Das iPad soll der Computer von morgen sein und Desktop-PCs ablösen. Doch die schnelle LTE-Anbindung kann es in Deutschland nicht nutzen.

Berlin/San Francisco. Langfristig soll das iPad die klassischen Computer ablösen und Apple seine Vormachtsstellung sichern. In Deutschland wird diese Idee aber kurzfristig von technischen Problemen ausgebremst. Das neue iPad von Apple wird hierzulande nicht die schnellen LTE-Datennetze nutzen können.

Das Problem ist, dass LTE in Europa und den USA in unterschiedlichen Frequenzbereichen läuft. Apple bestätigte am Donnerstag, dass in Deutschland die US-Variante verkauft wird. Die unterstützten Frequenzen hängen vom eingebauten Chip ab und können deshalb nicht per Software-Update verändert werden, wie Sprecher der Mobilfunk-Anbieter Deutsche Telekom und Vodafone bestätigten.

In Nordamerika sind die LTE-Frequenzen 700 und 2100 Megahertz im Einsatz. In Deutschland laufen die LTE-Übertragungen hingegen mit 800, 1800 und 2600 Megahertz. Damit wird der Geschwindigkeitsvorteil im Vergleich zum iPad 2 in Deutschland geringer ausfallen als in den USA. Mit dem Doppelkanal-HSPA+ komme das neue iPad aber immer noch auf bis zu 42 Megabit pro Sekunde, betont Apple. In den USA sollen es mit LTE mehr als 70 Megabit pro Sekunde sein.

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Das neue iPad ist mehr als die Weiterentwicklung eines erfolgreichen Produkts. Mit der dritten Generation seines Tablets untermauert Apple den Anspruch auf die Führung in der Computerwelt von morgen. Kurz nach dem iPad-Start vor zwei Jahren brachte Apple-Gründer Steve Jobs die Vision der „Post-PC-Welt“ in Umlauf. Die Kernidee: Die Zeit, in der sich alles um den klassischen Personal Computer drehte, ist vorbei. Andere Geräte wie Smartphones und Tablets lassen seine Bedeutung schwinden. Jetzt ist klar, was der neue Mittelpunkt des Apple-Universums ist: Das iPad.

Das deutlichste Zeichen dafür sind nicht einmal die technischen Verbesserungen der am Mittwoch vorgestellten dritten iPad-Generation wie die drastisch höhere Bildschirm-Auflösung, der schnelle LTE-Datenfunk oder 5-Megapixel-Kamera. Apple bringt mit dem neuen iPad erstmals seine Bildverwaltungssoftware iPhoto auch auf das Tablet. Mit ihr kann man Fotos bis zu einer Auflösung von 19 Megapixeln bearbeiten. Das reicht auch für anspruchsvolle Fotografen.

Die Botschaft ist klar: Man kommt damit auch gut ohne Notebook oder großen Desktop-Rechner aus. Passend dazu veröffentlichte der Marktforscher Gartner am Donnerstag eine erneut schwache Prognose für den PC-Markt mit einem erwarteten Absatzplus von 4,4 Prozent auf 368 Millionen Computer 2012. Zudem demonstrierte Apple ausführlich, wie gut iPad-Spiele auf dem Wohnzimmer-Fernseher aussehen – eine Kampfansage auch an die Spielekonsolen-Hersteller.

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„Es ist eine Welt, in der die Geräte, die Sie am meisten nutzen, persönlicher und mobiler sein müssen als der PC es jemals war“, strickte der heutige Apple-Chef Tim Cook an Jobs’ Definition der „Post-PC-Ära“ weiter. Seit Mittwoch steht auch das zweite Schlüssel-Element von Apples Strategie stärker im Mittelpunkt: iCloud, der Online-Speicherdienst, der zur zentralen Drehscheibe für Nutzerdaten werden soll. Ein Beispiel: Die neue Version der Wohnzimmer-Box Apple TV kann jetzt auch Filme in voller HD-Auflösung zeigen. Sie werden direkt aus der iCloud abgespielt.

Dieses Zusammenspiel von mobilem Leben und Online-Speicher funktioniert natürlich nur, wenn es eine schnelle und leistungsstarke Daten-Verbindung gibt. Hier kommt der LTE-Datenturbo ins Spiel, der deutlich schneller ist als die heutigen UMTS-Netze. Apple verspricht, auch das größte LTE-Problem in den Griff bekommen zu haben, den notorisch hohen Stromverbrauch. Allerdings werden deutsche Käufer nicht in den Genuss der LTE-Tempos kommen: In den USA werden andere Frequenzen genutzt als hierzulande. Die Funktion kann auch nicht später nachgerüstet werden, weil die Frequenzen von dem eingebauten Chip abhängen.

Zur Überraschung vieler, die mit einem „iPad 3“ gerechnet haben, brach Apple aus der fortlaufenden Nummerierung aus und spricht bei der dritten Generation nur schlicht vom „neuen iPad“. „Wir mögen es nicht, vorhersehbar zu sein“, erklärte Marketingchef Phil Schiller die Entscheidung dem amerikanischen IT-Journalisten Miguel Helft. Die Namenswahl sieht aber auch nach einer strategischen Entscheidung aus: Es geht nicht mehr um Nummern, Generationen oder technische Feinheiten – sondern um das iPad als Geräteklasse, als Nutzungsszenario, letztlich als Lebensstil, wenn man die Apple-Vision zu Ende denkt.

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Auch Gartner-Analystin Annette Zimmermann betont: „Für viele Nutzer kommt es nicht so sehr auf das Gerät an, sie entscheiden sich für ein Ökosystem“ – also für den Zugang zu Musik, Filmen, Lesestoff und Apps, aber auch für die Vernetzung der Geräte untereinander und mit Cloud-Diensten. „Der PC wird nicht verschwinden, aber das Zusammenspiel aller Geräte gewinnt an Bedeutung. Es geht um die Integration.“

Hinweise auf weitere Neuheiten, über die zuletzt viel spekuliert wurde – wie etwa einen Apple-Fernseher oder ein „Mini-iPad“ mit kleinerem Bildschirm – gab es am Mittwoch nicht. Zugleich versprach Cook zum Abschluss, Apple habe noch einiges in Arbeit: „Wir fangen gerade erst an.“

Mit Material von dpa