Auch die Bundesregierung ist permanentes Ziel von Attacken aus dem Internet. Westliche Staaten und Unternehmen zunehmend in Sorge.

Berlin. Ingenieure zerbrechen sich seit Jahrhunderten die Köpfe über militärische Angriffe aus dem Verborgenen. Von großer Bedeutung war beispielsweise die Erfindung der Artillerie, mit der man über Hügel hinweg schießen kann, ohne dabei gesehen zu werden. Bis heute schreitet hier die technische Entwicklung voran. Doch die Staatenwelt fürchtet seit einiger Zeit noch einen ganz anderen hochgerüsteten Gegner, der beinahe unsichtbar ist und so gut wie keine Spuren hinterlässt: der Trojaner aus dem Cyberspace.

Es ist ein Wettlauf mit der Zeit: Die Angriffe mit Schadsoftware aus dem Internet werden immer zahlreicher und hinterhältiger. Mancher Trojaner ist etwa so programmiert, dass er seine Wirkung erst Monate nach seiner Einsetzung auf einem Computer entfaltet. Das macht ihn noch gefährlicher, als er ohnehin schon ist. Ziel der Trojaner, die von kriminellen Spezialisten im Verborgenen programmiert werden, ist in der Regel Sabotage oder Spionage. Wer die Auftraggeber sind, lässt sich zumeist nur vermuten – die Täter nutzen weltweite Netze und verheimlichen auf diese Weise ihre Identität.

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Allein die Bundesregierung wird drei bis fünf Mal pro Tag aus dem Netz attackiert. Bei den deutschen Unternehmen ist die Zahl deutlich höher – viele Chefetagen sprechen jedoch ungern öffentlich über Angriffe und Sicherheitslücken, weil sie um den guten Ruf der Firma fürchten. Mit Trojanern kann man beispielsweise Produktionsanlagen stören oder ausspionieren. In jedem Fall ist es möglich, mit einem Cyber-Angriff große wirtschaftliche Schäden anzurichten.

Innenminister Hans-Peter Friedrich warnt vor einer stetig steigenden Bedrohungslage. Zwar seien die Netze von Ministerien und Behörden des Bundes momentan gut gegen Angriffe gerüstet. „Es bedarf aber auch in Zukunft großer Anstrengungen, um Angriffe aus dem Internet auf Behörden kritische Infrastruktur und Unternehmen erfolgreich abzuwehren“, bekräftigt der CSU-Politiker. Er fordert gar, die Staaten sollten in dieser Frage weltweit zusammenarbeiten.

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Deutschen Experten zufolge haben es die Feinde aus dem Netz vor allem auf Bereiche abgesehen, die sich mit Wirtschaft, Forschung und Innovation befassen. Die Aggressoren und Spione interessieren sich für Geldflüsse, politische Strategien und technisches Know-how. Große Sorge bereitet den westlichen Regierungen die Sicherung der kritischen Infrastruktur: Energienetze, Bank- und Geldsysteme, Telekommunikation etc. Seit Jahren rüsten die Regierungen ihre staatlichen Abwehrzentren gegen Cyber-Angriffe auf. Die EU erwägt inzwischen die Gründung eines Kompetenzzentrums, und auch die NATO zeigt sich ungemein besorgt über die steigende Zahl der Trojaner-Angriffe auf die Bündnispartner.

Erst vor Kurzem wurde die Internetseite des Bundesjustizministeriums gehackt und lahmgelegt. Anlass dieser gezielten Attacke war die Verurteilung eines Software-Programmierers durch ein Landgericht wegen massiver Verstöße gegen das Urheberrecht. Ein solcher „Racheakt“ ist vergleichsweise harmlos - in Deutschlands „Nachbarschaft“ gab es schon gravierendere Fälle: 2007 gelang es Hackern, zahlreiche Regierungs- und Verwaltungsstellen in Estland sowie die größte Bank des Landes vom Netz abzuschneiden. Von dem Angriff betroffen waren auch Krankenhäuser, Notrufzentralen und die Energieversorgung.

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In Frankreich attackierten Feinde aus dem Netz im Dezember 2010 das Finanzministerium. Ein Großteil des Datenverkehrs wurde zeitweise auf chinesische Internetseiten umgeleitet. Ein spektakulärer Fall. Die Täter blieben jedoch unerkannt. Patrick Pailloux, Generaldirektor der zuständigen französischen IT-Sicherheitsbehörde, sprach von „entschlossenen und organisierten Profis“.

Mit Material von dapd