Hamburg. Als Lebensmittel ist es äußerst vielseitig und allgegenwärtig, aber auch seine Symbolkraft sollte man nicht unterschätzen.

Das Ei ist ein beeindruckender Einfall der Schöpfung: vollkommen in der Form, fertig verpackt und universell im Inhalt. Mehr als nur klar und gelb ist das Ei allgegenwärtig in Backwaren und Nudeln, in Saucen, in den verschiedensten Formen auf dem Speiseplan und in unserer jüngeren Kulturgeschichte. Für Helga Beimer ist ein Spiegelei in der ARD-Serie „Lindenstraße“ ein Seelentröster, Loriot hat in seinem Sketch „Das Frühstücksei“ den grandiosen Beweis erbracht, dass Männer und Frauen oft aneinander vorbeireden, und in Zeiten ohne Snackpoints und To-go-Verpflegung gehörten hart gekochte Eier zum unerlässlichen Reiseproviant. Und auch der Osterhase wäre ohne die ovalen Dinger ein Nichts.

Im Christentum wurde das Ei zum Symbol für die Auferstehung Jesu Christi. Zur Erinnerung an seine Leiden und daran, dass er sein Blut für die Erlösung der Menschheit vergossen hat, wurden Eier rot gefärbt.

Dass Eier zum Ostergeschenk wurden, hat sicher auch praktische Gründe. Seit dem Mittelalter verbot die Kirche in der vorösterlichen Fastenzeit den Verzehr von Fleisch und Eierspeisen. Die Folge war, dass sich vor Ostern viele Eier ansammelten, zumal der Vorfrühling eine gute Legezeit der Hühner ist. Damit der Überschuss nicht verdarb, wurden die Eier abgekocht und haltbar gemacht. Den um Ostern fällig gewordenen Pachtzins entrichteten die Bauern üblicherweise mit den angesammelten Eiern. Die restlichen wurden verziert, zur Weihe in die Kirche mitgenommen und anschließend verschenkt.

Der Osterhase wurde im deutschen Raum erstmals 1678 genannt. Der Hase ist das erste wild lebende Tier, das im zeitigen Frühjahr seine Jungen bekommt. So wurde er wahrscheinlich zum Symbol der neuen Winternacht und damit zum Auferstehungssymbol. Und Meister Lampe verdrängte mit der Zeit die je nach Gegend unterschiedlichen Eier­überbringer Hahn, Kuckuck, Fuchs oder Storch. 217 Eier verzehrt der Deutsche durchschnittlich pro Jahr. Ein mittleres Ei der Größe M wiegt mindestens 53 Gramm und hat rund 80 Kilokalorien. Es besteht zu 73 Prozent aus Wasser, zu zehn Prozent aus Fett, zu zwölf Prozent aus Eiweiß, den Rest machen Vitamine und Mineralien aus. Hühner, die frische Pflanzen, Samen, Schnecken und Insekten fressen, legen nährstoffreichere Eier. Ob die Schale weiß oder braun ist, hängt von der Hühnerrasse ab. Neuesten Studien zufolge schadet auch das in Eiern enthaltene Cholesterin gesunden Menschen nicht.

Der Klassiker auf dem Frühstückstisch ist das gekochte Hühnerei. Ob das Eigelb flüssig, wachsweich oder hart sein sollte, ist Geschmackssache. Das Anpiksen an der stumpfen Seite, wo die Luftblase sitzt, soll ein Platzen der Eier verhindern, wenn sie ins kochende Wasser gelangen. Und sie sollten auch nicht direkt aus dem Kühlschrank kommen.

Hart gekochte Eier können auch in Salat verarbeitet oder gefüllt werden. Dazu die Eier längs halbieren, das Gelbe vorsichtig auslösen und nach Geschmack mit Senf, Mayonnaise, Crème fraîche, Tomatenmark, Kräutern und Gewürzen verrühren. Die Masse in einen Spritzbeutel füllen und dekorativ in die Eiweißhälften verteilen. Sehr retro, sehr lecker!

Pochierte Eier sind schon schwieriger. Dafür wird ein Ei in einer Schöpfkelle aufgeschlagen, dann lässt man es langsam in siedendes Wasser gleiten. Ein Schuss Essig im Wasser sorgt dafür, dass das Eiweiß besser gerinnt und sich schützend um das Dotter legt, welches nach drei bis vier Minuten innen noch flüssig sein sollte. Als „egg benedict“ gehört so ein Ei auf Röstbrot mit Bacon oder gekochtem Schinken und Sauce Hollandaise zu einem amerikanischen Frühstück.

Spiegeleier werden meist „sunny side up“, also mit dem Eigelb nach oben, gegessen. Das Dotter noch flüssig, das Eiweiß gestockt, der Rand knusprig – so ist es für viele perfekt. Für „over easy“ oder „over medium“ wird das Spiegelei gewendet, damit auch das Gelbe anbrät oder stockt und nicht mehr glibberig ist. Spiegeleier schmecken zu Leberkäse, Spinat, Labskaus oder Bratkartoffeln, werden mit Schinken auf Brot zum „Strammen Max“ oder machen ein Schnitzel zur Variante „Holstein“.

Für Rührei werden Eier aufgeschlagen und verquirlt, gern auch mit einem Schuss Milch, Sahne oder Mineralwasser, gewürzt und in einer Pfanne bewegt, bis die Masse stockt. Meisterkoch Escoffier rührte die Eier in der Pfanne mit einem Messer, auf dessen Spitze eine geschälte Knoblauchzehe steckte. Très bon.

Rührei muss locker, weich und großflockig sein. Gute Hotels erkennt man übrigens daran, dass zum Frühstück individuelle Eierspeisen aus frischen Eiern zubereitet werden. Dort kommt die gelbe Masse nicht aus dem Tetrapack oder wird aus Pulver und Wasser angerührt. Wenn etwa Rührei so zubereitet wird, ist es blass, wässrig und schmeckt wie Bauschaum.

Und dann gibt es noch Omeletts und Pfannkuchen, Crêpes, Palatschinken und Kaiserschmarrn, Salzburger Nockerln und Soufflés, Eierlikör und Zabaione, Eierstich als Suppeneinlage und Eierbutter als Brotaufstrich, Soleier und rohes Ei mit Tabasco gegen einen Kater, Dotter im Tatar und Eier in Senfsauce, Eischnee für Baisers und Kokosmakronen, und, und, und. Applaus für den Küchenstar aus dem Hühnerstall!