Nintendo präsentiert seine neue Spielkonsole ausgerechnet auf der Frankfurter Buchmesse. Eine gute Gelegenheit sie ausgiebig zu testen.

Der Lärmpegel ist hoch, die Luft stickig und gedrängelt wird sowieso. Auf der Gamescom ist das Alltag. Um selbst an unveröffentlichte Soft- und Hardware Hand anzulegen nimmt der Spieler so manche Strapazen auf sich. Selbst wenn nach stundenlanger Wartezeit oft nur wenige Minuten Spielzeit herausspringen. Nicht unbedingt die beste Voraussetzung um eine neue Konsole zu präsentieren. Das dachte sich anscheinend auch Nintendo und fährt stattdessen zur Frankfurter Buchmesse. Im Gepäck die neue Wii U und sechs Launchtitel.

Die Wii hat es geschafft, dass Gaming auch zum generationsübergreifenden Thema geworden ist. Die intuitive Steuerung mit dem Fernbedienungähnlichen Controller fand großen Anklang bei jung und alt. Selbst die sogenannte Silver-Generation, die Großeltern, trauten sich plötzlich an die Konsolen. Beschwert haben sich nur die Fans „richtiger“ Spiele, lange Zeit wurde ein neues Zelda oder Metroid Prime auf einer Nintendo Konsole vermisst. Wem die Wii zu sehr zum Partyspaß verkommen ist, wechselte vereinzelt in die Lager der Konkurrenten Sony und Microsoft.

Mit der Wii U möchte Nintendo diese Spieler zurückholen. Die Grafik ist nun endlich HD, die Konsole braucht sich also nicht mehr vor der PS3 oder der Xbox360 verstecken. In Anbetracht deren bald erscheinenden Nachfolger ist aber fraglich, wie gut sich die Wii U in zwei Jahren in technischer Hinsicht noch halten kann. Daher musste eine weitere Innovation her und die ist gelungen. Statt einem normalen Gamepad ist die Steuerungseinheit eine Art Tablet wie das iPad von Apple, nur mit normalen Knöpfen und Knüppel an der Seite. Der Touchscreen des Tablets wird als zweiter Bildschirm eingesetzt. Das schon auf den anderen Konsolen erschienene Batman Arkham Asylum nutzt diesen zum Beispiel als Inventar, oder um im Detektiv-Modus das Geschehen auf dem Fernseher zu scannen.

Bei Luigis Mansion, enthalten in der Spiele-Sammlung Nintendo Land, steuert ein Spieler auf dem Tablet den Geist, bis zu vier weitere Spieler versuchen ihn auf dem Fernseher zu finden. Dazu nutzen sie Taschenlampen. Wird der Geist angeleuchtet nimmt er Schaden, angeleuchtete Mitspieler werden geheilt. Somit entsteht echtes Teamplay, um schließlich den Geist zu besiegen – die Kinder auf dem Messestand waren begeistert.

Ein weiteres Highlight war Assassin's Creed. In der Messe-Demo durfte man eine Seeschlacht bestreiten, die sehr dynamisch war. Um Fahrt aufzunehmen wurden die Segel gesetzt, bei scharfen Kurven und Konfrontationen mit dem Gegner mussten sie wieder eingeholt werden. Schaffte man es das eigene Schiff seitlich zum Feind auszurichten, konnte eine der vier Waffen abgefeuert werden. Ketten zerstörten beispielsweise den Mast, brennende Kugeln richten verheerenden Schaden am Rumpf an. Der Mehrwert des Tablet Controllers war hier aber gering, lediglich das Inventar wurde auf dessen Bildschirm ausgelagert.

Eine der größten Überraschungen für die neue Wii U ist immer noch Zombie U von Ubisoft. Der exklusive Titel erzeugt Spannung indem er Zeitdruck aufbaut, während man auf dem Tablet im Inventar wühlt oder Rätsel löst. Wenn man sich nämlich gerade auf den zweiten Bildschirm konzentriert, geht das Geschehen auf dem Fernseher weiter. Ständig muss man also nach oben schielen, um nicht von einem um die Ecke kommenden Zombie überrascht zu werden. Läuft man unvorhergesehen in untote Arme, führt das in den meisten Fällen zum Tod, da die Munition sehr knapp bemessen ist. Das eigene Ableben ist aber nicht weiter schlimm, da man danach sofort als neuer Charakter anfängt und sich seine Sachen wieder holen kann – von der alten Spielfigur in Zombie-Gestalt mitsamt vorher befülltem Rucksack.

Zusammen mit den beiden eher traditionell gehaltenen Spielen Mario Bros. und Pikmin schnürt Nintendo ein ausgeglichenes Paket an Starttiteln für die Wii U. Wieder werden jung und alt bedient, doch Batman, Zombie U und Assassin's Creed sorgen dafür, dass auch geübte Spieler auf ihre Kosten kommen. Eine kleine Eingewöhnungsphase ist aber trotzdem nötig. Oft fühlt sich der Stick des Tablets wegen der geringen Größe noch etwas schwammig an. Vereinzeltes Kantenflimmern und manch verwaschene Textur trüben die sonst so gute Grafik – hoffentlich lag das nur an den Demo-Versionen der Spiele.

Am 30. November sollen dann Konsole und Spiele erscheinen. 350 Euro wird das Premium Paket mit Nintendo Land oder Zombie U kosten, 300 Euro wird für die abgespeckte Variante ohne Wii Sensor Bar und ohne Spiel verlangt. Schade ist, dass kein Zelda oder Metroid Prime gleich zum Release erscheint, das hätte den treu gebliebenen Nintendo Fans sicher mehr gefallen und auch vergraulte Spieler wieder zurück geholt. Nintendo sollte in dieser Hinsicht die nächsten zwei Jahre nachlegen, sonst befinden sich alle Vielspieler schnell wieder bei Xbox720 und PS4.