Kreativer Entwurf von G1 für Dubai: Drei Wasserfälle kühlen ein 50-geschossiges Hochhaus im Inneren. Das Hamburger Büro hat auch Kontakte in Spanien und Saudi-Arabien geknüpft.

Energieeffizient zu bauen ist für Architekten eine der Herausforderungen ihres Berufes. In Norddeutschland stellt sich dabei die Frage, wie man neue Gebäude so baut, dass sie in kalten Jahreszeiten mit wenig Energiezufuhr und geringem Energieverlust optimal geheizt werden können und wie man dieses Ziel bei der Umrüstung von alten Bestandgebäuden erreichen kann. Ziel: die Umwelt und den Geldbeutel von Eigentümern und Mietern zu schonen.

Auch für den Hamburger Architekten Michael A. Schmidt ist energieeffizientes Bauen "das Thema der Gegenwart, zumal es ständig neue Entwicklungen gibt", sagt der Architekt, der in der Güntherstraße 1 in einem markanten Gebäude im Stil der wilhelminischen Backsteingotik das Büro G1 betreibt.

Unbekanntes Neuland war für Michael Schmidt beispielsweise der Auftrag, im Rahmen eines Einladungswettbewerbs einen 50 Stockwerke hohen Wolkenkratzer mit 332 Appartements zu entwerfen, der auf der künstlichen Insel "Waterfront" in Dubai stehen soll. Ungewöhnlich war dabei nicht nur die für Hamburg untypische Höhe des Gebäudes, das doppelt so hoch wie das Unileverhaus in den Himmel ragen soll. Außergewöhnlich war auch die Herausforderung im energetischen Bereich. In Dubai müssen die Gebäude nicht geheizt, sondern gekühlt werden. "Die Scheichs planen bereits für die Zeit nach dem Öl", sagt Schmidt. Vorgabe für die Architekten war es deshalb, neue Energiequellen zu verwenden und zukunftsweisende Technologien einzusetzen. "Man möchte anderen Ländern voraus sein", sagt Schmidt.

Auf bewährte Lösungen zurückzugreifen war für den Architekten und seine vier Mitarbeiter also keine Option. "Es gab keine Tabus, sodass wir unserer kreativen Fantasie freien Lauf lassen durften." 500 Arbeitsstunden wurden in dieses Projekt investiert. Als Ergebnis stand der "Bio Green Tower". Das runde Hochhaus fällt auf. Die wabenförmig strukturierte Fassade ist in sich gedreht wie ein Handtuch, das man mit den Händen auswringt. Diese Fassadengestaltung ist aber nicht nur aus optischen Gründen entwickelt worden, sondern ist auch für das neu entwickelte Kühlungssystem wichtig. Durch die Öffnungen findet ein ständiger Luftaustausch zwischen außen und innen statt. Im Inneren des Gebäudes trifft die warme Außenluft auf einen Wasserfall, der sich kaskadenartig vom obersten Stockwerk bis ins Erdgeschoss ergießt. "Eigentlich sind es drei Wasserfälle, die sich jeweils über 15 bis 17 Stockwerke erstrecken", sagt Michael Schmidt. Betrieben wird der Wasserfall mit Pumpen, die ihren Strom aus Solarkollektoren beziehen. "Die Luft wird durch diesen Wasserfall, der für die Bewohner auch optisch wahrnehmbar ist, gekühlt und nimmt dabei Feuchtigkeit auf", erklärt Michael Schmidt. Das sei in dem heißen, trockenen Wüstenklima Vereinigten Arabischen Emirate eine Erholung für die Bewohner. Zum weiteren Wohlbefinden sollen große Grünflächen und Terrassen auf verschiedenen Ebenen des Hochhauses beitragen. Für die Warmwasserversorgung des Gebäudes sorgen solare Wassertanks auf dem Dach. "Die Kosten für dieses Haus sind sicherlich etwas höher als bei konservativ erstellten Gebäuden", sagt Schmidt, betont aber, dass die Bewirtschaftungskosten ungleich niedriger als bei herkömmlichen Bauten seien.

Ob der Bio Green Tower jemals in Dubai gebaut wird, steht in den Sternen. Denn noch ist die künstliche Insel "Waterfront" eine Vision. Erst gegen 2030 soll die mit 440 Quadratkilometer größte künstliche Insel der Welt fertiggestellt sein. Zum Vergleich: Hamburg hat eine Fläche von rund 755 Quadratkilometern. Michael Schmidt geht es aber bei seinem Bio Green Tower weniger um den Standort Dubai als um das Konzept des Gebäudes. "Wir stehen kurz vor der Vertragsunterschrift mit einem Unternehmen, das den Wohnturm im arabischen Raum, vornehmlich in Saudi-Arabien, vermarkten will", so der Architekt. In Saudi-Arabien dürfe nicht so hoch wie in Dubai gebaut werden, aber die erforderliche Mindesthöhe von 15 Stockwerken sei erlaubt. Das sei die Fallhöhe, ohne die das Kaskadenkühlungskonzept nicht funktionieren würde. Das sei eine Gebäudehöhe, die den Bio Green Tower auch für südeuropäische Länder interessant mache. "Warum sollte er nicht auch in Spanien stehen?", fragt Schmidt.

In Spanien kennt sich der Architekt beruflich aus. Er arbeitet eng mit dem Architekten Florian Hoyndorf zusammen, der sein Büro in Barcelona hat. "Rechtlich sind beide Büros getrennte Einheiten. Aber durch die enge Kooperation sind wir in Hamburg für deutsche Bauherren, die in Spanien ein Wohnhaus, einen Supermarkt oder was auch immer bauen wollen, ein guter Ansprechpartner", sagt Schmidt.

Ideen entwickelt der Architekt aber in erster Linie für Hamburg. "Hier haben wir uns in Sachen Energieeffizienz bei Neubauten und Umrüstungen von Bestandsbauten Kompetenz erworben." Dass dabei die Wünsche des Bauherrn im Vordergrund stehen und visionäre Höhenflüge wie in Dubai eher die Ausnahme bilden, ist für Schmidt klar. Dennoch würde er gern auch im Stadtbild Hamburgs Akzente setzen. So hat er einen Bürobau entworfen, der den in die Jahre gekommenen Nachkriegsbau ersetzen soll, der gegenüber dem Haus steht, in dem er sein Büro hat. Noch ist das Gebäude nicht realisiert worden - nach wie vor prägt der Altbau die Ecke.