Säuglingsnahrung mit Prä- und Probiotika soll Neurodermitis und Asthma verhindern. Die Zusätze sind zwar unbedenklich, die Wirkungsweise ist jedoch nicht ausreichend belegt.

Mit rätselhaften „GOS“ oder verheißungsvoller „Probiotik“, ganz „nach dem Vorbild der Natur“: So lenken Hipp, Humana und andere Hersteller von Säuglingsnahrung die Aufmerksamkeit frisch gebackener Eltern auf ihre Produkte. Lebende Mikroorganismen oder Kohlenhydrate werden Babymilch beigemischt und als Probiotika und Präbiotika angepriesen. Wer nicht stillt, soll so das Beste für eine gesunde Darmflora seines Kindes tun können – und dadurch Neurodermitis oder Asthma vorbeugen.

Wie revolutionär ein solches Mittel wäre, zeigt die Statistik: Jeder vierte Erwachsene hat eine Allergie, schon in Kindheit und Jugend trifft es 17 von 100. In den Fokus der Forschung rückten Prä- und Probiotika nicht zuletzt aufgrund interessanter Studienergebnisse: Kinder mit Neurodermitis haben weniger Milchsäurebakterien im Kot als gesunde.

Milupa und Hipp haben sich Zusätze patentieren lassen

In der Praxis reichern die Hersteller nun die Säuglingsmilch an: mit Mikroorganismen wie Milchsäurebakterien (Probiotika) oder Kohlenhydraten wie Galactooligosacchariden, die das Wachstum nützlicher Bakterien im Darm fördern sollen (Präbiotika).

Hersteller wie Milupa und Hipp haben sich ihre Zusätze sogar patentieren lassen. Pate steht das Naturprodukt schlechthin: „Ballaststoffmischung nach dem Vorbild der Muttermilch“ nennt Aptamil seine Präbiotika-Mischung. „Das Vorbild Muttermilch ist Leitlinie für unsere Entwicklungsarbeit“, verspricht Hipp.

Bisher gibt es jedoch nur einzelne wissenschaftliche Hinweise, dass prä- und probiotische Zusätze in Babymilch wirklich nutzen, heißt in der Zeitschrift test. So scheint sich das Risiko, in den ersten Lebensjahren Neurodermitis zu bekommen, dadurch reduzieren zu lassen – wenn auch nur in geringem Ausmaß. Das zeigen bisherige Studien.

Kinder von Allergikern sind häufiger betroffen

Immerhin: Alle prä- und probiotischen Zusätze, die sich in deutscher Babymilch finden, sind nach heutiger Kenntnis unbedenklich. Für eine generelle Empfehlung fehlt aber aktuell die Grundlage. So ist nicht belegt, dass Prä- und Probiotika in Babymilch wirklich langfristig Allergien vorbeugen. Auch ein positiver Effekt mit Blick auf Asthma oder Heuschnupfen ließ sich nicht nachweisen. Zudem schwankt die Qualität der Studien, die Ergebnisse sind zum Teil widersprüchlich, gibt die Stiftung Warentest zu bedenken.

Besonders gefährdet, eine Allergie zu entwickeln, sind Kinder, wenn ein Elternteil oder Geschwister Allergiker ist. Sie entwickeln zu 20 bis 30 Prozent eine Allergie, bis dreimal so oft wie andere Kinder. Sind beide Eltern Allergiker, liegt die Wahrscheinlichkeit bei bis zu 50 Prozent.

Der beste Schutz gegen Allergien ist, mindestens die ersten vier Monate zu stillen. Da sind sich alle Experten einig. Ist Stillen nicht möglich, sollten Allergiker hypoallergene Nahrung – „HA-Nahrung“ genannt – füttern. Das Eiweiß ist in kleine Bausteine gespalten, die Milch ärmer an Allergenen. Bevorzugt Milch mit Prä- und Probiotika zu kaufen, bringt in puncto Allergieprävention nach jetzigem Stand keinen relevanten Vorteil. Auch der Rat, beim Brei allergieauslösende Lebensmittel wie Fisch oder Weizen zu meiden, ist überholt.

Weitere Informationen finden Sie in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift test 9/2013 und www.test.de