler und seinem Lebensgefährten Martin Müller-Wolff müssen noch die Holzbohlen verlegt werden, auch das Treppenhaus ist noch provisorisch. "Wir haben wirklich jede freie Minute in den Innenausbau gesteckt und vieles selbst gemacht", erklärt Winkler.

Nach "Do it yourself" sieht das schwimmende Heim des Polizeibeamten Winkler und des Innenarchitekten Müller-Wolff allerdings nicht aus: Cortenstahl, der oberflächlich schnell rostet und so seine markante Färbung erhält, Bullaugenfenster und Lärchenholz bilden die Fassade, große Seitenfenster holen Licht und Ufergrün ins 120 Quadratmeter große Innere.

Äußerlich ist das Haus ein Zwitter - halb Haus, halb Boot. Die Architekten Nathalie Dudda und Thomas Müller erklären die Projektidee so: "Es ist kein Haus und kein Boot, soll aber Elemente von beidem haben." Der kubische Aufbau aus Cortenstahl "soll bewusst Assoziationen an Industrie und Hafen wecken", so Dudda, das Untergeschoss mit seiner Verkleidung aus Holzlammellen erinnert an einen schlichten Bungalow.

"Die Haustechnik muss heute allen baurechtlichen Anforderungen genügen", ergänzt Thomas Müller, der mit Nathalie Dudda das Büro "tun-architektur" bildet. Geheizt wird deshalb mit einer hochmodernen Wasser-Sole-Anlage, die ihre Energie über einen Wärmetauscher aus dem Wasser im Eilbekkanal gewinnt. Strom, Frisch- und Abwasser werden über die ohnehin am Ufer unter der Straße liegenden Leitungen bezogen beziehungsweise entsorgt.

Dudda und Müller sind nicht nur Planer des Hauses, sondern auch die Bauherren. Die Stadt Hamburg hatte 2006 in einem bundesweit bislang einmaligen Verfahren zehn Liegeplätze am Eilbekkanal an Bauherren mit den kreativsten Ideen vergeben. Mit ihrem Konzept für einen "Freischwimmer" überzeugte das Hamburger Architektenpaar die Jury und konnte sich so gemeinsam mit den schnell gefundenen Mietern an die Umsetzung machen. "Dank Eigenleistung liegt der Hauspreis bei 350 000 Euro", so Müller. Dazu kommt eine jährliche Pacht von 1800 Euro für die Nutzung des Liegeplatzes. Eigentümerin des Wasser-"Grundstücks" ist nämlich die Stadt, nicht der Hauseigentümer - dem fehlt dieses Grundstück als Sicherheit bei der Finanzierung. Mit Bürgschaften oder höherer Eigenbeteiligung lösten die Hausbesitzer das Problem. So machen es auch die Nachbarn Florentine-Amelie Rost und Jörg Niderehe. Die jungen Architekten sind privat und beruflich ein Team und haben nicht nur ihr Haus selbst entworfen, sondern auch teilweise selbst gebaut und werden es Ende August beziehen. "Dann können wir hoffentlich noch etwas den Sommer auf dem Wasser genießen", sagt Niderehe. Ihr Traumhaus haben sie passenderweise "Traumfänger" genannt.

Alle Häuser im Eilbekkanal wurden von verschiedenen Architekten entworfen. Entsprechend bunt sieht es aus. "Es gab fast keine Auflagen. In Hamburg kann man auf dem Wasser fast so bauen, wie man will", sagt Thomas Müller. Der Grund: In der Hansestadt wird alles, was schwimmt, nach Wasserrecht beurteilt, nicht nach Baurecht.