Mieter sollten angesichts neuer Rechtsprechung des BGH nicht voreilig Kosten für Schönheitsreparaturen übernehmen. Lesen Sie hier mehr dazu.

Kurz vor Auszug aus der Wohnung bekommen viele Mieter das große Flattern: Wird der Vermieter die Räumlichkeiten problemlos abnehmen oder verlangt er eventuell, dass Türen und Wände gestrichen werden müssen? Weil viele befürchten, dass dies der Fall sein könnte, entscheiden sie sich quasi im vorauseilenden Gehorsam für die Renovierung aus eigenen Mitteln. "Dabei sollte man immer zuerst einen kritischen Blick auf die entsprechenden Renovierungsklauseln im Mietvertrag werfen oder diese im Zweifelsfall von einem Experten prüfen lassen", rät Marielle Eifler, Sprecherin des Mietervereins zu Hamburg. Denn viele der alten Klauseln hielten längst nicht mehr der neuen, mieterfreundlichen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes stand. Oft habe dies zur Konsequenz, dass Mieter gar nicht mehr renovieren müssten.

Für ein Ehepaar kommt dieser Rat zu spät. Es ließ in der Mietwohnung Reparaturarbeiten in vierstelliger Höhe auf eigene Kosten vornehmen und erkannte erst Monate später, dass es dazu nicht verpflichtet gewesen war - wegen unwirksamer Schönheitsreparaturklauseln im Mietvertrag. Als das Ehepaar die Vermieterin auf Erstattung der Kosten verklagte, entschied der Bundesgerichtshof unter Berufung auf § 548 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB): Ein solcher Anspruch verjährt sechs Monate nach Beendigung des Mietverhältnisses.

Marielle Eifler ist nicht glücklich über dieses Urteil, "denn der BGH hätte sich auch für eine großzügigere Regelverjährungsfrist von drei Jahren entscheiden können, so wie es die Paragrafen 195 und 199 BGB vorsehen." Mit der kürzeren Frist von sechs Monaten berücksichtige das Urteil zu wenig die Unwissenheit beziehungsweise Verunsicherung vieler Mieter hinsichtlich notwendiger Renovierungsarbeiten und den "ungeheuren Druck, den Vermieter gern vor Abnahme einer Wohnung aufbauen". Aus Angst, sie könnten möglicherweise den Anspruch auf Rückzahlung ihrer Kaution verlieren, griffen viele Mieter allzu schnell zu Pinsel und Farbe. "Nach unserer Einschätzung enthalten aber viele Mietverträge, die vor 2007 abgeschlossen wurden, unwirksame Klauseln zum Thema Schönheitsreparaturen", sagt die Mietrechtsexpertin. "Wo dies der Fall ist, müssen Mieter nicht renovieren."

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Heinrich Stüven, Vorsitzender des Grundeigentümer-Verbandes, will beides so nicht stehen lassen: "Erstens setzt die Abnahme der Wohnung auch den Vermieter unter Stress, da ja auch er Gefahr läuft, Mängel zu übersehen. Zweites sind die Mietverträge, die von uns seit 20 Jahren herausgegeben werden, alle rechtskonform und enthalten wirksame Schönheitsreparaturklauseln." Allerdings verzichte der Verband in aktuellen Vertragsfassungen beim Hinweis auf Renovierungsarbeiten in bestimmten Zeiträumen auf das Wort "üblicherweise". Stattdessen werde nur noch von Arbeiten je nach Abnutzung der Räumlichkeiten gesprochen.

In dieser Formulierung spiegelt sich die Rechtsprechung des BGH, wonach starre Vorgaben beziehungsweise Klauseln grundsätzlich unwirksam sind, die klar vorgeben, in welchen Abständen renoviert werden muss.

Auf keinen Fall sollten Mieter bei der Wohnungsabnahme ein Protokoll mit der Verpflichtung zu Korrekturarbeiten unterschreiben, warnt Marielle Eifler. "Es gibt keine Pflicht, so ein Papier zu unterschreiben." Zumal immer zuerst geklärt werden sollte, ob eine wirksame Verpflichtung zur Renovierung überhaupt besteht. "Also: Immer zuerst den Vertrag daraufhin prüfen lassen. Ist die Klausel wirksam, kann man versuchen, eine Vereinbarung zu treffen, die den Vermieter anteilig an der Maßnahme beteiligt", sagt die Juristin. Im Zweifelsfall könnte man bereits im Vorfeld der Endabnahme klären, wie es um die Abnutzung der Räume bestellt ist. Grundsätzlich sei es aber Aufgabe des Vermieters, die Wohnung in einem gebrauchsfähigen Zustand zu erhalten. In den Merkblättern 42 und 43 (Streitthema Schönheitsreparaturen und unwirksame Renovierungsklauseln) hat der Mieterverein unter www.mieterverein-hamburg.de festgehalten, welche Klauseln unwirksam sind. "Insbesondere ältere Menschen sollten sich nicht drängen lassen, einem Übergabeprotokoll oder aber einer Mieterhöhung zuzustimmen, weil die Renovierungsklausel im alten Mietvertrag unwirksam ist", warnt die Juristin. "Mieter sind nicht verpflichtet, einen Nachtrag zu unterschreiben mit einer wirksamen Renovierungsklausel." Verärgert ist die Expertin über das Gebaren mancher Wohnungsgenossenschaft. "Hier wird häufig ein weiteres Urteil des BGH ignoriert, wonach die Klausel unwirksam ist, dass Mieter nicht berechtigt sind, ,ohne Zustimmung des Wohnungsunternehmens/der Genossenschaft von der bisherigen Ausführungsart abzuweichen'."