Ein Gerücht auf Facebook war in den Niederlanden Anlass für einen Auftragsmord. Solche extremen Fälle sind selten; Mobbing im Netz aber nicht.

Berlin. Mobbing im Internet ist nach Ansicht des Berliner Entwicklungspsychologen Herbert Scheithauer „eine sehr perfide Form der Gewalt“. „Man kann sich sehr schwer dagegen wehren und fühlt sich sehr verzweifelt und hilflos“, sagte der Professor der Freien Universität. „Dieses geschriebene Wort im Internet wirkt natürlich viel heftiger, als wenn ich auf dem Schulhof mal von der Seite angerempelt werde und jemand etwas Schlimmes zu mir sagt. Weil es dann schwarz auf weiß dort steht und andere darauf Bezug nehmen können.“ Dies gelte gerade dann, wenn die Täter anonym blieben. „Das ist ewas, das Menschen sehr trifft und sehr misstrauisch macht.“

Dass ein online verbreitetes Gerücht – wie im sogenannten Facebook-Mord in den Niederlanden – Anlass für ein Tötungsdelikt ist, sei eine extreme Ausnahme. „Auch die extremen Folgen von Cybermobbing - dass also ein Schüler mit dem Gedanken spielt, sich das Leben zu nehmen – sind zum Glück noch Einzelfälle“, erläuterte der Psychologe. „Die weitreichenderen Folgen für viele Schüler sind eher, dass sich dort Ängstlichkeit, Angst in die Schule zu gehen, Hilflosigkeit entwickelt – was schon schlimm genug ist.“

+++Hamburger Jugendliche häufigste Cybermobbing-Opfer+++

Auf dem Schulhof könne ein Mobbing-Opfer dem Täter auch aus dem Weg gehen. „Im Internet ist es so, dass ich jederzeit rund um die Uhr und auch weltweit Opfer von Mobbing werden kann.“

Außerdem falle es Tätern im Netz leichter, Gleichgesinnte zu finden. Als Beispiele nannte Scheithauer „hate groups“ (Hassgruppen) im sozialen Netzwerk Facebook – virtuelle Gruppen, in denen sich Nutzer zusammenschließen, um jemanden anzuprangern.

Wie oft Jugendliche im Internet gemobbt werden, sei schwer zu beziffern, da die Cybermobbing-Forschung noch relativ jung sei. „Wir selber kommen immer wieder in Studien auf 10 bis 15 Prozent der Schüler, denen so etwas schon häufiger passiert ist“, berichtete Scheithauer. Sein Institut haben im Forschungsprojekt „Medienhelden“ ein Präventionsprogramm für Cybermobbing entwickelt. „Sie müssen stärker Medienkompetenzen vermitteln. Wenn ich mein Facebook-Profil anlege, kann ich ja darauf achten, dass ich alles richtig mache, um das Risiko zu minimieren.“ (dpa)