Unser Autor besuchte die Gamescom 2012. Nachdem er bei Sportspielen punktete, bei Strategiespielen scheiterte und erkannte, dass auch der schönste Beruf der Welt eine Menge Arbeit ist, zieht er Bilanz.

Köln. Die Gamescom. Nicht nur Pilgerort für jeden Spielbegeisterten in Deutschland und Umgebung, fast auch schon ein bisschen geheiligter Boden. Und auf diesen schon Zutritt am Tag vor der offiziellen Eröffnung zu erhalten, das ist eine ganz besonders schöne Sache. Denn sobald die Gamesom für die vielen Tausend Besucher ihre Pforten öffnet, kann man nicht mehr damit rechnen noch viel zu spielen. Und darum geht es doch, oder?

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Früh angekommen bei der soll erst mal ein Plan ausgearbeitet werden wie man schnellstmöglich alle interessanten Stände besuchen kann. Aber Planung ist ja dann irgendwie doch langweilig und so begibt man sich mehr oder weniger ziellos in die nächstbeste Halle.

Die erste Enttäuschung folgte sogleich mit dem Stand von Guild Wars 2. Der bald erscheinende und mehr als ernsthafte Konkurrent zu World of Warcraft ließ sich nicht anspielen, stattdessen wurde nur Spielmaterial auf ein paar Bildschirmen gezeigt. Sowieso wollten nur Präsentationen besucht werden, die unter Embargo stehen. Für alles andere gibt es schließlich auch Youtube. Also zog man weiter.

Und natürlich vergeht auch keine Spielemesse ohne freundschaftliche Duelle. Der hier Schreibende konnte nicht nur ein live ins Internet übertragene Match in Pro Evolution Soccer deutlich mit 5:1 für sich entscheiden, sondern auch in FIFA eine nette Siegesserie aufbauen. Aber zusammen gespielt wurde natürlich auch. Am Stand von Sony probierte man sich kurz vorher in einem Duell God of War:Ascencion. Und das gegnerische Team bekam die Erfahrung des Redakteur-Teams schon nach kurzer Zeit unangenehm zu spüren.

Es macht wirklich unheimlich viel Spaß zu wissen, dass man gerade nicht nur einen Computergegner sondern erstmals auch einen menschlichen Spieler krachend gegen die Wand schleudert und mit gewaltigen Schlägen durch die Antike prügelt. Für Belustigung sorgte unter anderem auch der Dark Souls-Stand stand. In einem kleinen abgedunkelten Raum standen dort vier Bildschirme an denen einsame Charaktere darauf warteten, übernommen zu werden. Viele Besucher kannten das Motto des Spiels „Prepare to Die“ anscheinend noch nicht. Immer mal wieder probierte sich ein Neuankömmling, starb nach wenigen Sekunden, gab ein kurzes „Das macht ja Spaß“ von sich und war verschwunden, bevor sein Charakter wieder auf dem Bildschirm zurückkehrte.

Während auch das ein oder andere Kostüm der Besucher zum unfreiwilligen Schmunzeln anregte, überzeugte so mancher professionelle Auftritt. Zum Beispiel der lebende Hitman, mit dem man sich wirklich nicht anlegen möchte. Stilecht mit Glatze, Anzug und Krawatte markierte er mit seinen Pistolen zielgenau jeden Fotographen, der es wagte in seine Nähe zu kommen. Eiskalter Gesichtsausdruck inklusive.

Als man sich etwas vom Messetrubel erholen wollte, schien die Halle 10 gerade recht. Keine großen Entwickler, dafür konnte man dort auf viele Studiengänge und Hardwarehersteller treffen. Und sogar sportliche Aktivitäten konnten hier ausgeübt, aber das laufen schien fürs Erste genug zu sein. Die beiden Teams, die sich in einer kleinen Arena mit Laserpistolen Schussgefechte lieferten, demonstrierten mal wieder die Diskrepanz zwischen Spielen und realem Leben. In Call of Duty wäre mindestens einer von ihnen blind aus der Deckung gerannt, in der Realität verkriechen sich beide Teams in ihrer Ecke.

Nach dem das Zuschauen dort nicht wirklich viel Spaß macht, findet man eine Retro-Ecke mit zahlreichen alten Konsolen. Unter anderem das erste Netzwerkspiel MIDI Maze, in dem man mit schießenden Smileys in einem Labyrinth Jagd auf einander macht. Schnell wird klar, dass die kleinen Jungen vor den anderen Bildschirmen mehr bei der Sache sind und einen ziemlich alt aussehen lassen.

Während man sich leicht frustriert umschaut, fällt ein Stand ganz in der Nähe ins Auge. Pandora, ein kleiner Handheld, der mit der Szene des offenen Betriebssystems Linux zusammenhängt, wird dort präsentiert. Schnell findet sich einer der Entwickler, der erklärt, dass viele der aufgebauten Retro-Konsolen ihm gehören. Deshalb fehlt eben auch der ein oder andere Controller. Hinter dem Handheld Pandora steht auch keine große Firma, sondern nur Hobby-Entwickler. Begeistert vergisst man nach dem Preis für das Gerät zu fragen, bevor man weitergeht. Aber dafür hat man sich ja die Broschüre mitgenommen. Die Antwort sorgt für Ernüchterung, aber das nennt man dann wohl den Preis der Unabhängigkeit.

Der Preis für das beste Versteckspiel hingegen geht dieses Jahr wohl an THQ. Nicht prominent auf der Messe vertreten, konnte man den Publisher nur über einen unscheinbaren Aufzug erreichen. Dort wartete aber mit einer presseexklusiven Demo von Company of Heroes 2 auch sofort etwas sehr versöhnliches. Es zeigte sich dabei, dass die Fähigkeiten des testenden Redakteurs in Strategiespielen ausbaufähig sind, aber immerhin versteht er, was die Entwickler bezwecken wollen.

Und bei dieser Gelegenheit traf man auch noch zwei Mitarbeiter einer beliebten Spielesendung aus Hamburg und lernte, dass die Messe für einige Leute auch in erster Linie echten Stress darstellt. Kurz vor Verlassen des ersten Tages der Messe stellte man dann noch fest, dass sich ja noch ein VIP-Ticket des Geheimtipps Dishonored im Besitz befindet. Als Trost der netten Damen vom Bethesda-Stand, dafür dass das ausgiebig gesuchte Oculus Rift, ein neues Virtual Reality Headset, auf der Messe nicht zu finden war. Einziger Trost: Da es noch keine einstellbaren Sehhilfen gibt, hätte man ja sowieso nichts gesehen. Schnell also noch durch die Mengen gedrängt und zurück zum Dishonored-Stand.

Wem man die Karte wohl fairerweise überreichen soll? Oder einfach mal vor die wartende Menge werfen und schauen, was passiert. Die Entscheidung fällt spontan, denn am Ende der Reihe tummeln sich zwei relativ sympathische aussehende Schweizer, die wie zwei typische Spielekumpels wirken. Als die beiden das Ticket überreicht bekommen, mustern sie den unbekannten Schenker erst einmal mehr als ungläubig, stellen dann aber fest, dass er wohl die Wahrheit sagen könnte, bedanken sich ausgiebig und werden prompt beim VIP-Eingang eingelassen. An irgendwen mussten die Karten eben gehen. Ein schöner Abschluss der Messe.

Zur Person: Philipp Haderdauer, 20, studiert an der Universität Bayreuth "Medienwissenschaft und Medienpraxis". Für Abendblatt Online berichtete er von der Gamescom 2012. Er schreibt über Sport- und Medienthemen und ist Chefredakteur des Medienblogs Dispositiv .